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Eine Stimme für die Spitzenforschung

Der Romanist Daniel Jacob spricht über die anstehende Fachkollegienwahl der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Freiburg, 04.11.2019

Bis Montag, den 18. November 2019 um 14 Uhr, können knapp 150.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Deutschland online ihre Vertreterinnen und Vertreter für die Fachkollegien der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wählen. Diese spielen eine zentrale Rolle bei der wissenschaftlichen Selbstorganisation und bei der Beurteilung von Förderanträgen. Der Freiburger Romanist Prof. Dr. Daniel Jacob war acht Jahre im Fachkollegium Sprachwissenschaft aktiv – nach zwei Amtsperioden darf er laut Satzung kein weiteres Mal kandidieren. Im Gespräch mit Patrick Siegert berichtet Jacob über seine Erfahrungen und warum es für Forschende so wichtig ist, bei der anstehenden Wahl eine Stimme abzugeben.


Knapp 150.000 Wissenschaftler in Deutschland können online ihre Vertreter für die Fachkollegien der Deutschen Forschungsgemeinschaft wählen.
Foto: Autthaseth/stock.adobe.com

Herr Jacob, warum haben Sie sich bei der DFG engagiert?

Daniel Jacob: Unter den Ämtern, die man als Akademikerin oder Akademiker übernehmen kann, ist die Mitgliedschaft in einem Fachkollegium der DFG schon etwas Besonderes: Mit Sachverstand und dem richtigen Ethos kann man da viel Gutes tun und auch Schlechtes verhindern. In unseren Fachbereichen kennt man sich, daher müssen wir glaubhaft vermitteln, dass wir objektive Entscheidungen treffen und nicht die eigene Teildisziplin, Denkrichtung oder Schule durchzusetzen versuchen. Ich habe mich im Fachkollegium engagiert, um zu zeigen: Als Wissenschaftler muss man von seiner Position abstrahieren und auch Themen und Verfahrensweisen achten können, die einem ferner stehen. Da die Mitgliedschaft per Satzung auf zwei Amtsperioden begrenzt ist, endet mein Engagement im Fachkollegium im Februar 2020.

Wie können wir uns die Arbeit im Fachkollegium vorstellen?

Das Fachkollegium Sprachwissenschaft ist in mehrere Untergruppen aufgeteilt. Ich hatte für den Bereich Einzelsprachwissenschaften kandidiert, allerdings sind alle Kollegiaten bei allen Themen gleich mitspracheberechtigt. Das gesamte Gremium findet sich dreimal im Jahr in der Geschäftsstelle der DFG in Bonn ein, um jeweils etwa 60 Anträge auf Projektförderung zu prüfen. Die Anträge gehen üblicherweise bei der Geschäftsstelle ein, die sie zunächst externen Expertinnen und Experten zur Begutachtung vorlegt. Das Fachkollegium prüft gleichermaßen die Qualität der Gutachten wie die Qualität des Antrags; wenn all das überzeugend ist, sprechen wir eine Förderungsempfehlung aus. Ablehnende Gutachten werden im Lichte des Antrags auf den Prüfstand gestellt. Gegebenenfalls trifft das Kollegium auch eine abweichende Empfehlung. Die endgültige Entscheidung liegt aber beim Hauptausschuss der DFG. In meiner Zeit kam es allerdings nie vor, dass dieser eine Empfehlung des Fachkollegiums missachtete.


Daniel Jacob war acht Jahre im Fachkollegium Sprachwissenschaft aktiv.
Foto: Sandra Meyndt

Wie läuft eine Kandidatur ab?

Der Deutsche Romanistenverband hat mich damals nominiert. In der ersten Amtsperiode war ich der einzige Freiburger Wissenschaftler im Fachkollegium Sprachwissenschaft, später kam Prof. Dr. Christian Mair vom Englischen Seminar hinzu. Die Universität Freiburg ist in vielen Fachkollegien der DFG vertreten. Das Aufstellungsverfahren für Kandidatinnen und Kandidaten wurde mehrmals geändert: Früher traf die DFG eine relativ eigenständige Auswahl aus den Vorschlägen der Hochschulen, Fachverbände und anderen Vorschlagsberechtigten; nach viel Kritik daran ist jetzt die Zahl der Nominierungen ein formales Kriterium. Bei der letzten Wahl hatten nicht alle nominierungsberechtigten Institutionen diesen Mechanismus begriffen, was zum Teil zu chaotischen Zuständen führte. Inzwischen hat man sich besser auf dieses Verfahren eingestellt. Dennoch ist es weiterhin in der Diskussion.

Warum ist die Wahl so wichtig?

Der Logik von Drittmitteln stehe ich ja eher kritisch gegenüber: Wettbewerbsdenken ist grundsätzlich nichts Schlechtes, es birgt aber die Gefahr, dass das Alltagsgeschäft in Lehre und Forschung in den Hintergrund gerät. Andererseits muss Wissenschaft finanziert werden. Die DFG leistet eine hochqualitative Arbeit und findet mit integren und objektiven Verfahren heraus, wer in der Community Spitzenforschung betreibt. Die finanziellen Mittel fließen allerdings nicht gleichmäßig in alle Bereiche. Die großen Philologien werden zum Beispiel verhältnismäßig seltener gefördert als kleinere Bereiche wie die Psycho- oder Computerlinguistik. Dies liegt aber an der Zahl der eingereichten Anträge: offensichtlich haben die Vertreter dieser Sparten mehr Zeit für Anträge als in den Fächern mit vielen Studierenden. Die Fachkollegien bilden damit die Vielfalt eingegangener Anträge und der gesamten Forschungscommunity ab, was es zu erhalten gilt.

 

Fachkollegienwahl 2019

Die DFG-Fachkollegienwahl für die Amtsperiode 2020-2023 findet vom 21. Oktober 2019 bis zum 18. November 2019 statt. Die Stimmabgabe erfolgt online. Wahlberechtigt sind alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die einer Wahlstelle angehören – etwa der Universität Freiburg – die mündliche Promotionsprüfung abgeschlossen haben und aktuell an der Wahlstelle in der Forschung arbeiten. An der Universität Freiburg sind derzeit rund 4100 Personen wahlberechtigt.

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