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Auf dem Weg zur klimaneutralen Universität

Die umfassenden Daten des neuen Umweltberichts zeigen in die richtige Richtung

Freiburg, 22.06.2021

Der neue Umweltbericht der Universität Freiburg ist erschienen. Er berücksichtigt die Treibhausgasemissionen infolge des Energieverbrauchs sowie die Emissionen durch Abfall, Wasser, den Fuhrpark, Dienstreisen und durch die Beschaffung von Papier über Laborbedarf bis zur kompletten Computerhardware. Die Treibhausgasbilanz, die als Forschungsarbeit in der Arbeitsgruppe für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement entstand, lieferte dazu wichtige Daten.

Die 750 Photovoltaikmodule auf dem Dach der Universitätsbibliothek (UB) Freiburg produzierten 2019 mehr als 200.000 Kilowattstunden Eigenstrom und deckten damit etwa zehn Prozent des Stromverbrauchs der UB ab. Foto: Baschi Bender

Der Sommer 2019 war ein Jahrhundertsommer: brütend, lang und trocken. Immer wieder drang an heißen Tagen das vergnügte Geschrei der Kinder über den Platz der Alten Synagoge, wenn aus dem Boden die kühlen Fontänen sprudelten. An vielen Freitagen füllte sich die Freifläche vor dem Kollegiengebäude II schon morgens mit Demonstrierenden der Bewegung „Fridays For Future“. Man konnte ihre Reden bis auf das Dach der gegenüber liegenden Universitätsbibliothek (UB) hören, wo die Sonne über den Modulen der 2015 installierten Photovoltaikanlage brannte. 750 Stück auf 2.000 Quadratmetern, eine Fläche so groß wie drei Tennisfelder. 2019 produzierten die Photovoltaikmodule mehr als 200.000 Kilowattstunden Eigenstrom und deckten damit etwa zehn Prozent des Stromverbrauchs der UB ab.

Diese Zahlen gehen aus dem aktuellen Umweltbericht 2019/20 der Universität Freiburg hervor, der kürzlich erschienen ist. Nachdem die Universität im Frühjahr 2020 ihre Umweltleitlinien und Anlagerichtlinien aktualisiert und damit ihre Selbstverpflichtungen für einen nachhaltigen Betrieb und für mehr Klimaschutz deutlich erweitert hatte, gibt die aktuelle Auswertung ihrer zwischen 2017 bis 2019 erhobenen Umweltdaten einen detaillierten Überblick über Höhe und Zusammensetzung der CO2-Emissionen der Universität Freiburg. Anders als im ersten Umweltbericht 2018/19 wurden dabei nicht nur die Treibhausgasemissionen infolge des Energieverbrauchs berücksichtigt, sondern auch sämtliche Emissionen durch Abfall, Wasser, den Fuhrpark, Dienstreisen und durch die Beschaffung von Papier über Laborbedarf bis zur kompletten Computerhardware.

Die Klimabilanz auf null fahren

Wesentliche Daten lieferte dazu eine umfangreiche Studie zur Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg 2017, die Dr. Stefan Pauliuk, Juniorprofessor für nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, gemeinsam mit drei Masterstudierenden erstellt hat. Die Veröffentlichung beider Publikationen kommt passend. Die Ausformulierung des Klimaschutzkonzeptes, in dem die Universität Freiburg klare Ziele benennt und effektive Maßnahmen zur Reduzierung ihrer CO2-Bilanz vorstellt, steckt in den letzten Zügen. Der Tenor ist klar: „In Übereinstimmung mit der Zielsetzung der Klimastrategie des Landes Baden-Württemberg streben wir bis 2040 eine weitgehende Klimaneutralität an“, sagt Lora Gyuzeleva, Nachhaltigkeitsmanagerin in der Stabsstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit der Universität Freiburg. Gyuzeleva erstellt zudem gerade den ersten Nachhaltigkeitsbericht der Universität, in dem 2022 auch das Klimaschutzkonzept vorgestellt werden soll.

19 Jahre seien nicht gerade viel Zeit, um die Klimabilanz der Universität auf null zu fahren, betont Kanzler Dr. Matthias Schenek im Vorwort zum aktuellen Umweltbericht. „Aber die Universität hat sich dazu verpflichtet, nicht nur in Forschung und Lehre Vorbild zu sein, sondern als verantwortungsvolle Institution auch in ihrem Betrieb zu mehr praktischem Klimaschutz beizutragen.“ Und dazu gehöre die kontinuierliche Verbesserung der eigenen Umweltbilanz.

So gesehen kann Dr. Jürgen Steck, Leiter der Stabsstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit, mit den aktuellen Zahlen durchaus zufrieden sein, auch wenn einige Studierendengruppen die Klimaneutralität bereits bis 2030 fordern. Steck freut sich über das Engagement der Studierenden. Doch da die Universität nicht Eigentümerin, sondern nur Mieterin aller Gebäude ist – diese gehören dem Land –, sei die Klimastrategie Baden-Württembergs bindend. Trotzdem ist er sich sicher: „Der Umweltbericht wird den Menschen an der Universität die Augen öffnen und sie für die Dringlichkeit der Verbesserung unserer Klimabilanz sensibilisieren“, sagt er. „Wichtig ist: Wir müssen alle Leute mitnehmen. Wir müssen mit ihnen reden, offen sein für Fragen, sie begleiten. Nur so funktioniert’s.“

Ab in die Papierpresse: Der Anteil von recyceltem Papier beträgt an der Universität Freiburg 90 Prozent. Foto: Patrick Seeger

Im Spitzenfeld im internationalen Vergleich

Die Zahlen weisen in die richtige Richtung: Die Gesamtemissionen der Universität Freiburg beliefen sich 2019 auf 37.376 Tonnen CO2 – wenn man den Kauf von zertifiziertem Ökostrom zu Grunde legt. Umgerechnet auf jedes Mitglied – ob studierend oder angestellt – ergibt das 1,2 Tonnen im Jahr, rund die Hälfte des CO2-Pro-Kopf-Budgets, das zur Erreichung der Zielsetzung des Pariser Abkommens zur Zwei-Grad-Erwärmung zulässig wäre. Diese Menge steigt um gut ein Drittel auf 1,7 Tonnen pro Kopf (53.567 Tonnen insgesamt), wenn man mit dem tatsächlich verbrauchten bundesdeutschen Strommix rechnet. Geht man vom Szenario mit Ökostrom aus, trug die Beschaffung mit 14.486 Tonnen beziehungsweise 39 Prozent den größten Teil zur CO2-Bilanz bei, gefolgt von der Heizungs- und Kühlungsenergie. Deren Anteil nahm aufgrund technischer Probleme und Bauarbeiten an den Grundwasseranlagen 2019 ausnahmsweise deutlich zu, nämlich auf 13.584 Tonnen beziehungsweise 37 Prozent.

Im störungsfreien Betrieb sparen diese Anlagen, die Grundwasser zur Kühlung nutzen, ansonsten erhebliche Mengen fossiler Energien ein. Rückläufig war 2019 hingegen erneut der Trinkwasserverbrauch infolge des nahezu abgeschlossenen Umbaus aller universitären Gebäude von Trinkwasserkühlung auf Kühlkreisläufe. Der Wärmeverbrauch der Universität Freiburg lag mit 40 Prozent unter dem Durchschnitt der Universitätsbauten in Baden-Württemberg. Der Papierverbrauch sank weiter (um 20 Prozent), während die Recyclingquote auf 90 Prozent stieg, wodurch weitere 2 Millionen Liter Wasser eingespart werden konnten.

Ausführlich beleuchtet der Umweltbericht zudem die Emissionen, die 2019 durch Abfallentsorgung anfielen. So produzierte die Universität 1.107 Tonnen Abfall, davon knapp die Hälfte gewerbliche Abfälle, rund 30 Prozent Altpapier sowie etwa 20 Prozent Bauschutt und Wertstoffe. Nur 88 Tonnen (8 Prozent) entfielen auf Sondermüll wie Chemikalien und Schutzkleidung, deren aufwendige Entsorgung allerdings 24 Prozent der gesamten Abfallemissionen in Höhe von 1.019 Tonnen CO2 ausmachte. Im internationalen Vergleich liegt die Universität Freiburg in Sachen Nachhaltigkeit hier im Spitzenfeld: Dank des preisgekrönten Mehrweg-Sonderabfallmanagementsystems konnten 2019 dadurch 89 Tonnen CO2 eingespart werden.

Die Treibhausgasemissionen verringern

Für künftige Umweltberichte hoffen Jürgen Steck und Lora Gyuzeleva über ihre aktuelle Darstellung der Radverkehrsförderung der Universität Freiburg hinaus auch exakte Angaben über die Klimaauswirkungen der Dienstreisen und des Pendelverkehrs von Studierenden und Lehrenden machen zu können. Und auch Stefan Pauliuk hätte noch eine Idee: Seit Längerem schon treibt den Ressourcenforscher die Frage um, wie die Universität ihre Gebäude nachhaltiger nutzen könnte. „Aus verschiedenen Gründen stehen hier zum Beispiel immer wieder Büroräume über längere Zeit leer, während anderswo Gebäude angemietet werden müssen“, sagt Pauliuk. Das sei weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. „Eine Verringerung der Treibhausgasemissionen ist also nicht nur in den Bereichen der Beschaffung und Entsorgung möglich, sondern auch, indem wir uns fragen: Was brauchen wir, um als Universität in Zukunft sinnvoll arbeiten zu können – und was brauchen wir nicht?“

Fragen wie diese dürften demnächst auch Daniela Kleinschmit beschäftigen. Seit April 2021 ist die Professorin für Forst- und Umweltpolitik die erste nebenamtliche Prorektorin für Internationalisierung und Nachhaltigkeit an der Universität Freiburg. Sie wird das Thema „Nachhaltigkeit“ aus der Perspektive der gesamten Universität strategisch aufgleisen, an der Governance arbeiten und auch Kompetenzen aus der Stabsstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit in die Universität tragen, um wichtige Prozesse zur Umsetzung der Maßnahmen für eine klimaneutrale Universität anzustoßen.

Dietrich Roeschmann

 

Umweltberichte der Universität Freiburg

Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg

Arbeitskreis Nachhaltige Universität Freiburg