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Tenure-Track und akademische Karrierewege

Ein von den Universitäten Jena und Freiburg herausgegebenes Themenheft informiert in der aktuellen Ausgabe über die Weiterentwicklung der akademischen Personalstruktur

Freiburg, 09.03.2023

Das von den Universitäten Jena und Freiburg herausgegebene Themenheft „Tenure-Track-Professur und akademische Karrierewege“ der Zeitschrift „Personal- und Organisationsentwicklung in Einrichtungen der Lehre und Forschung“ (P-OE) des Universitätsverlags Webler informiert in der aktuellen Ausgabe über die Weiterentwicklung der akademischen Personalstruktur. uni’intern-Redakteurin Judith Burggrabe hat mit Dr. Melanie Fritscher-Fehr, Leiterin der Abteilung Gleichstellung, Diversität und akademische Personalentwicklung (GDaPE) an der Universität Freiburg, unter anderem über die aktuellen Herausforderungen der Tenure-Track-Professur gesprochen.

Zusammen mit André Stiegler von der Universität Jena geben Sie das Themenheft „Tenure-Track-Professur und akademische Karrierewege“ der P-OE heraus. Warum haben Sie in der aktuellen Ausgabe des Hefts diesen inhaltlichen Schwerpunkt gelegt?

Dr. Melanie Fritscher-Fehr: Als Mitherausgeberin der Zeitschrift hatte ich die Möglichkeit, zusammen mit André Stiegler dieses Sonderheft zu initiieren. Seit 2020 leiten wir ein bundesweites Netzwerk zur Tenure-Track-Professur, in dem wir zu einem professionellen Erfahrungsaustausch einladen und die Weiterentwicklung der Tenure-Track-Professur vorantreiben. Angesichts der zurückliegenden Debatten um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die Karriere- und Arbeitsbedingungen an deutschen Hochschulen im Rahmen der #IchBinHanna-Debatte sind wir überzeugt, dass es eine solche Auseinandersetzung mit der Tenure-Track-Professur und der akademischen Personalstruktur gerade jetzt braucht.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit dem Themenheft erreichen?

Das Themenheft richtet sich an Führungskräfte und Fachkolleg*innen aus der Organisations- und Personalentwicklungen in Hochschulen, die sich mit der Weiterentwicklung der akademischen Personalstruktur und -entwicklung befassen. Die Tenure-Track-Professur ist verglichen mit anderen Karrierewegen zur Lebenszeitprofessur noch relativ jung. Das birgt einige Herausforderungen über die wir in unserem Themenheft informieren.

Die Universität Freiburg hat die Tenure-Track-Professur im Jahr 2009 eingeführt. Inzwischen ist das Verfahren an deutschen Hochschulen recht verbreitet. Wieso ist dieser Karriereweg immer wieder Gegenstand aktueller hochschulpolitischer Debatten?

Die anhaltende Diskussion dazu verdeutlicht, dass die Einführung und kontinuierliche Verbreitung der Tenure-Track-Professur an den deutschen Hochschulen eine bemerkenswerte Dynamik ausgelöst hat. Anhand dieses Karrierewegs werden Themen diskutiert, die für akademische Karrieren und die Weiterentwicklung des Hochschulsystems insgesamt relevant sind: Überlegungen zu geeigneten Instrumenten zur aktiven Rekrutierung nationaler und internationaler Wissenschaftstalente, Veränderungen in Auswahlprozessen und -kriterien in Berufungs- und Evaluationsverfahren oder Fragen zur Bedeutung überfachlicher Kompetenzentwicklung für akademische Karrieren.

Aber es geht nicht nur darum, oder?

Die Tenure-Track-Professur ist auch als Reaktion auf die kontrovers geführte Debatte zu verstehen, die seit Jahren die problematische Beschäftigungssituation und die mangelnden Karriereperspektiven von Wissenschaftler*innen in einem frühen und fortgeschrittenen Karrierestadium zum Gegenstand hat. Das ist eine äußerst komplexe und vielschichtige Diskussion. Es werden Fragen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes berührt, aber auch mit Blick auf die Mittelbaustruktur solche zur Lehrkapazität, Berufungszusagen, Qualifizierungszielen und -notwendigkeiten im deutschen Wissenschaftssystem. Es greifen strukturell viele Räder ineinander, die zudem von finanziellen wie rechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundes- wie Landesebene abhängen. Das löst zwangsläufig kontroverse Debatten aus, da es viele Zielkonflikte gibt.

Welche Vorteile offeriert die Tenure-Track-Professur Wissenschaftler*innen in der frühen Karrierephase?

Die Tenure-Track-Professur bietet im Vergleich zu allen anderen Karrierewegen, die auf die Lebenszeitprofessur hinauslaufen, für Wissenschaftler*innen in einer früheren Karrierephase die verlässlichste Perspektive. Juniorprofessor*innen ohne Tenure-Track, Nachwuchsgruppenleiter*innen, Habilitand*innen oder Postdocs, die ein anderes Förderformat eingeworben haben, konkurrieren miteinander in traditionellen Berufungsverfahren um die Lebenszeitprofessur und stehen angesichts hoher Drittmittelquoten in einem harten Wettbewerb zueinander. Die Tenure-Track-Professur hingegen eröffnet die Möglichkeit, nach einer Bewährungsphase und positiven Evaluation, unmittelbar die Lebenszeitprofessur anzutreten. Der Vorteil für Universitäten und Hochschulen ist, dass sie hierdurch talentierte Wissenschaftler*innen mit großem Potenzial frühzeitig an sich binden können.

Was sagen kritische Stimmen zur Tenure-Track-Professur?
Als Kritik wird oftmals angeführt, dass die Tenure-Track-Professur die Universitäten und Fachdisziplinen dazu zwinge, sich zu früh auf eine Person festzulegen, deren wissenschaftliche ‚Leistungsfähigkeit‘ zu diesem Zeitpunkt noch nicht verlässlich überprüft werden könne. Eine weitere Kritik richtet sich an die hohen Überführungsquoten. Ohne auf verlässliche Zahlen deutschlandweit verweisen zu können, da hierfür ein belastbares Monitoring fehlt, fallen die Tenure-Evaluationen derzeit noch überwiegend positiv aus. Dies hängt jedoch sicherlich auch mit einem aktuell noch starken Selektions- und Auswahlprozess für die Professuren und weniger mit einem ‚nachlässigen‘ Tenure-Verfahren zusammen. Es werden einfach sehr gute und leistungsstarke Wissenschaftler*innen berufen und erfreulicherweise auch eine hohe Anzahl an Frauen.

Sie leiten an der Universität Freiburg die Abteilung GDaPE. Inwiefern knüpft Ihre Arbeit an diesen Punkten an? 

Wir sind in unserer Abteilung für die strategische Weiterentwicklung der Tenure-Track-Professur, für die Beratung der Fakultäten und Wissenschaftler*innen sowie in Teilen für das Tenure-Track-Programm von Bund und Ländern verantwortlich. In diesem Jahr wollen wir unter Leitung des Prorektorats für Universitätskultur die Satzung für Tenure-Track-Professuren und Juniorprofessuren weiterentwickeln und hierfür in einen unmittelbaren Austausch mit den Fakultäten treten.

Warum ist dieser inneruniversitäre Erfahrungsaustausch aus Ihrer Sicht so wichtig?

Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Wissens- und Fachkulturen spielt eine zentrale Rolle. Das zeigt sich auch in der aktuellen Ausarbeitung eines Konzepts zur Vergabe von Dauerstellen im akademischen Mittelbau. Hier befinden wir uns momentan in einer Konzeptions- und Pilotierungsphase mit zwei Fakultäten, um die Ausgestaltung eines solchen Konzepts wissenschaftsgeleitet vorzunehmen und an die spezifischen Erfordernisse unterschiedlicher Fachkulturen und Fakultäten anzupassen. Ohne diese enge Zusammenarbeit mit den Fakultäten können solche Konzepte nicht erfolgreich sein. Gleiches gilt für die Tenure-Track-Professur.