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Studentische Arbeiten zur Geographie des Globalen Wandels

Die Vereinten Nationen veröffentlichten eine Postergalerie als Aufmacher ihrer Homepage

Freiburg, 26.08.2021

Studierende der Geographie erlangten am Ende eines Seminars bei Prof. Dr. Rüdiger Glaser nicht nur Wissen über das Erstellen von Grafiken, sondern auch einen öffentlich sichtbaren Erfolg: Eine Postergalerie, die aus ihren Abschlussarbeiten zum Studium der „Geographie des Globalen Wandels“ entstand, hat die Aufmerksamkeit der Vereinten Nationen gefunden.

Die United Nations Convention to Combat Desertification (UNCCD), eine Abteilung der Vereinten Nationen, nutzten Poster der Geographie-Studierenden für ihre Webseite. Screenshot: unccd.int

Eigentlich hatte die Geographiestudentin Laura Quast bei der UNCCD, einer Unterabteilung der Vereinten Nationen, die sich mit der Bekämpfung von Wüstenbildung befasst, nur nachfragen wollen, ob sie das Logo der Vereinten Nationen (UN) für eine Infografik zu nachhaltigem Landmanagement in Südafrika verwenden dürfe. Die dort Zuständigen wollten jedoch zunächst prüfen, um was es sich bei dieser Arbeit handelte, waren dann allerdings von Quasts Poster so begeistert, dass sie es gleich als Aufmacher für die UNCCD-Homepage nutzten. „Nicht nur für die Studierenden ist es ein großer Motivationsschub, so eine Adresse als Referenz vorweisen zu können“, zeigt sich auch ihr Prof. Dr. Rüdiger Glaser vom Lehrstuhl für Physische Geographie angetan. „Unsere Studentinnen und Studenten machen sich immer viel Mühe mit ihren Abschlussarbeiten, haben danach aber nicht selten das Gefühl, dass ihr Einsatz irgendwie verhallt und sie nur für die Schublade gearbeitet haben. Deshalb ist es auch für die Lehre ein wichtiger Anreiz, darauf verweisen zu können, dass das, was im Studium erreicht wird, auch öffentlich sichtbar werden kann.“

Sichtbarkeit von Veröffentlichung

Trotzdem musste Glaser die Begeisterung der Studentin erstmal etwas zügeln. Denn zuvorderst musste die Vorlesung zu Ende bewertet, das Poster mit einer eindeutig zuordenbaren Kennung, dem Digital Object Identifier (DOI), versehen und in dem von der Universitätsbibliothek Freiburg (UB) bereitgestellten Publikationsformat FreiDok freigeschaltet werden – allesamt wichtige Vorgänge für nachhaltige Sichtbarkeit. „Es ist ein wichtiger Lehr- und Lerneffekt, dass wir auf dieses Prozedere verweisen, und auch darauf, dass man sich, sobald es um eine Veröffentlichung geht, mit Urheberrechtsfragen befassen muss“, sagt Glaser. „Wenn man zu einem beliebigen Thema online recherchiert, findet man unendliche Angebote, aber nicht alles ist frei lizensiert. Für eine Generation, die mit einem anderen Verständnis von digitaler Kommunikation aufgewachsen ist, ist es wichtig, das Bewusstsein dafür zu wecken.“ Außerdem sind Wissenschaftler*innen ja selbst auch auf der Urheberseite, wenn sie Grafiken erstellen oder Bücher schreiben, und möchten dann auch nicht, dass alles das ohne weiteres beliebig übernommen wird.

Und wie das Freiburger Beispiel zeigt: Respekt vor Urheberrechten schafft Kontakte und hat mitunter sogar erfreuliche Nebenwirkungen. Hätte Quast nicht nach den Nutzungsrechten für das UN-Logo gefragt, wäre ihr Poster dort unbemerkt geblieben. „Jetzt sind wir sehr froh und sehr stolz, dass dieses Format solche Aufmerksamkeit bekommen hat und auf einem Untercluster der UN tatsächlich freigeschaltet worden ist“, freut sich Glaser. „Seitdem hatte es schnell mehrere Hunderttausend Zugriffe. Es ist toll, wenn eine Einrichtung wie die UN die Qualität unserer Arbeit auf so eine Weise adelt.“

Lithiumabbau in Südamerika oder Wasserkrise in London: Im „Global Change Poster Explorer“ können sich Nutzer*innen über verschiedene Aspekte des Globalen Wandels informieren. Screenshot: Global Change Poster Explorer

Geovisualisierung ist ein Freiburger Schwerpunkt

Der Erfolg dieses einen Posters darf durchaus als Erfolg der ganzen Postergalerie zum Globalen Wandel gewertet werden, auf die von der UN-Seite mit einem Link hingewiesen wurde. Die Poster liefern Information über verschiedene Themen wie den Lithiumabbau in Südamerika oder die Wasserkrise in London. Die hohe Qualität der Poster hat damit zu tun, dass es an der Freiburger Fakultät einen Schwerpunkt Geovisualisierung gibt. „Ein Spezifikum der Geographie ist, dass wir nach wie vor sehr viel mit Karten und Abbildungen machen“, sagt Glaser. „Geoinformationssysteme sind ein wichtiges Werkzeug geworden, aber auch alle anderen Formen der Visualisierung.“  „Zu lernen, wie man didaktisch vereinfacht, verknappt und trotzdem die inhaltliche Richtigkeit hervorhebt, ist tatsächlich ein Charakteristikum der Geografie“, sagt Glaser. „Dabei haben wir festgestellt, dass gerade das Entwerfen von Postern ein sehr kreatives und sehr gut antizipierendes Abschlussformat ist. Für Nachwuchswissenschaftler*innen ist es oft der erste Ritterschlag, dass sie auf Tagungen und Kongressen ein Poster zu ihrem Thema vorstellen dürfen.“ Glaser, der selbst Mitglied einer Kommission zur Bewertung von Postergalerien war, hat sich die dabei entwickelten Kriterien auch für die Lehre zu eigen gemacht. Sie lauten: Look at me. Read me. Ask me. „Es muss ein Aufmacher sein, der durch Text, durch Farbe, ein Bild oder ein Motto auf sich aufmerksam macht. Dann will man es natürlich lesen, man nähert sich schaut sich das an. Und dann soll es nicht so schließend sein, dass man wie bei einem Artikel ein Summary bekommt, sondern dass man beginnt zu kommunizieren“, sagt Glaser. „Das haben wirfür uns im Team auch zum Prinzip erhoben.“

Digitale Postergalerie als Open Science

Dieses Prinzip wurde in einem Mastermodul getestet und zwar gleich so erfolgreich, dass der Doktorand Michael Kahle, der die nötigen Programmierfähigkeiten mitbrachte, die Idee zu einer digitalen Postergalerie weiterentwickelte. Kahle hat auch die für die FreiDok-Publikation über die UB nötigen Fertigkeiten vermittelt und diese koordiniert. „Denn es ist ja auch sehr wichtig, dass die Studierenden sehen, dass sie da etwas schaffen können, das in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und zitierfähig ist“, sagt Glaser. Alles, was in diesem Rahmen entsteht, wird damit auch als Open Science unter einer Creative Common Lizenz zur Verfügung gestellt. „Von der Idee sind wir sehr überzeugt“, sagt Glaser. „Wir sind mit dem Themenkanon Globaler Wandel sehr im Hier und Heute und legen sehr viel Wert auf die Vermittlung. Es gibt keine Abschlussarbeit, in der nicht auch das Visualisierungselement eingefordert und bewertet wird. Es wird in den Seminaren immer wieder geübt und trainiert, das ist ein wichtiger kognitiver Strang in der Geografie. Und wir sind froh, dass die UB den Rahmen bietet, die Ergebnisse unserer Bemühung angemessen zu präsentieren.“

Jürgen Reuß