Ein Kollegium der Weisheit
Freiburg, 23.03.2017
Sie fördern Studierende bei Auslandsaufenthalten und Forschungsarbeiten, unterstützen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihren Projekten und geben Lehrenden die Möglichkeit, neue Ideen in ihren Seminaren und Vorlesungen umzusetzen: Die 51 Stiftungen der Universität Freiburg tragen den unverwechselbaren Charakter ihrer jeweiligen Gründerinnen und Gründer. In einer Reihe stellt Sarah Schwarzkopf einige Stiftungen vor.
Das Collegium Sapientiae sah gemeinsame Mahlzeiten von „Magistern und Scholaren“ vor. Foto: Universitätsarchiv Freiburg A0105/8141, fol.26v
Sie ist die älteste in den Universitätschroniken belegte Stiftung: Die Sapienz (Kerer) oder auch Johann-Kerer-Stiftung entstand 1497 – bereits wenige Jahrzehnte nach Gründung der Universität. Der Stifter Johann Kerer gilt als Vorbild für die Stifterinnen und Stifter, die in den folgenden Jahrhunderten Teile ihres Vermögens an die Universität Freiburg vermachten. Er stammte aus dem fränkischen Wertheim und war Sohn eines armen Webers. In Heidelberg ermöglichte es ihm eine Stipendienstiftung, sich als Kleriker an der Universität einzuschreiben und einen Abschluss als Magister zu machen. Anschließend führte ihn sein Weg 1457 nach Freiburg, im Gründungsjahr der Universität. Während seiner erfolgreichen akademischen Karriere kaufte er zahlreiche Häuser in der Stadt und sammelte ein beachtliches Vermögen an.
Kerer war schon damals eine bedeutende Persönlichkeit für die Universität Freiburg. Er lehrte als Professor der Theologie und wirkte als Stadtpfarrer im Münster. Nach vielen Jahren ging er nach Augsburg, wo er das Amt des Weihbischofs antrat. Dort verstarb er 1507 nach schwerer Krankheit. Seinen Grabstein überführte man später nach Freiburg.
Kunstvolles Statutenbuch
Wahrscheinlich inspirierten ihn seine eigenen Erfahrungen in Heidelberg, als sich Kerer dazu entschied, sein Vermögen zu stiften. Sein Ziel war die „Förderung der ärmsten und fähigsten Jünglinge des In- und Auslandes bei einem gründlichen Studium des jeweils gewählten Faches und zur Erlangung wenigstens des Doktorgrades der Artistenfakultät“. In seinen Testamenten begründete er die zweite Burse Freiburgs, die auch die langlebigste und berühmteste der Stadt werden sollte: das Collegium Sapientiae – ein Kollegium der Weisheit.
Klare Ansage aus dem Statutenbuch: „Keiner soll ein verdächtiges Weib in das Haus zur Weisheit hineinführen.“ Foto: Universitätsarchiv Freiburg A0105/8141, fol.31r
Beihilfen für Begabte und Bedürftige
Über ein Stipendium konnten dort 12 Studenten zusammenleben. Das Leben dieser Gemeinschaft ordnete Kerer in einem kunstvollen Statutenbuch an, dessen 88 Artikel mit kostbaren Miniaturen illustriert sind – eines der wertvollsten Stücke des Uniseums, das Kopien davon ausstellt und unter anderem als Postkarten anbietet. Und auch das Kollegium der Weisheit zeigt nach wie vor Präsenz im Stadtbild: An der Herrenstraße weist über zwei spätgotischen Eingängen eine Inschrift auf die Lage des ehemaligen Collegium Sapientiae hin.
Am Ende des 18. Jahrhunderts gab die Universität das Kollegium auf. Was übrig blieb, ist die heute unter dem Namen Sapienz (Kerer) bekannte Studienstiftung. Sie vergibt Stipendien und Beihilfen an begabte und bedürftige Studierende aller Fachgebiete, die ihre Anträge direkt bei der Stiftungsverwaltung stellen können. Die Stiftung Sapienz (Kerer) gehört der Vereinigten Studienstiftungen-Verwaltung an und schüttete 2016 etwa 2.100 Euro aus.
Nicht auf Schulden sitzen bleiben: „Wenn ein Student zu Wohlstand gekommen war, erfolgte die Rückzahlung der Stipendien.“ Foto: Universitätsarchiv Freiburg A0105/8141, fol.51v
Stiftungen der Universität Freiburg
Die 51 Stiftungen der Universität Freiburg reichen teilweise bis ins Spätmittelalter zurück. Die 17 älteren bilden die Vereinigte Studienstiftungen-Verwaltung, die neueren gehören bis auf drei Ausnahmen zum Stiftungsfonds. Die Universität erhält das Grundkapital in Form von Sach- oder Geldmitteln und legt es an. Jährlich schüttet sie zwei Drittel der Erträge jeder Stiftung aus, das restliche Drittel legt sie als Inflationsausgleich zurück. Wer sich auf die Förderungen bewerben kann, haben die Stifterinnen und Stifter festgelegt. In der Regel zählt Bedürftigkeit vor Leistung. In der Satzung haben die Stifter auch den individuellen Zweck ihrer Stiftung definiert.
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