Mit ein paar Klicks zum Bootcamp
Freiburg, 25.11.2020
Die organische Chemie ist ein Kernbereich aller Lebenswissenschaften und ein wichtiger Grundstein – nicht nur für das Studium der Chemie, sondern unter anderem auch für das Studium der Biologie, der Molekularen Medizin und der pharmazeutischen Wissenschaften. Ein Team hat eine digitale Lehrplattform erarbeitet, mit der Studienanfängerinnen und Studienanfänger Kenntnisse erwerben, vertiefen und prüfen können.
Helium, Sodium, Nickel: Das Periodensystem gehört zu den Grundlagen der organischen Chemie. Foto: AlexlMx/stock.adobe.com
Unabhängig davon, mit welchen Vorstellungen Studierende in ein Biologiestudium starten, werden sie von Beginn an mit der unausweichlichen Tatsache konfrontiert, dass es sich um eine Naturwissenschaft handelt. Neben der Mathematik gehört besonders die organische Chemie zum Kernbereich aller Lebenswissenschaften. Nun ist aber gerade die organische Chemie von jeher ein sehr schwieriges Thema für Biologinnen und Biologen, wie sich Dr. Janina Kirsch von der Fakultät für Biologie noch gut aus ihrer eigenen Studienzeit erinnern kann: „Viele scheitern sogar daran. Aber das finden wir schade, denn auch wenn vielen Studienanfängern die Chemie zu abstrakt ist, kann man das alles durchaus lernen.“
Kirsch gehört nicht zu denen, die es beim Bedauern belassen. Sie hat kurzerhand zusammen mit Prof. Dr. Birgit Esser vom Institut für Organische Chemie und Prof. Dr. Eckhard Bartsch vom Institut für Physikalische Chemie ein „Chemie-Bootcamp“ für die Lehrplattform „Kompetenzorientierte Online-Selbstlernangebote für Mathematik, Interkulturalität und Chemie“, kurz kosmic, organisiert. Die E-Learning-Module für organische Chemie (OC) sind bereits seit einiger Zeit online, ein entsprechendes Angebot für physikalische Chemie ist in Vorbereitung.
Das Periodensystem in Blautönen
Der Einstieg ins Bootcamp OC ist extrem niederschwellig und beglückt auch Laien von Beginn an mit Aha-Erlebnissen. Das Periodensystem: drei verschiedene Blautöne, und man sieht auf einen Blick, um welche Verbindungen es im Folgenden sehr häufig, häufig, selten oder gar nicht gehen wird. Diese Niederschwelligkeit ist gewollt, denn „vielen fehlt das Vorwissen aus der Schule“, so Esser. Das hat sie im Laufe ihrer Lehrtätigkeit festgestellt. Deshalb stellt der Sprung von der Schule an die Universität für viele angehende Studierende eine große Schwierigkeit dar. „Unsere Idee war, die Leute schon vor Beginn der Vorlesungen darauf vorzubereiten“, sagt Esser. An dieser Stelle setzt das Bootcamp an. Der Online-Kurs OC steht allen Interessierten offen. Nach einem einfachen Anmeldeverfahren kann man gleich in die Übungen einsteigen, die man benötigt, und sie in einem individuellen Zeitfenster erledigen. Auf seine Antworten erhält man ein direktes, automatisiertes Feedback.
Das Angebot wird gut genutzt. Es haben sich sogar deutlich mehr Teilnehmende für das Bootcamp registriert, als an der entsprechenden Vorlesung in organischer Chemie teilnehmen. „Das bedeutet, dass wir auch andere Interessierte haben, die unser Angebot nutzen“, freut sich Manuela Kugler, die für die Erstellung der E-Learning-Materialien für die Plattform zuständig ist. Kugler kann das Interesse auch mit ersten Zahlen belegen: „Von denjenigen, die eine Klausur geschrieben haben, haben 67 Prozent das E-Learning-Angebot aktiv genutzt, und von knapp 30 Befragten fanden 100 Prozent das Angebot sinnvoll und wünschen eine Fortführung. 86 Prozent wünschen sich sogar eine Erweiterung.“
Auszeichnung mit dem Lehrentwicklungspreis
Und die Studierenden selbst? Sie bestätigen, was Kuglers Zahlen andeuten. „Super Übungsangebot für OC-Laien“, meint Philipp Sander. Auch seine Kommilitonin Nadja Herrmann ist angetan: „Es macht das Lernen abwechslungsreicher.“ Und Helene Hackenbroch ergänzt: „So etwas fehlt mir oft im Studium. Die Tests mit einer direkten Rückmeldung haben mir viel gebracht, da man seinen Fehler direkt gesehen und erklärt bekommen hat.“ Luft nach oben bleibt trotzdem immer. Manche finden, dass sich der Kurs „technisch noch etwas optimieren ließe“ oder „einige Funktionen noch etwas aufpoliert werden müssten“. In welche Richtung die Verbesserungsvorschläge gehen, bringt Lorenz Ahle auf den Punkt: „Das Schwierigkeitsniveau war teilweise noch zu niedrig. Gerne mehr Auswahlmöglichkeiten in dem Punkt!“
2019 wurde das Chemie-Bootcamp übrigens mit dem Instructional Development Award, dem mit 70.000 Euro dotierten Lehrentwicklungspreis der Universität Freiburg, ausgezeichnet. Die Rückmeldungen der Studierenden bestätigen: Das kommt nicht von ungefähr.
Jürgen Reuß