Artikelaktionen

Sie sind hier: Startseite Online-Magazin vernetzen & gestalten Campus, öffne dich!

Campus, öffne dich!

Mit neuen Kommunikationsformen hat Pressesprecher Rudolf-Werner Dreier das Image der Universität Freiburg als moderne und kommunikative Einrichtung geprägt

Freiburg, 01.03.2019

Kaum jemand kennt die Albert-Ludwigs-Universität so gründlich wie Rudolf-Werner Dreier – und das nicht nur, weil er ein Buch über ihre Geschichte geschrieben hat. Als Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit und Beziehungsmanagement kommunizierte er Höhen und Tiefen der Universität, prägte ihr Image als weltoffene, moderne Einrichtung und sorgte dafür, dass dieser Ort der hellen, tiefen, schrägen und bunten Töne mit einer Stimme sprach. Für sein Engagement, mit dem er die Alumni-Arbeit in Deutschland begründete, hat ihn Rektor Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer mit der Universitätsmedaille ausgezeichnet. Ende Februar 2019 geht Dreier in den Ruhestand. Im Gespräch mit Rimma Gerenstein erzählt der Pressesprecher, wie er die universitäre Kommunikationsstrategie entwickelte, was die aktuellen Herausforderungen der Hochschulkommunikation sind und welche neuen Pfade er im Ruhestand einschlagen will.

Spaß_2018 Erstitag_540.jpg
Ein bisschen Spaß muss sein: Rudolf-Werner Dreier posiert beim Erstsemestertag mit der AbsolvEnte, dem Maskottchen der Universität Freiburg. Foto: Patrick Seeger

„Stellen Sie sich vor, die Aufzugtür geht auf, und die Universität Freiburg kommt raus. Wen sehen Sie?“ Diese Frage haben Sie im Laufe der Jahre unzähligen Personen gestellt. Ich bin neugierig, wen Sie hinter den Aufzugtüren vermuten.

Rudolf-Werner Dreier: Es ist gar nicht so einfach, sich auf ein Bild festzulegen – mit den Jahren hat sich diese Person immer wieder verändert, so wie die Universität auch. Im Jahr 2019 sehe ich dort eine Juniorprofessorin mit Tenure Track. Eine, die tough und unangepasst ist, es aber auch schätzt, an einer traditionsreichen Universität zu forschen und zu lehren.

Sie haben 1983 die Leitung der Pressestelle übernommen. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Ich stieß auf 150 Institute, professorale Fürstentümer, die nur durch die Zentralheizung miteinander verbunden waren. Auch beim Wissenschaftsministerium in Stuttgart galt die Universität als selbstzufrieden, man müsse ihr goldene Löffel hinterhertragen. Die Pressestelle bestand damals aus mir und einer Sekretärin, deren Aufgabe es zuvor gewesen war, potenzielle revolutionäre Stimmungen auf dem Campus aufzuspüren und dem Kanzler zu berichten. Sie ging mittags an die Mensa und sammelte dort alle Flyer ein. Das habe ich schnell geändert und aus dem Uni-Mitteilungsblättchen, das als Kampfblatt des Kanzlers galt und „gelbe Pest“ genannt wurde, ein echtes Informationsblatt gemacht, das die Universität als Einheit in den Mittelpunkt stellte.

Wann kam der große Wandel in der universitären Kultur?

Anfang der 1990er Jahre. Wichtig war auch die Gründung der Technischen Fakultät, und so langsam begannen die Freiburger Forscherinnen und Forscher mit der interdisziplinären Zusammenarbeit. Sie schauten über den eigenen Tellerrand und entwickelten mit den benachbarten Disziplinen neue Ideen. Und ich habe 26 Jahre auch noch die Kommunikationsabteilung des Universitätsklinikums aufgebaut und geleitet und so nach außen auch die Einheit von Universität und ihrem Klinikum zum Ausdruck gebracht.

Heute ist die Universität deutlich vernetzter, und das ist gut so. Neben den klassischen Fakultäten als Pfeiler der Universität haben sich viele interdisziplinäre Forschungszentren gebildet. Dass dies in Freiburg schon frühzeitig umgesetzt wurde, ist ein wichtiger Grund für den großen Erfolg in den nationalen und internationalen Wettbewerben. Unser aktuelles Motto „Connecting Creative Minds“ ist eine hervorragende Beschreibung des inneren, fächerübergreifenden Spirits unserer Universität.


Die Universität als fester Bestandteil der Stadt: Der von Studierenden und Doktoranden 2017 organisierte „March for Science“ in Freiburg wurde zur zweitgrößten dieser Demonstrationen in Deutschland. Foto: Sandra Meyndt

Sie haben auch das Verhältnis zwischen Universität und Stadt verändert.

Von Anfang an war es mir ein Anliegen, die Universität als festen Bestandteil der Stadt zu verankern – immerhin war sie schon damals die größte Arbeitgeberin in der Region. Sie sollte ein offener Ort der Begegnung und Diskussion werden, eine junge, dynamische, bunte Einrichtung, die sich dennoch nicht als rein regionale, sondern internationale Hochschule verstand. Das war aber nur mit der Unterstützung der vielen herausragenden Rektoren möglich, die mich immer antrieben. Kommunikation ist immer eine Aufgabe der Leitungsebene, und bei der Universitätsleitung ist auch die Hochschulkommunikation richtig verortet. Diese Unterstützung habe ich von allen Rektoren erfahren, auch und gerade von Prof. Dr. Hans-Jochen Schiewer in den letzten zehn Jahren. Dadurch konnte ich viele für deutsche Universitäten neuartige Formate erarbeiten: Jeden Sommer luden wir die Bürgerinnen und Bürger zum Rektorball ein, beim Erstsemestertag begrüßten wir die Studienanfängerinnen und -anfänger zusammen mit ihren Eltern und zeigten ihnen die Universität, zwei Wochen lang veranstalteten wir jedes Jahr die Universitätstage in der Region, bei denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Medizin, Fastnachtsbräuche, Landesgeschichte und Dialektforschung Vorträge hielten. Spätestens seit dem 550. Universitätsjubiläum ist die Universität richtig im Freiburger Bewusstsein angekommen. Und alle, die uns von außerhalb besuchen, sehen an den zentralen Einfahrten das Schild „Universitätsstadt Freiburg“. Zwei Jahre lang habe ich dafür gekämpft.

Wenn Sie sich an die vergangenen Jahrzehnte erinnern: Was waren die größten Zäsuren in der Pressearbeit und ihrem Gegenpart, dem Journalismus?

Früher haben wir die Pressemitteilungen noch per Post oder per Fax verschickt, und die erste Uni-Zeitung layoutete ich mit Desktop-Publishing selbst auf einem Computer. Die digitale Kommunikation hat alles verändert. Früher haben wir uns auf die Medien als Multiplikator für unsere Nachrichten verlassen. Heute erreichen wir die unterschiedlichen Zielgruppen – ob die Presse, die Studierenden oder die Freiburger – direkt mit unseren diversen Formaten. Das heißt, wir produzieren inzwischen direkt für den Endverbraucher. Außerdem hat sich die Medienlandschaft stark diversifiziert. Wir müssen für die unterschiedlichen Medien passgenaue Pakete vorbereiten – ein Fernsehsender zum Beispiel braucht gute Bilder, um auf ein bestimmtes Forschungsthema aufmerksam zu werden. Auch die Rolle der Medien als Korrektiv zur Pressearbeit schwindet zunehmend. Die Pressestellen der Hochschulen werden in Zukunft ihr internes Qualitätsmanagement verstärken müssen. Das ist nicht einfach: Wie sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überprüfen, ob eine Studie tatsächlich bahnbrechend ist, so wie es der Forscher XY behauptet? Doch mit solchen Herausforderungen müssen wir uns dringend auseinandersetzen. Denn Vertrauen ist das größte Gut, das wir in der Öffentlichkeit und bei den Medien haben. Dafür müssen wir kämpfen und hohe Qualitätsmaßstäbe an unsere Arbeit anlegen. Dazu müssen wir aber auch unsere eigene Organisationsform anpassen. In meiner Stabsstelle haben wir alle Kommunikationsprozesse in Form eines Newsrooms aufgebaut. So nutzen wir die jeweils geeigneten Kanäle für eine bestimmte Zielgruppe, informieren sie und binden sie an unsere Universität.


Beim Erstsemestertag lernen Studienanfänger und ihre Familien die Universität kennen. Eltern in die Kommunikationsarbeit einzubeziehen war eine der Entwicklungen in der Hochschulkommunikation, die von Freiburg ausgingen. Foto: Patrick Seeger

In den 1990er Jahren gab es eine weitere, entscheidende Neuerung: Als erste Universität in Deutschland fing Freiburg 1996 mit der Alumni-Arbeit auf breiter Basis an.

Ich hatte von den Alumni-Organisationen in den USA gehört, reiste aufgrund einer „Bleibeverhandlung“, nachdem ich wieder einmal abgeworben werden sollte, nach New York, Connecticut, Chicago und San Francisco und schaute mir an, wie die dortigen Universitäten wie Harvard, Yale oder Berkeley ihre Alumni-Arbeit betrieben. Das Konzept, das ich für Freiburg aufsetzte – ich war wohl der Erste, der den Begriff „Alumni“ in Deutschland einführte –, blieb erst einmal in der Schublade. Ich habe einige Jahre gebraucht, um das Rektorat davon zu überzeugen. Dass unsere früheren Studierenden weltweit die Alumni-Idee so begeistert aufgriffen, Alumni-Clubs gründeten und unsere Angebote so gerne nutzen, hat mich selbst überrascht. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Wenn eine Universität sich für ihre Studierenden einsetzt, etwa Feiern für ihre Absolventinnen und Absolventen organisiert oder ausgewählte Projekte mit Preisen fördert, stärkt das die Bindung der Studierenden an ihre Hochschule. Wenn sie dann später einmal im Berufsleben stehen, werden sie sich gerne an ihre Alma Mater erinnern – und bereit sein, etwas zurückzugeben. Heute stehen wir mit etwa 150.000 Alumnae und Alumni weltweit in Kontakt. In Deutschland und im Ausland laden Clubs die Ehemaligen regelmäßig zu Veranstaltungen ein, und alle zwei Jahre findet in Freiburg ein internationales Alumni-Meeting statt. Mittlerweile nehmen wir über unseren Förderverein jedes Jahr 150.000 Euro Spenden ein – und sind zum Beispiel der größte Stipendiengeber des Deutschlandstipendiums an der Universität. Die Alumni sind unsere beste Lobby.

Auch im Ruhestand wollen Sie nicht auf die Universität Freiburg verzichten, sondern werden sich als Geschäftsführer des Fördervereins Alumni Freiburg e.V. engagieren. Was sind Ihre Pläne?

Die Mitglieder haben mich im Juli 2018 beim Alumni-Meeting wieder als Geschäftsführer in den Vorstand des Alumni-Vereins gewählt. Dieses Ehrenamt übe ich nun neben dem Rektor als 1. Vorsitzenden und Dr. Dorothea Rüland als 2. Vorsitzenden aus. Da wir in der Geschäftsstelle nur eine Person beschäftigen, werde ich hier meinen Beitrag leisten. Eine Herausforderung liegt darin, dass alle Alumni-Clubs, -Chapter und -Botschafter zum Verein gehören und wir nur eine sehr „schlanke“ Verwaltung zur Betreuung aller Aufgaben haben. Dennoch wollen wir die Gründung weiterer Clubs fördern und ihre Arbeit unterstützen. Und ich erträume mir als Fernziel, dass die Albert-Ludwigs-Universität einmal in allen Ländern dieser Erde eine Alumni-Botschafterin oder einen Alumni-Botschafter haben wird, sodass unsere Studierenden, wo immer sie später einmal arbeiten, einen kompetenten und engagierten Ansprechpartner haben. Daneben gibt es noch weitere Projekte, beispielsweise aktuell Vertragsverhandlungen zu Buchveröffentlichungen, und ich werde weiterhin meinen Lehrauftrag am Zentrum für Schlüsselqualifikationen wahrnehmen. Es wird mir sicher nicht langweilig werden.

Artikel über Rudolf-Werner Dreier in der Zeitung uni’leben