Übergabe menschlicher Überreste
Freiburg, 23.07.2019
Heiko Wegmann (rechts) überreicht Dieter Speck im Freiburger Universitätsarchiv den Karton mit den beiden Schädeln aus der Alexander-Ecker-Sammlung. Foto: Harald Neumann
Das Projekt freiburg-postkolonial.de hat zwei Schädel aus der Alexander-Ecker-Sammlung zur weiteren Erforschung ihrer Herkunft an das Universitätsarchiv der Universität Freiburg übergeben. Die beiden menschlichen Schädel und die zugehörigen Unterkiefer waren im April 2019 – wenige Tage nach der Übergabe menschlicher Schädel an eine australische Delegation in Stuttgart – im informationszentrum 3. welt (iz3w) anonym hinterlegt worden. Der Karton, in dem sie verpackt waren, war an den Freiburger Sozialwissenschaftler Dr. Heiko Wegmann, Leiter des Projektes freiburg-postkolonial.de, adressiert. Anhand der Beschriftungen der Schädel unter anderem mit bestimmten Nummernpaaren ging Wegmann davon aus, dass sie früher Teil der anthropologischen Alexander-Ecker-Sammlung der Universität waren. Diese Vermutung hat der zuständige Leiter des Universitätsarchivs, Prof. Dr. Dieter Speck, anhand von zugesendeten Fotografien der Schädel bestätigt.
Die Universität wird nun untersuchen, ob die Schädel – wie es deren Beschriftung nahelegt – aus ehemaligen Kolonialgebieten stammen könnten. Wird diese Vermutung bestätigt, wird sie die Rückgabe der menschlichen Überreste umgehend einleiten. Das staatliche australische Rückführungsprogramm wurde von Wegmann bereits im April einbezogen und steht diesbezüglich auch schon mit der Universität Freiburg in Kontakt.
Die Ergebnisse der ersten Recherchen Wegmanns zur Beschriftung der Schädel stehen im Einklang mit den Informationen aus der Datenbank des Freiburger Universitätsarchivs. Demzufolge wurden sie wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Auftrag der Hamburger Firma Godeffroy beschafft. Die Firma handelte neben tropischen Produkten auch mit Ethnografika und menschlichen Überresten. Einer der Schädel könnte demnach von einem australischen Aborigines stammen und von den Forschungsreisenden Amalie Dietrich (1821-1891) oder Eduard Dämel (1822-1900) nach Deutschland gebracht worden sein. Dietrich hielt sich 1866/67 im Auftrage Godeffroys genau an dem Ort auf, der auf dem Schädel bezeichnet ist. Auf welche Weise der Schädel beschafft wurde, etwa durch Grabraub oder auf noch problematischere Weise, ist unklar. Der zweite Schädel stammt laut Beschriftung von der Pazifik-Insel „Pleasant Island“, dem heutigen Nauru, das zwischen 1888 und 1919 vom Deutschen Reich kolonisiert wurde. Vermutlich um das Jahr 1885 wurden beide Schädel an den Maler und Sammler Gabriel von Max (1840-1915) verkauft und gelangten 1936 in die Alexander-Ecker-Sammlung. Aus ihr sind sie vor dem Jahr 2000, als die Sammlung dem Universitätsarchiv zugeordnet wurde, auf ungeklärte Weise verschwunden.
Die Universität Freiburg hat im April 2019 bereits acht Schädel von Aborigines nach Australien restituiert und 14 Schädel aus dem heutigen Gebiet von Namibia im März 2014 an eine namibische Delegation übergeben. Im Falle Naurus bestehen noch keine Erfahrungen und Kontakte. Das Projekt freiburg-postkolonial.de und die Universität rufen weitere private Besitzerinnen und Besitzer von menschlichen Überresten, die vermutlich aus der Kolonialzeit stammen, dazu auf, sich mit geeigneten Stellen in Verbindung zu setzen und alle verfügbaren Begleitinformationen bereitzustellen. Die Universität ist jederzeit bereit, in Restitutionsfragen mit den entsprechenden Stellen in den Herkunftsländern zusammenzuarbeiten.
Kontakt:
Prof. Dr. Dieter Speck
Universitätsarchiv
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel. 0761/203-3851
dr.speck@uniarchiv.uni-freiburg.de
Dr. Heiko Wegmann
freiburg-postkolonial.de im iz3w e.V.
Tel. 0761/74003 (iz3w)
info@freiburg-postkolonial.de