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Wachstum vor der Webcam

Die Abteilungen E-Learning und Hochschuldidaktik bieten Studierenden und Lehrenden eine gute Basis für die kommenden Monate – und haben auch Tipps parat, wenn es mit der Fernlehre mal nicht perfekt klappt

Freiburg, 08.05.2020

Das digitale Lehren und Lernen hat in den vergangenen Wochen eine Raketenzündung erlebt. Im Vergleich zum Semesterstart im Vorjahr hat sich die Anzahl der bereitgestellten Videos auf der Lernplattform ILIAS vervielfacht. Doch wie sollen Lehrende und Studierende mit den neuen Gegebenheiten am besten umgehen? Dafür hat die Universität Freiburg ein breites, an die Bedürfnisse der aktuellen Situation angepasstes Portfolio erstellt: Online-Sprechstunde, Webinare und Anleitungen zu Online-Konferenzen. Judith Burggrabe hat mit Dr. Nicole Wöhrle, Leiterin der Abteilung E-Learning, und Silke Weiß, Leiterin der Abteilung Hochschuldidaktik, über die Herausforderungen gesprochen, die nun im Studienalltag anstehen.


Freiburger Lehrende haben innerhalb weniger Wochen Lehrangebote in digitale Formate übersetzt – wie zum Beispiel ein Seminar zum Thema „Sustainable Gardening“, das mithilfe von Videokonferenzen stattfindet. Foto: Sandra Meyndt

Frau Weiß, was empfehlen Sie Studierenden für die kommenden Monate?

Silke Weiß: Wichtig ist, das eigene Lernen zu strukturieren und den digitalen, asynchronen Lernformaten anzupassen. Studierende sollten sich einen guten Überblick darüber verschaffen, an welchen Veranstaltungen sie dieses Semester teilnehmen, was dafür gefragt ist und sich die Lernaufgaben entsprechend in einem Zeitplan strukturieren. Dazu gehört auch, sich bewusst zu machen, was bisher durch Präsenzveranstaltungen und von Lehrenden organisiert wurde und nun wegfällt. Ein Beispiel: Wenn der Studienplan vorgesehen hat, mittwochs von acht bis zehn Uhr in Hörsaal XY zu sitzen, fällt das jetzt zwar weg, aber die zwei Stunden Lernzeit sollten trotzdem für diese Veranstaltung eingeplant werden.

Und was raten Sie den Lehrenden?

Silke Weiß: Für Lehrende bedeutet die Umstellung auf ein digitales Semester, dass sie sich genau überlegen müssen, welche Inhalte und Aktivitäten sie sinnvoll auf digitale Lehr-Lern-Szenarien übertragen können. Dabei braucht es auch Kreativität. Manches kann nicht eins zu eins übertragen werden. Es geht nicht darum, eine Diskussion mit 30 Leuten hinzubekommen, sondern vielmehr zu analysieren, welche Funktion eine Diskussion hat und wie dieses Ziel auch anders zu erreichen ist. Eine Kleingruppendiskussion kann genauso zielführend sein und ist in der Regel technisch machbarer.

Passend dazu stellt die Abteilung E-Learning ein breites technisches Basisangebot zur Verfügung. Frau Wöhrle, was gibt es da konkret?

Nicole Wöhrle: Wir haben in den vergangenen Wochen 13 themenspezifische Webinare angeboten. Von „Wie logge ich mich bei der Lernplattform ILIAS ein und lege Kurse an?“ über „Wie vertone ich Videos und zeichne Vorlesungen auf?“ bis hin zu Tipps in der „Online-Moderation von Live-Seminaren“. Zudem haben wir Vorlagen erstellt, damit Lehrende schnell und einfach einen Einstieg in die Arbeit mit der Lernplattform finden und eine gute Grundlage haben.


Silke Weiß rät Lehrenden dazu, „Mut zur eigenen Unvollkommenheit“ zu haben und digitale Formate für ihren Unterricht auszuprobieren – auch wenn nicht alles gleich klappt. Foto: Patrick Seeger

Planen Sie weitere Webinare?

Nicole Wöhrle: Ja, wir sind dabei und schauen, welche Themen sich noch eignen und von Interesse sind. Neben weiteren Angeboten für Lehrende gab es am 29. April 2020 auch ein Webinar für Studierende. Dafür sind wir mit der Zentralen Studienberatung in Kontakt.

Welche technische Ausstattung ist notwendig, um am digitalen Angebot der Universität teilzunehmen?

Nicole Wöhrle: Ich kann nur für die Einsatzszenarien mit den zentralen universitären Systemen sprechen, die wir in unserem E-Learning-Schulungsprogramm und auch in den neu erstellten Leitfäden und Webinaren empfehlen. Hier stehen der Zugriff auf die Lernplattform ILIAS und die gelegentliche Teilnahme an Livesitzungen und Seminaren per Videokonferenz im Vordergrund. Die Anforderungen hierfür sind eine stabile und schnelle Internetverbindung, in mindestens DSL-Geschwindigkeit, sowie ein Endgerät, mit dem die Studierenden gut lernen können. Für die Teilnahme an einer Livesitzung reicht im besten Fall ein Laptop, Tablet oder Smartphone; Kamera und Mikrofon sind da in der Regel schon vorhanden. Für das Abrufen und Bearbeiten der Lernmaterialien und Videoaufzeichnungen ist ein einfacher Laptop oder ein Home-PC ausreichend.

Wie hat die Abteilung Hochschuldidaktik ihr Programm an die aktuelle Situation angepasst?

Silke Weiß: Unser erster Schritt war, eine Online-Sprechstunde für Lehrende einzurichten, in der wir die Chancen und Herausforderungen anhand individueller Lehrkonzepte besprechen. Wir arbeiten dabei auch mit Fallbeispielen aus der Praxis. Als zweiten Schritt bemühen wir uns, unser eigenes Programm auf Webinare oder Online-Kurse umzustellen. Dabei merken wir aber auch, dass sich nicht jedes Thema für eine rein digitale Realisierung eignet. Außerdem sind wir gerade dabei, einen Kurs für Studierende zum selbstgesteuerten Lernen im virtuellen Studium aufzubauen, um ihnen für das Sommersemester Hilfestellungen zu geben.


„Eine jahrhundertealte Präsenzuniversität kann sich nicht ohne Hakeleien binnen weniger Wochen in eine Online-Universität verwandeln“, sagt Nicole Wöhrle. Foto: Harald Neumann

Bereitet es Ihnen Kopfzerbrechen, dass technische Systemen nun so stark in Anspruch genommen werden?

Nicole Wöhrle: Tatsächlich haben wir, da nun alles digital abläuft, eine völlig andere Lastsituation auf unseren Systemen. Selbst bei einem normalen Semesterstart kommt es im Laufe der ersten zwei Wochen immer mal wieder zu Lastspitzen. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Technik zu verbessern und schauen, welche zusätzliche Hardware sinnvoll ist. Es ist eine Situation, vor der wir in den Webinaren bisher aber auch immer wieder gewarnt haben. Eine jahrhundertealte Präsenzuniversität kann sich nicht ohne Hakeleien binnen weniger Wochen in eine Online-Universität verwandeln.

Wie lässt sich dieses Problem abfedern?
Nicole Wöhrle:
Hilfreich ist, Live-Szenarien per Videokonferenzen auf ein Minimum zu reduzieren und zu schauen, was asynchron laufen kann. Das gesamte Material für das asynchrone Lernen, zum Beispiel die Videos und Lernaufgaben, wird über die Lernplattform ILIAS zugänglich gemacht. Dort läuft gerade vieles zusammen. Potenziell kann aber natürlich auch die Lernplattform mal ausfallen, dann wäre sie sozusagen der „Single Point of Failure“ für viele Lehrveranstaltungen. Als am 20. und 21. April 2020 viele Kurse digital starteten, kam es auch prompt kurzzeitig zu Problemen. Allerdings konnten wir diese als Fehler im Programmcode enttarnen. Es war also kein Lastproblem der Server. Wir haben das korrigiert, und seitdem läuft alles wieder gut.

Was ist denn zu tun, wenn es mal nicht so läuft wie erhofft?

Silke Weiß: Verständnis haben und Verständnis zeigen. Und zwar von beiden Seiten. Die Studierenden sind gefordert, wenn das digitale Lehrangebot mal nicht ganz optimal läuft. Sie sollten sich aber auch nicht scheuen, wenn sie ein paar Fragen mehr haben als sonst, sich mit manchen Online-Angeboten schwertun oder eine Gruppenaufgabe nicht verstanden haben. Lehrende wiederum sollten „Mut zur eigenen Unvollkommenheit“ haben und die jetzige Herausforderung als Chance betrachten, um Dinge auszuprobieren. Auch, wenn es mal schiefläuft. Das gehört dazu und ist Teil des Lernprozesses.

Webinar für Studierende

„Didaktik digital übersetzt“: Interview mit Nicole Wöhrle

Abteilung E-Learning

Abteilung Hochschuldidaktik