Interkulturell studieren
Freiburg, 08.04.2019
Binational studieren und gleichzeitig zwei Abschlüsse erhalten? Das macht die Partnerschaft der Universitäten Freiburg und Buenos Aires/Argentinien möglich. Der International Master of Science Biomedical Sciences (IMBS) bietet jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern breite Ausbildungsmöglichkeiten in der Biomedizin. Zugleich erlangen sie durch den länderübergreifenden Austausch neue Perspektiven – sowohl wissenschaftlich als auch kulturell.
Breite Palette: Mikrosystemtechnik ist eine von zehn Disziplinen, in denen Studierende der Biomedical Sciences Kenntnisse erlangen. Foto: Klaus Polkowski
Das seit 2008 bestehende Masterprogramm der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität und der Medizinischen Fakultät und der Fakultät für Pharmazie und Biochemie der Universität Buenos Aires entwickelte sich bereits zu Beginn der 2000er Jahre. Was zunächst als medizinisches Austauschprogramm stattfand, wurde schließlich mehr und mehr institutionalisiert, bis die Idee eines Masterstudiengangs aufkam. „Von Anfang an war es Ziel des Programms, sich besser kennenzulernen – sowohl wissenschaftlich als auch kulturell“, sagt Christoph Borner, Professor am Institut für Molekulare Medizin und Zellforschung der Universität Freiburg und deutscher Direktor des Masterprogramms.
Chancen auf dem Arbeitsmarkt
Jedoch sei die Universität in Buenos Aires nicht offiziell Partner der Albert-Ludwigs-Universität. „Wir haben einen Rahmenvertrag und ein spezifisches Abkommen für diesen Studiengang“, erklärt Borner. Eine Besonderheit der Partnerschaft ist, dass die Studierenden seit 2018 von beiden Universitäten jeweils einen Abschluss erhalten und interdisziplinär und interkulturell ausgebildet werden. „Zwei Masterzertifikate sind ein großer Vorteil: Ein deutscher Master ist noch immer sehr viel wert in der Welt. Und ich glaube, dass unsere Absolventinnen und Absolventen dadurch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.“
Ein weiterer Grund, warum sich viele internationale Studierende für diesen Master entscheiden, ist dessen breit gefächertes englischsprachiges Angebot. Der Studienplan beinhaltet nicht nur Biochemie und Zellbiologie, sondern auch Pathologie, Pharmakologie, Immunologie, Kardiologie, Onkologie, Mikrosystemtechnik, Biostatistik und Bioethik. So können sich die Studierenden später in ihrem eigenen Interessengebiet spezialisieren. Masterstudent Tijani Olawale bestätigt, dass die meisten Studiengänge oft nur eine Forschungsrichtung anbieten. „Das Partnerprogramm hingegen eröffnet verschiedene Möglichkeiten, und jeder kann selbst entscheiden, wie er sich spezialisieren möchte.“
Das Masterprogramm ist für viele internationale Studierende attraktiv – von zwei Masterzertifikaten versprechen sie sich unter anderem einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt. Foto: Thomas Kunz
Theorie und Praxis Hand in Hand
Zudem arbeiten die Fakultäten beider Universitäten eng zusammen – die Unterrichtsangebote der Professorinnen und Professoren ergänzen sich wechselseitig. „In Buenos Aires ist das Studium theoretisch ausgerichtet, bei uns vorwiegend praktisch“, erklärt Borner. „Deshalb ist es gut, dass die Studierenden zuerst acht Monate in Buenos Aires verbringen und die theoretischen Grundlagen kennenlernen. Danach kommen sie nach Freiburg und arbeiten hier vor allem praktisch. So geht alles Hand in Hand.“ Der Student Ignacio Gonzalez Perez ist ebenfalls überzeugt, dass die binationale Kooperation ein Gewinn ist: „Es besteht ein guter Austausch zwischen beiden Universitäten und man kann seine Ideen, Erfahrungen und Forschungsvorhaben miteinander teilen.“
Nach dem Masterabschluss eröffnet das Programm weitere Perspektiven für den Einstieg in die wissenschaftliche Karriere: Professoren in beiden Städten bieten neben der Lehre auch Forschungsmöglichkeiten für Doktorandinnen und Doktoranden an. Anusha Venkatraman, Alumna des Programms und jetzt Doktorandin der Spemann Graduiertenschule für Biologie und Medizin (SGBM) in Freiburg, erlebt vor allem die umfangreiche Finanzierung der Forschungsprojekte als positiv: „Deutschland investiert viel Geld in die Forschung, und das kann man auch in den Fakultäten und Forschungsbereichen sehen.“ Auch das Arbeitsgehalt ist für viele Doktorandinnen und Doktoranden von großem Vorteil: „Wir bekommen den gleichen Lohn wie normale Angestellte. Das ist etwas, was nicht jedes Land den Promovierenden anbietet“, sagt Maria Gabriela Rincón, ebenfalls IMBS-Alumna und jetzt SGBM-Doktorandin. Zudem findet sie es wichtig, dass die Forschungsgelder in Deutschland aus öffentlicher Hand stammen: „Diese Strukturen machen es möglich, dass die eigene Arbeit nicht von politischen Gegebenheiten und Entwicklungen abhängig ist.“ In Argentinien habe sie teilweise das Gefühl, dass die Politik vieles stark beeinflusse und somit eine unabhängige Forschung teilweise nicht möglich sei.
Neben der wissenschaftlichen Ausbildung wird auch viel kulturell geboten, sagt Christoph Borner, deutscher Direktor des Masterprogramms. Foto: Jürgen Gocke
Deutsch und Spanisch lernen
Neben der Wissenschaft profitieren die Studierenden vom interkulturellen Angebot des Programms. So müssen sie beispielsweise beide Landessprachen, also Deutsch und Spanisch, lernen. „Ich finde, das ist der Charme des Programms: dass neben der wissenschaftlichen Ausbildung auch viel kulturell geboten wird“, sagt Borner. Auch Rincón hat viele Menschen aus verschiedenen Kulturen kennengelernt: „Das ist vermutlich meine beste Erfahrung hier.“
Zulassungsvoraussetzungen für das Masterstudium sind ein Bachelor of Science, Englischkenntnisse der Stufe B2 und ein bestimmter Notenschnitt. Zudem müssen alle Bewerberinnen und Bewerber eine einjährige Berufserfahrung vorweisen. Diese kann im öffentlichen Dienst, an der Universität oder auch in der Wirtschaft stattgefunden haben. „Dadurch sprechen wir Leute an, die bereits gearbeitet haben und sich jetzt weiterbilden möchten“ sagt Christoph Borner. „Auch das macht unser Studienangebot so attraktiv.“
Maleen Thiele