„Ich bleibe, solange ich gebraucht werde“
Freiburg, 05.05.2020
Seit elf Jahren arbeitet Phillip Müller ehrenamtlich beim Roten Kreuz im Bereich des Bevölkerungsschutzes. Über dieses Engagement ist der Student nun zum Krisenstab der Stadt Freiburg gelangt, der mit Aufkommen des Coronavirus gegründet wurde. Müller kümmert sich um alles, was die Kommunikation betrifft: Server, Firewalls und Computerarbeitsplätze einrichten, E-Mailverteiler anlegen und Internetverbindungen aufbauen. Die Albert-Ludwigs-Universität unterstützt ihn und andere Studierende bei ihrem Einsatz für die Zivilgesellschaft. Das Zentrum für Schlüsselqualifikationen (ZfS) hat aufgrund der aktuellen Situation sein Modul „Service Learning“ angepasst: Bachelorstudierende, die in Initiativen gegen Covid-19 tätig sind, können sich vier ECTS-Punkte als Studienleistung anrechnen lassen.
Über sein Ehrenamt beim Roten Kreuz ist Informatikstudent Phillip Müller zu seinem Einsatz im städtischen Krisenstab gekommen und kümmert sich dort nun um alles, was die Kommunikation betrifft. Foto: Stadt Freiburg
Weit weg vom sonstigen Studienalltag baut Phillip Müller derzeit Antennen auf, verlegt Kabel und geht auch mal ans Telefon: Seit Anfang April 2020 arbeitet der Freiburger Informatikstudent beim städtischen Krisenstab und engagiert sich auf diese Weise gegen die Ausbreitung des Coronavirus. „Die Arbeit ist bisher sehr intensiv. 140 Stunden waren es allein im April“, sagt Müller. Es sei wichtig, einen guten Überblick über die unterschiedlichen Sachgebiete der Stadt zu haben, gerade, wenn es um die Kommunikation gehe. Müller ist über sein Ehrenamt beim Roten Kreuz zum Krisenstab gekommen. „Mein Fachstudium der Informatik hilft mir dabei, mein technisches Wissen effektiv einzubringen“, sagt er. Ein Ende seines Einsatzes ist bis auf Weiteres nicht abzusehen: „Ich bleibe, solange ich gebraucht werde.“ Während die ersten Wochen sehr arbeitsintensiv waren, soll sich sein Einsatz künftig auf etwa acht Stunden pro Woche einpendeln.
Mindestens 30 Stunden Praxis
Über das Modul „Service Learning“ des ZfS kann sich Müller als Bachelorstudent einen Teil seines Engagements gegen Covid-19 zudem in Form von ECTS-Punkten von der Universität Freiburg anrechnen lassen. Ziel des Moduls ist, Lernen durch sozialen Einsatz für die Zivilgesellschaft zu fördern. „Dass nun auch ein Engagement gegen Corona anerkannt wird, ist neu und ergänzt die bisher bestehenden Einsatzfelder Digitalisierung, Lebens- und Umweltwissenschaften, Interkulturalität und Migration, Umwelt und Nachhaltigkeit sowie Politische Interessenvertretung“, erklärt Anette Bender, die das Projekt gemeinsam mit ihrer Kollegin Waltraud Ziegler leitet.
In seiner Gesamtheit besteht das Programm aus mehreren Qualifizierungs-, Reflexions- und Beratungselementen sowie einem 30-stündigen Praxiseinsatz. Studierende, die an allen Elementen erfolgreich teilnehmen, können eine Studienleistung im Umfang von vier ECTS-Punkten erwerben. „An die aktuelle Situation angepasst ist auch, dass das Engagement gegen Corona schon vor dem offiziellen Start des Moduls Mitte Mai 2020 begonnen haben darf“, ergänzt Ziegler. Mindestens zehn Stunden müssten die Studierenden jedoch noch nach dem Start des Moduls leisten, damit sie neue Ansätze und Fragestellungen umsetzen und bewerten können. Phillip Müller freut sich auf das Service Learning als Lernform und ist gespannt, wie die Lehrenden sein Engagement thematisch und fachlich rahmen werden.
Auf der Suche nach Alternativen
Annika Weiser hat das Modul bereits im vergangenen Wintersemester absolviert. Die Psychologiestudentin unterstützt seit Oktober 2019 die Hochschulgruppe UNICEF. Doch während sich die Aufgaben bei Phillip Müller derzeit stapeln, schränken die Pandemieauflagen Weisers Möglichkeiten, sich zu engagieren, stark ein. „Wir müssen uns nun wirksame Alternativen zu unserer bisherigen Arbeit überlegen“, betont sie: „Das ist dringend notwendig, da unser Hauptaugenmerk auf dem Sammeln von Spenden und dem Dialog mit der Öffentlichkeit durch Informationsstände und unterschiedliche Aktionen liegt.“ Vieles davon sei nun auf längere Sicht wohl nicht möglich. Von dem Modul Service Learning habe sie indes sehr profitiert. Vor allem die begleitenden Workshops zu den Themen Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationspraxis waren für sie von Vorteil: „Ich war und bin in der Arbeitsgruppe Information tätig und habe durch die Workshops gelernt, worauf es bei PR-Aktionen ankommt.“
In der Regel schließen pro Semester zwischen 30 und 40 Studierende das Modul erfolgreich ab. Viele arbeiten danach noch ehrenamtlich in ihren jeweiligen Projekten weiter. Beim ZfS häufen sich inzwischen die Anfragen zu Engagements, die sich gegen die Ausbreitung des Coronavirus richten. „Für die Auftaktveranstaltung Mitte Mai haben sich bislang 50 Leute angemeldet“, sagt Bender. Darunter sind Studierende, die sich bereits in Initiativen gegen Corona engagieren, und solche, die erst im Sommer ihren Einsatz beginnen werden.
Judith Burggrabe