Wissenschaftliche Karriere mit Kind
Freiburg, 10.03.2017
Sandra Straßburg, Sarah Teige-Mocigemba, Elisabeth Zima, Cornelia Klose und Maria Asplund (von links) waren im „Brigitte-Schlieben-Lange-Programm“ erfolgreich. Foto: Ingeborg Lehmann
Von der Germanistik bis zur Chirurgie: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg und die Albert-Ludwigs-Universität unterstützen fünf exzellente Freiburger Wissenschaftlerinnen mit einem oder mehreren Kindern im „Brigitte-Schlieben-Lange-Programm" auf dem Weg zur Professur. Das Programm fördert wissenschaftliche Qualifizierungsvorhaben während der Postdoc-Phase über ein bis zu zweijähriges Beschäftigungsverhältnis. Die Forscherinnen können in dieser Zeit die Voraussetzungen erlangen, die ihnen zur Berufung auf eine Professur noch fehlen, und Anschlussfinanzierungen einwerben. Auf diese Weise unterstützt das Programm die Vereinbarkeit einer wissenschaftlichen Karriere mit Erziehungs- und Betreuungspflichten. Im Regelfall fördert das MWK eine 50-Prozent-Stelle, die Universität steuert mindestens weitere 25 Prozent bei.
Dr. Maria Asplund, Biomedizinische Mikrotechnik: Functional electronic materials for enhancing neural microelectrodes
Die Elektroingenieurin Maria Asplund, Assistentin an der Professur für biomedizinische Mikrotechnik am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) und Nachwuchsgruppenleiterin am Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools, ist Expertin für elektroaktive Kunststoffbeschichtungen. Zusammen mit ihrer siebenköpfigen Arbeitsgruppe entwickelt sie am IMTEK Materialien, die sich für den Einsatz im menschlichen Körper besonders gut eignen. Durch Polymerbildungsreaktionen und elektrolytische Abscheidung entstehen in ihrem Labor Beschichtungen, die dünner als ein Mikrometer sind, für den Organismus unschädlich sind, eine hohe Leitfähigkeit besitzen und zugleich Teilchen transportieren können. Mit ihren Techniken hat Asplund bislang nicht nur Elektroden für den Langzeiteinsatz im Schädelinnern, sondern auch ein so genanntes Lab-on-a-chip-System zur kontrollierten Freisetzung von Medikamenten hergestellt: Dabei dient eine Beschichtung mit dem Polymer PEDOT als Lochmaske, die sich beim Anlegen von negativer Spannung öffnet, bei positiver Spannung wieder schließt und somit die Dosierung regelt. Neben dem Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung ist Asplunds Labor auch auf Analyseverfahren spezialisiert, mit denen die technische Leistungsfähigkeit und körperliche Verträglichkeit verschiedener Materialien gemessen werden können. Dazu gehört beispielsweise auch die Zucht von Nervenzellen zur Simulation einer organischen Umgebung.
Dr. Cornelia Klose, Biologie: How intracellular protein dynamics regulate the activity of the plant photoreceptors phytochrome A and B
Der Umweltfaktor Licht ist für Pflanzen von entscheidender Bedeutung. Pflanzen besitzen Photorezeptoren, mit denen sie die spektrale Zusammensetzung, die Intensität, Richtung und Dauer des Lichts in ihrer Umgebung messen können. Eine Familie solcher Photorezeptor-Proteine sind die Phytochrome, die in höheren Pflanzen eine Vielzahl physiologischer Prozesse steuern, wie Samenkeimung, Keimlingsentwicklung, Blütenbildung und die Vermeidung von Schatten. Phytochrome können Licht absorbieren und funktionieren wie eine Art molekularer Schalter: Während hellrotes Licht die Phytochrome aktiviert, werden diese durch dunkelrotes Licht inaktiviert. Aufgrund dieser Eigenschaften sind Pflanzen zum Beispiel in der Lage, den Hellrot-Anteil in ihrer Lichtumgebung zu bestimmen und auf Beschattung durch Konkurrenten zu reagieren. Pflanzen derselben Art können unter sehr unterschiedlichen Bedingungen wachsen. Die einzelnen Phytochrome haben sich hinsichtlich ihrer physiologischen Wirksamkeit auf verschiedene Lichtbedingungen spezialisiert. Die Biologin Cornelia Klose untersucht, wie spezifische Mechanismen in der Pflanzenzelle die physiologische Aktivität der Phytochrome regulieren, ohne deren photochemische Eigenschaften zu verändern. Ziel ist es zu verstehen, wie Pflanzen die Wirksamkeit ihrer Phytochrome beeinflussen können, um ihre Entwicklung flexibel an Veränderungen ihrer Umweltbedingungen anzupassen.
Dr. Sandra Straßburg, Experimentelle Chirurgie: Regenerative Ansätze in der Plastischen Chirurgie
Nach chirurgischer Behandlung bestimmter Tumore, zum Beispiel bei Brustkrebs, kommt es sowohl zu entstellenden Defekten des Fettgewebes wie auch zu einem Fehlen von Lymphgefäßen beziehungsweise Lymphknoten. Daraus resultierend kann ein sekundäres Lymphödem entstehen, das die Betroffenen erheblich belastet und ihre Lebensqualität einschränkt. Es handelt sich dabei um eine Schwellung, verursacht durch die Ansammlung von Lymphflüssigkeit. Klinische Ansätze zur Korrektur von Fehlbildungen des Fettgewebes wie auch eine Behandlung eines sekundären Lymphödems sind gegenwärtig mit Nachteilen, Risiken oder geringen Erfolgsaussichten vergesellschaftet. Daher untersucht Sandra Straßburg in ihrem Projekt im Rahmen der Gewebeersatzforschung eine neue und viel versprechende Behandlungsmöglichkeit: Sie will mithilfe von körpereigenen Zellen und Stammzellen ein von Fettgewebe umgebenes Lymphkapillarnetz in einem für dieses Verfahren geeigneten Biomaterial züchten. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung eines Gewebeersatzes, der Fettgewebsdefekte korrigiert und zugleich der Entstehung eines sekundären Lymphödems vorbeugt.
Privatdozentin Dr. Sarah Teige-Mocigemba, Psychologie: Negatives ist stärker als Positives? Prozesskomponenten von Valenzasymmetrie-Effekten: Eine Diffusionsmodellanalyse
Valenz ist eine der zentralen Dimensionen, entlang derer Menschen ihre Umwelt und ihre internen Zustände charakterisieren: Sie mögen ihr Gegenüber oder mögen es nicht, nähern sich einer Situation an oder vermeiden sie, fühlen sich gut oder schlecht. Zahlreiche Studien aus unterschiedlichen Bereichen der Psychologie zeigen, dass positive und negative Informationen menschliches Erleben und Verhalten nicht gleich stark, sondern asymmetrisch beeinflussen: Negatives übt häufig einen stärkeren Einfluss aus als Positives – beispielsweise wiegen Verluste oft schwerer als Gewinne. Sarah Teige-Mocigemba will in dem geplanten Forschungsvorhaben untersuchen, inwieweit neuere Methoden der Datenanalyse, so genannte Diffusionsmodellanalysen, dazu beitragen können, die kognitiven Prozesse zu identifizieren, die solchen Valenzasymmetrie-Effekten zugrunde liegen. Dieser Zugang der mathematischen Modellierung kognitiver Prozesse könnte auch wichtige Erkenntnisse zu aktuellen Forschungsfragen angewandter psychologischer Disziplinen liefern – etwa zur Frage, welche Prozesse einer verstärkten Lenkung der Aufmerksamkeit auf negative Informationen zugrunde liegen und wie diese Prozesse zur Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen beitragen.
Dr. Elisabeth Zima, Germanistische Linguistik: Pilotstudie zur multimodalen Koordinierung im gemeinsamen Erzählen in der Face-to-Face Interaktion
Im Zentrum von Elisabeth Zimas geplanter Untersuchung steht die Frage, wie Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer in Erzählaktivitäten, in denen sie von einem gemeinsamen Erlebnis – etwa einem Kinobesuch – berichten, non-verbale Ressourcen einsetzen. Dazu zählen beispielsweise Blicke, Gesten und Körperhaltungen. Das Projekt, das als einjährige Pilotstudie zur Vorbereitung eines weiterführenden Drittmittelantrags gefördert wird, basiert auf der Analyse von Video- und Eye-Tracking-Daten und verbindet traditionelle Konversationsanalyse mit kognitiven Fragestellungen. Zum einen wird Zima untersuchen, welche Rolle Blicke und Gesten dabei spielen, das Rederecht, also wer wann spricht, untereinander auszuhandeln und zu koordinieren. Zum anderen will sie die verbalen und non-verbalen Strategien herausarbeiten, die Interaktionspartnerinnen und -partner einsetzen, um im Gespräch zunächst nur von zwei Teilnehmenden geteiltes Wissen – etwa über die Handlung eines Films – sukzessive als gemeinsames Wissen aller zu etablieren. Mit seinem Fokus auf Interaktion als Zusammenspiel verbaler und non-verbaler, körperlicher Kommunikation, verschreibt sich das Projekt demzufolge der nicht zuletzt in Freiburg prominent vertretenen und international immer stärker in den Vordergrund rückenden interaktionalen und multimodalen Linguistik.
Kontakt:
Dr. Maria Asplund
Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK)
Tel.: 0761/203-67375
E-Mail: maria.asplund@imtek.uni-freiburg.de
Dr. Cornelia Klose
Institut für Biologie II
Tel.: 0761/203-2627
E-Mail: cornelia.klose@biologie.uni-freiburg.de
Dr. Sandra Straßburg
Klinik für Plastische und Handchirurgie
Tel.: 0761/270-63670
E-Mail: sandra.strassburg@uniklinik-freiburg.de
Privatdozentin Dr. Sarah Teige-Mocigemba
Institut für Psychologie
Tel.: 0761/203-2418
E-Mail: sarah.teige@psychologie.uni-freiburg.de
Dr. Elisabeth Zima
Deutsches Seminar
Tel.: 0761/203-97864
E-Mail: elisabeth.zima@germanistik.uni-freiburg.de