Münzen neu entdecken
Freiburg, 06.07.2017
Die Landesinitiative „Kleine Fächer“ des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) fördert Fächer mit geringer Studierendenzahl oder wenig Universitätsstandorten. Ziel ist, die Leistungsfähigkeit der Fächer zu sichern. Im Bereich Lehre werden drei Freiburger Projekte mit einer Laufzeit von zwei Jahren gefördert. Julia Dannehl hat mit den Initiatorinnen und Initiatoren gesprochen und stellt die Vorhaben in einer Serie vor.
Münzsammlungen ermöglichen Aussagen von großer Reichweite – etwa darüber, wie sich das Wirtschaftsleben entwickelt hat. Foto: Ingeborg F. Lehmann
Das Numismatik-Projekt „Objekt – Digitalisat – Bedeutung“ von Seminar für Alte Geschichte wird von Prof. Dr. Peter Eich und Prof. Dr. Sitta von Reden betreut. Ziel ist die Anpassung der Münzkunde an die Anforderungen und Möglichkeiten der digitalen Geisteswissenschaften. Die Initiative „Kleine Fächer“ fördert das Vorhaben mit circa 133.000 Euro.
Herr Eich, inwiefern können wir bei der Alten Geschichte von einem kleinen Fach sprechen?
Peter Eich: Das Seminar für Alte Geschichte ist Teil des großen Verbundes Geschichte. Insofern wird hier ein Teilbereich herausgegriffen, der für sich genommen vergleichsweise geringe Studierendenzahlen aufweist. Gerade die Numismatik führt in den Lehrplänen eine eher randständige Existenz, insofern handelt es sich hier einerseits um einen kleinen Fachbereich und andererseits um eine förderungsbedürftige Grundlagenwissenschaft.
Wieso ist die Numismatik wichtig für die Geschichtswissenschaft?
Münzen stellen vor allem in der Alten Geschichte wichtige Quellen dar. Sie liefern uns Zugänge zu den unterschiedlichsten Bereichen, weil sie Aussagemöglichkeiten kombinieren: Es gibt Text und Bild auf Vorder- und Rückseite. Speziell römische Prägungen geben uns einen Einblick in den spektakulären Bildreichtum, den es in der Antike gegeben hat und den wir meistens leider nicht mehr greifen können. Die Bilder und Texte beruhen auf Ereignissen, die für die Menschen von höchster Bedeutung gewesen sind. Häufig helfen uns Münzen zeitliche Abstände abzugleichen. Manchmal liefern sie feste Daten.
Also erzählt jede Münze eine Geschichte?
Einzelne besondere Münzen können Aufmerksamkeit auf sich ziehen und man kann anhand eines Exemplars Geschichten auch sehr plastisch erzählen. Aber richtig interessant wird es erst, wenn sie in einer größeren Zahl vorliegen. Sammlungen ermöglichen es uns, zu Aussagen von großer Reichweite zu gelangen.
Peter Eich will die Münzsammlung der Universität digitalisieren – und sie damit anderen Forschungseinrichtungen zugänglich machen. Foto: Ingeborg F. Lehmann
Welche Aussagen können das sein?
Wir können verfolgen, wie sich Münzen verbreitet haben. Das gibt uns Aufschluss darüber, wer Münzen genutzt hat und wo beispielsweise ein Heer entlanggezogen ist. Das wiederum lässt wirtschaftsgeschichtliche Aussagen zu. Auch aus den verwendeten Metallen lassen sich Aussagen über das Wirtschaftsleben der Zeit ableiten. Wir sehen beispielsweise wie römische Kaiser mit den vorhandenen Edelmetallvorräten haushalten mussten, um ihre Ausgaben zu bestreiten. Interessant ist auch, in welchem Umfang Goldmünzen geprägt wurden. Goldmünzen haben natürlich eine ganz andere Kaufkraft als Münzen aus Bronze.
Für das Projekt soll die gesamte Freiburger Sammlung digitalisiert werden. Warum ist das wichtig?
Unsere Münzen werden so über die Räume der Universität hinaus sichtbar. Dadurch wird die Sammlung in größerem Maße und auch für Historikerinnen und Historiker, die sich nicht in Freiburg befinden, wissenschaftlich nutzbar. Die Informationen in der Datenbank, die verwendeten Zeichen und Abkürzungen sind genormt und daher einheitlich mit den Informationen zu anderen Sammlungen. Das ist für die Wissenschaft enorm wichtig. Früher hatten wir oft mit Verständigungsproblemen und unterschiedlich gebrauchten Zeichen zu kämpfen.
Welche Vorteile hat das Projekt für Studierende?
Wir bieten sowohl für Bachelor- als auch für Masterstudierende Seminare an, in denen sie numismatische Fähigkeiten erlangen. Gleichzeitig lernen sie aber auch mit Datenbanken umzugehen. Wir verbinden also eine historische Grundwissenschaft mit dem Erwerb digitaler Kenntnisse. Aber nicht nur Studierende und Forschende, sondern auch andere Interessierte profitieren von dem Projekt. Externe haben die Möglichkeit, ein Praktikum zur Datenbankpflege bei uns zu absolvieren. Außerdem gehen wir mit den Münzen an Schulen und versuchen, Schülerinnen und Schülern die Schritte von der Münze zu Geschichten und von dort zur Geschichtswissenschaft zu vermitteln.