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Rothirschbestände in Europa: Stärker vom Menschen beeinflusst als von Wölfen und anderen Beutegreifern

Eine internationale Studie zeigt, dass menschliche Jagd und Landnutzung entscheidend die Rothirschdichte in Europa prägen. Nur bei gleichzeitigem Vorkommen von Wolf, Luchs und Bär verringert sich die Rothirschdichte. Die Forschungsergebnisse werfen neues Licht auf die Rückkehr des Wolfes nach Mitteleuropa.

Freiburg, 10.01.2024

Rothirsche sind, neben vereinzelten Wisenten und Elchen, Europas größtes einheimisches Wildtier. Eine internationale Studie unter der Federführung von Wildtierökolog*innen der Universität Freiburg hat nun die Faktoren untersucht, die sich auf den Bestand von Rothirschen in einem bestimmten Gebiet auswirken. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Bestandsdichte der Tiere in Europa vor allem durch menschliche Jagd und Landnutzung beeinflusst wird und nicht durch große Beutegreifer wie Wolf, Luchs und Braunbär. „Während Großraubtiere in ungestörten Ökosystemen oft als Schlüsselfaktoren für die Kontrolle von Beutepopulationen gelten, ist dies in menschlich geprägten Landschaften weniger sichtbar. Unsere Studie verdeutlicht, dass diese Wechselwirkungen kontextabhängig sind“, sagt Dr. Suzanne T. S. van Beeck Calkoen, ehemalige Doktorandin am Lehrstuhl für Wildtierökologie und Wildtiermanagement an der Universität Freiburg und Erstautorin der Studie.

Rothirschrudel (Foto: Rainer Simonis)

Rothirschrudel (Foto: Rainer Simonis)

 

Die Forschenden sammelten Daten zur Populationsdichte von Rothirschen an über 492 Untersuchungsstandorten in 28 europäischen Ländern und analysierten den Einfluss verschiedener Faktoren wie Lebensraumproduktivität, das Vorhandensein von großen Beutegreifern, menschliche Aktivitäten, klimatische Variablen und Schutzstatus des Gebietes. Die Auswertung der Daten ergab, dass menschliche Jagd die Rothirschdichte stärker verringerte als das Vorkommen aller großen Beutegreifer. Menschliche Landnutzung führte hingegen zu einem Anstieg der Rothirschdichte. Das Vorkommen von großen Beutegreifern hatte in den meisten Fällen keinen statistisch signifikanten Effekt auf die Rothirschpopulation. Nur wenn die drei Beutegreifer Wolf, Luchs und Bär gemeinsam in einem Gebiet vorkamen, sank dort die Zahl der Rothirsche. Allerdings untersuchte die im Journal of Applied Ecology publizierte Studie nicht, wie sich die Präsenz von Beutegreifern auf das Verhalten der Rothirsche auswirkt.

Die Rückkehr des Wolfes

Die Studie wirft auch ein neues Licht auf die anhaltende Diskussion um die Rückkehr des Wolfes in Mitteleuropa, bemerkt Prof. Dr. Marco Heurich, Professor für Wildtierökologie und Naturschutzbiologie an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg und Initiator der Studie: „Unsere Forschung zeigt, dass die Rückkehr eines großen Beutegreifers wie dem Wolf allein keinen großen Einfluss auf das Vorkommen der Rothirsche hat. Denn in Mitteleuropa überwiegen menschliche Einflüsse sowohl indirekt über Eingriffe in den Lebensraum der Rothirsche als auch direkt durch das Erlegen der Tiere.“ Darüber hinaus sei die Sterblichkeit der Wölfe in mitteleuropäischen Landschaften vor allem durch den Straßenverkehr sehr hoch, was ihren Einfluss auf Beutetierpopulationen zusätzlich einschränke. „Allerdings haben wir auch eine hohe Variabilität der Rothirschdichten gefunden, die darauf hindeuten, dass es spezifische Situationen geben kann, in denen große Beutegreifer sehr wohl einen Einfluss haben. Dies zu untersuchen wird die Aufgabe der nächsten Studien sein“, kommentiert Heurich.

 

  • Originalpublikation: Suzanne T. S. van Beeck Calkoen, Dries P. J. Kuijper, Marco Apollonio, Lena Blondel, Carsten F. Dormann, Ilse Storch, Marco Heurich: „Numerical top-down effects on red deer (Cervus elaphus) are mainly shaped by humans rather than large carnivores across Europe“. In: Journal of Applied Ecology (2023). DOI: 10.1111/1365-2664.14526
  • Zur Studie
  • Prof. Dr. Marco Heurich ist Professor für Wildtierökologie und Naturschutzbiologie an der Universität Freiburg.
  • Dr. Suzanne T. S. van Beeck Calkoen promovierte am Lehrstuhl für Wildtierökologie und Wildtiermanagement an der Universität Freiburg. Sie ist wissenschaftlich Mitarbeiterin an der Universität Göttingen und der Technischen Universität Dresden.

 

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Universität Freiburg Tel.: 0761/203-4302
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