Nachhaltigkeit koordinieren und professionalisieren
Freiburg, 12.09.2019
Seit Mitte Juli 2019 arbeitet Lora Gyuzeleva als Nachhaltigkeitsmanagerin in der Stabsstelle Umweltschutz. Mit Kristin Schwarz hat die 26-Jährige über ihre neue Aufgabe gesprochen. Sie erklärt, wie die Universität Freiburg Nachhaltigkeit lebt – und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Wohin mit all den Fahrrädern? Ein umfassendes Mobilitätskonzept für die Universität soll helfen, diese Frage zu beantworten. Foto: Joachim Hirschfeld
Frau Gyuzeleva, wie kam es, dass die Universität Freiburg die Stelle einer Nachhaltigkeitsmanagerin geschaffen hat?
Lora Gyuzeleva: Die Universität engagiert sich seit Jahren für Umwelt- und Klimaschutz und hat bereits verschiedene Maßnahmen realisiert, die interne Prozesse ressourcenschonender gestalten. Umgesetzt haben diese Projekte die Mitglieder des Arbeitskreises Nachhaltige Universität Freiburg und die zuständigen Bereiche, allerdings meist neben ihrem Tagesgeschäft. Da Nachhaltigkeit immer bedeutender wird, wuchs der Bedarf an einer Stelle, die dieses Thema strategisch koordiniert und professionalisiert. Meine Position schließt diese Lücke.
Das klingt nach einem umfassenden Aufgabenspektrum. Worauf liegt derzeit Ihr Fokus?
Aktuell tausche ich mich mit Vertreterinnen und Vertretern aller Abteilungen aus. Zum einen, um die Zusammenarbeit mit Lehre, Forschung und Betrieb auszubauen, zum anderen, um den Istzustand zu ermitteln. Mich interessiert unter anderem, wo welche Ressourcen verbraucht werden und wie es um die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit steht. Anschließend werte ich die Daten aus und schlage Maßnahmen vor, um Optimierungspotenziale auszuschöpfen. Langfristig plane ich, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, in den diese Angaben einfließen sollen. Zudem prüfe ich, wie andere Universitäten Nachhaltigkeit leben und ob es Best-Practice-Beispiele gibt, die auf uns übertragbar sind. Auch die Vernetzung mit internen sowie externen Partnern steht auf meiner Agenda.
Lora Gyuzeleva hat an der Universität Freiburg Environmental Governance studiert und setzt nun ihr Wissen ein, um Ihre Alma Mater beim Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Foto: Harald Neumann
Junge Erwachsene beschäftigen sich zunehmend mit nachhaltigen Themen. Wie greifen Sie diese Entwicklung auf?
Wir bemerken, dass sich immer mehr Studierende in Arbeitskreisen und Initiativen für Klima- und Umweltschutz einsetzen. Das ist positiv. Daher möchte ich die Kooperation mit diesen Gruppen ausbauen und das Angebot von Studiengängen, Forschungsprojekten und Mitmachaktionen mit Bezug zu Nachhaltigkeit sichtbarer machen. Um die wachsende Nachfrage zu bedienen, bietet das Zentrum für Schlüsselqualifikationen im Wintersemester 2019/20 die interdisziplinäre Ringvorlesung „Nachhaltigkeit“ an. Perspektivisch ebenfalls geplant ist ein so genanntes Studium Oecologicum.
Nachhaltigkeit hat an der Universität Freiburg viele Facetten. Bitte nennen Sie einige Beispiele.
Um Ressourcen zu schonen, nutzen wir etwa Recyclingpapier mit dem Blauen Engel und umweltfreundliche Reinigungsmittel. Wir kühlen mit Grundwasser und konnten den Verpackungsmüll reduzieren, indem wir Sonderabfall fast komplett in Mehrwegbehältern entsorgen. Darüber hinaus hat die Universität verpflichtende Umweltleitlinien erlassen und ist auf einem guten Weg, die Anforderungen der Energiemanagementnorm ISO 500001 zu erfüllen. Auch soziale Nachhaltigkeit ist wichtig. Es gibt unter anderem ein Betriebliches Gesundheitsmanagement und Bestrebungen, die Work-Life-Balance zu verbessern. Wir möchten auch andere motivieren, sich unserem Weg anzuschließen. Mit dem Projekt DezMon setzen wir finanzielle Anreize zum Energiesparen, und wer seinen Kaffee zum Beispiel im Mehrwegbecher kauft oder in seine eigene Tasse füllen lässt, erhält an den offiziellen Verkaufsstellen des Freiburger Studierendenwerks zehn Cent Rabatt.
Nicht nur die ökologische, sondern auch die soziale Nachhaltigkeit ist wichtig – ein Beispiel dafür sind die Angebote des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Foto: Thomas Kunz
Trotz all der genannten Maßnahmen: Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Im Bereich Mobilität. Hier bedarf es eines umfassenden Konzepts, das auch Lösungen für fehlende Fahrradstellplätze bietet. Eine Option könnten Fahrradabstellanlagen sein, in denen die Räder mindestens zweistöckig in der Höhe aufbewahrt werden. Gleichzeitig stellen wir momentan das Mobilitätsverhalten von Angestellten und Studierenden auf den Prüfstand. Wir untersuchen die Umweltauswirkungen von Exkursionen und Dienstreisen, um diese künftig nachhaltiger zu gestalten – etwa durch Alternativen zu Flugreisen oder Maßnahmen zum CO2-Ausgleich.
Mit welchen Herausforderungen sind Sie konfrontiert?
Die Universität hat den Status eines Mieters von Landesimmobilien. Daher können wir nicht alle baulichen Maßnahmen umsetzen, die zu Verbesserungen führen würden. Das gilt zum Beispiel für die energetische Sanierung der Gebäude oder die Installation von Solaranlagen auf Dächern. Wie klima- und umweltfreundlich wir sein können, hängt zudem vom Verhalten aller Beteiligten ab. Wir geben Tipps zum Energiesparen und veranstalten Aktionen wie Fotowettbewerbe und Ratespiele, um Wissen zu vermitteln und das Bewusstsein zu schärfen. Die natürliche Fluktuation von Angestellten und Studierenden erschwert es allerdings, hier permanent den gleichen Standard zu halten oder sich zu verbessern.