Überblicken und vernetzen
Freiburg, 18.04.2018
Seit 2012 ist der Zellbiologe Prof. Dr. Gunther Neuhaus Prorektor für Forschung der Universität Freiburg – nun haben ihn Senat und Universitätsrat im Amt bestätigt. Im Gespräch mit Nicolas Scherger blickt er auf seine bisherige Zeit im Rektorat zurück und erklärt, was er sich für die kommenden Jahre vorgenommen hat.
Als Prorektor für Forschung will Gunther Neuhaus Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenbringen – mit dem Ziel, neue und zukunftsträchtige Projekte anzustoßen.
Foto: Thomas Kunz
Herr Neuhaus, was bedeutet Ihnen persönlich die Wiederwahl zum Prorektor für Forschung?
Gunther Neuhaus: Die Wiederwahl ist für mich eine Bestätigung dessen, was in den letzten sechs Jahren gelaufen ist. Der Zuspruch, den ich im vergangenen Jahr von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ebenso wie aus der zentralen Verwaltung bekommen habe, hat mich bestärkt, noch einmal anzutreten – und jetzt freue ich mich auf die nächsten Jahre.
Wie fällt Ihre Bilanz der ersten Amtszeit aus?
Ich habe im Vorfeld meiner Bewerbung mit meinem Team zusammengetragen, was wir in dieser Zeit vorangebracht haben – das war schon eine ganze Menge. Aber ein Prorektorat kann nur so gut sein wie die gesamte Universität, die in den letzten sechs Jahren in der Forschung extrem erfolgreich war. Mein Dank gilt meinen Referentinnen, meiner Stabsstelle und allen Wissenschaftlern, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
Worüber haben Sie sich besonders gefreut?
Über die Entwicklung des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS). Wenn man vor sechs Jahren in der Universität gefragt hätte, was das FRIAS ist, wären die Antworten sehr unterschiedlich ausgefallen. Heute ist klar: Es ist ein strategisches Instrument, das der gesamten Universität dient. Es gibt noch viele weitere Beispiele: die Integration des Arnold-Bergstraesser-Instituts für kulturwissenschaftliche Forschung, das gemeinsam mit dem FRIAS das Merian Institute for Advanced Studies Africa in Ghana aufbaut, die Integration des Deutschen Volksliedarchivs als Zentrum für Populäre Kultur und Musik, die Gründung des Instituts für Nachhaltige Technische Systeme oder das Ombudsverfahren für Doktorandinnen und Doktoranden.
An welchen Stellen hätten Sie gern noch mehr erreicht?
Da gibt es einige. Wir hinken zum Beispiel mit dem Konzept und der Grundfinanzierung für unsere wissenschaftlichen Zentren etwas hinterher, denn das ist schwierig, solange unklar ist, wie wir in der Exzellenzstrategie abschneiden und wie der nächste Hochschulfinanzierungsvertrag aussieht. Außerdem will ich die Interaktion und Abstimmung mit der Medizin weiter verbessern. Freiburg hat in den Lebenswissenschaften einen ausgezeichneten Ruf, was sich unter anderem an unseren bestehenden Exzellenzclustern, den neuen Clusteranträgen und vielen Sonderforschungsbereichen zeigt. Dieses Alleinstellungsmerkmal wollen wir noch mehr stärken.
Welche Erfahrung haben Sie als besonders prägend empfunden?
Ich bin sehr interessanten Menschen begegnet, von denen ich lernen und profitieren konnte: angefangen bei den Mitgliedern meines Teams über Persönlichkeiten wie den FRIAS-Geschäftsführer Dr. Carsten Dose bis hin zu den Nobelpreisträgern bei den Staudinger Lectures oder Kolleginnen und Kollegen unserer strategischen Schlüsselpartner, der Universitäten Adelaide, Penn State, Nagoya, Nanjing und Strasbourg. Diese Begegnungen sind für mich besonders bereichernd.
Wie würden Sie Ihren Stil im Amt beschreiben?
Mein Ziel ist einerseits, eine klare Linie vorzugeben, andererseits aber auch, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeregt werden, Ideen einzubringen und offen Kritik zu üben. Ganz groß schreiben würde ich daher Teamarbeit sowie Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber allen Mitgliedern der Universität. Das ist für mich die Grundlage.
Auf welchen Forschungsfeldern will sich die Universität besonders hervortun?
Wir haben acht Profilfelder, beispielsweise die Biologische Signalforschung, auf denen wir in der Wissenschaft sehr stark sind und forschungsorientiert lehren. Hinzu kommen Potenzialfelder, etwa die Komplexität der Natur und Ökosysteme der Zukunft, die sich in den nächsten Jahren dynamisch entwickeln werden. Wenn die Universität ihre Erneuerungsfähigkeit sichern will, muss es ihr zudem gelingen, neue, zukunftsträchtige Projekte zu fördern. Dazu trägt das FRIAS bei, und Veranstaltungen zum Thema „Disruptive Science“ kommen hinzu – mit dem Ziel, Dinge aus anderen Blickwinkeln zu betrachten und Forschungsansätze zu finden, die möglicherweise zu großen wissenschaftlichen Durchbrüchen führen. Darüber hinaus fördern wir den Wissenstransfer in die Gesellschaft. Eines der wichtigsten anstehenden Projekte ist die Gründung von „Freiburg Network on Ethical, Legal and Social Aspects of Science and Technology“, kurz FELSA, als Plattform zur Erforschung naturwissenschaftlicher und technischer Entwicklungen im Hinblick auf rechtliche Aspekte, ethische Fragen und gesellschaftliche Akzeptanz.
Welche Rolle werden Partnerinstitutionen spielen?
Als Prorektor für Forschung steht die Universität für mich an erster Stelle. Sie kann sich aber nur gemeinsam mit dem gesamten Standort weiterentwickeln. Wir haben zunächst wichtige Partner vor Ort in Freiburg: die Fraunhofer-Institute, mit denen wir im Leistungszentrum Nachhaltigkeit neue Wege mit bundesweitem Modellcharakter gehen, und die Max-Planck-Institute, die wir immer näher an die Universität heranbringen wollen. Dann sind wir in der Region sehr gut aufgestellt: mit den Partneruniversitäten von Eucor – The European Campus sowie den immer engeren Verbindungen zu allen weiteren Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Auf diese Weise wird es uns gelingen, die globale Sichtbarkeit der gesamten Forschungsregion weiter zu erhöhen. Hinzu kommen auf globaler Ebene die schon genannten Schlüsselpartner: wenige ausgewählte Universitäten, mit denen wir strategisch wichtige Ziele abstimmen und gemeinsame Projekte voranbringen.
Was schätzen Sie an Ihrer Rolle als Prorektor für Forschung?
Ich war mit Leib und Seele Forscher und Hochschullehrer, und mir ist wichtig, dass ich weiterhin nahe an der Forschung bin. Ich schätze den engen Kontakt mit den Fakultäten, aus allen Bereichen gehen Forschungsprojekte über meinen Tisch. Dadurch habe ich einen guten Überblick, und ich sehe meine Aufgabe darin, Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen noch stärker miteinander zu vernetzen. Einschränkend muss ich sagen: Ich habe mich zwar im Bewusstsein beworben, dass eine Wiederwahl erneut sechs Jahre bedeuten würde – aber wenn ich im Oktober meine zweite Amtszeit antrete, werde ich 65 Jahre alt sein. Ich bin davon überzeugt, dass ich die Universität in der aktuellen Runde des Exzellenzwettbewerbs gut begleiten werde, rate ihr jedoch, sich für den nächsten Wettbewerb 2026 neu aufzustellen – egal, wie der aktuelle ausgeht. Meine Aufgabe sehe ich im Jahr 2020 als beendet an.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne lesen, wenn es soweit ist?
Die Universität Freiburg hat zwei Cluster eingeworben und war auch in der zweiten Förderlinie des Exzellenzwettbewerbs erfolgreich. Aber jetzt brauchen wir erst einmal die beiden Cluster, damit wir in der zweiten Runde antragsberechtigt sind.
Forschungsprofil der Universität Freiburg