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Man staune und höre

Wie in einer Wunderkammer standen bisher rund 40 Exponate des Uniseums nebeneinander – Studierende setzen sie per Audioguide in einen Kontext

Freiburg, 26.03.2018

Man staune und höre

Foto: Klaus Polkowski

Steindrachen aus Burma, antike Instrumente zur Vermessung von Winkeln und ein bronzener Mini-Zeus aus dem 16. Jahrhundert, der einen Blitz schleudert: Im „Kabinett des Staunens“ im Uniseum der Universität Freiburg finden sich gut 40 Exponate – von ethnologischen Objekten über physikalische Instrumente bis hin zu Kunstgegenständen. Mit selbst erarbeiteten Audioguides informieren Studierende die Besucherinnen und Besucher über die Geschichte der Ausstellungsstücke.

Gut gebrüllt: Die Steindrachen stammen aus Burma.
Foto: Klaus Polkowski

„Die Objekte lassen die Vielfalt früherer wissenschaftlicher Sammlungen der Universität Freiburg aufscheinen“, sagt Angela Witt-Meral, Kuratorin des Uniseums. „Ihre Zusammenstellung greift das Konzept der Wunderkammer auf.“ Sozusagen ein kleines Museum im Museum. Die Historikerin betreut seit 2016 das auf drei Jahre angelegte Projekt „Forschendes Lernen“, und für das Wintersemester 2017/18 hatte sie sich vorgenommen, das Kabinett gemeinsam mit Studierenden zu überarbeiten. Was bisher fehlte, ist eine Kontextualisierung der Exponate. Sie stehen, dem Wunderkammer-Gedanken geschuldet, ohne große Ein- und Zuordnung in sechs Vitrinen nebeneinander – kuriose, wertvolle, manchmal auch verstörende Objekte. Lediglich Informationen zu Materialien und Entstehungszeit haben Besucherinnen und Besucher bislang erhalten.

Fernrohr, Vermessungsinstrumente und Standuhr erinnern an das Kabinett eines Welterkunders.
Foto: Klaus Polkowski

Diskutieren und neu organisieren

Im Laufe des Wintersemesters haben sich knapp 30 Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen darangemacht, diese Lücke zu schließen, und zwar akustisch. Das Team hat etwa 40 Infotexte zu den Exponaten des Kabinetts verfasst und daraus einen Audioguide zusammengestellt. Neben Witt-Meral gehören Prof. Dr. Sylvia Paletschek vom Historischen Seminar, der Ethnologieprofessor Gregor Dobler und der Medienpädagoge Matthias Baumann zu den Lehrenden.

„Die Studierenden haben relativ schnell die Arbeit in insgesamt sieben Gruppen organisiert und dabei auf verschiedene Medien zurückgegriffen wie Dokumentationen der Sammlung oder Sekundärliteratur“, berichtet Dobler. Auch bei dem einen oder anderen Museum haben sie angerufen, um zusätzliche Informationen zu beschaffen. Eine Gruppe war für den Einführungstext zuständig, die anderen jeweils für eine der sechs Vitrinen. Die Texte präsentierten die Teams im Plenum, diskutierten sie und arbeiteten das Feedback ein. „Das ging hin und her und hat sogar dazu geführt, dass wir eine Umgestaltung der Vitrinen diskutiert haben“, so Witt-Meral. Im Anschluss an das Seminar wurden zum Beispiel menschliche Überreste, die bisher Teil der Ausstellung waren, aus den Vitrinen entfernt.

Neue Namen, neue Ansätze

Marie Vetter, die Liberal Arts and Sciences am University College Freiburg studiert, findet es „überaus spannend, dass unser Wissen und unsere Arbeit hier gleich eine praktische Anwendung erfahren“. Auch ihre Kommilitonin Lea Sayer, die Geschichte studiert, gefällt, dass sie in die Museumsarbeit hineinschnuppern konnte: „Und Texte für die Öffentlichkeit zu schreiben ist motivierender, als Hausarbeiten zu verfassen, die irgendwo in der Kiste landen.“ Elisabeth Schmitz, ebenfalls angehende Historikerin, fügt hinzu: „Ich studiere seit 2013 in Freiburg. Das ist das erste derartige Angebot, das mir aufgefallen ist.“ Im Vergleich zu der Arbeit nach den üblicherweise eng getakteten Studienplänen empfanden alle Teilnehmenden diese Art zu arbeiten als befreiend. „Je mehr wir uns damit beschäftigt haben, umso mehr Mosaiksteine sind aufgetaucht: neue Namen, neue Ansätze. Und so hat sich nach und nach ein Bild zusammengesetzt“, schildert der Geschichtsstudent Sven Zepf seine Erfahrungen.

Kuratorin Angela Witt-Meral schätzt das Projekt der Studierenden: „Die Arbeit des Seminars bedeutet auch einen Mehrwert für das Uniseum.“
Foto: Klaus Polkowski

Die medientechnische Sitzung zur Vorbereitung auf die Aufnahme der Audioguides empfanden die Studierenden als regelrechte Gratwanderung zwischen dem Komplexitätsanspruch der Wissenschaft und den Anforderungen populärer Vermittlung. Trotzdem war für alle das Einsprechen der Höhepunkt. „Wir haben in so kurzer Zeit selbst etwas produziert und vollendet“, resümiert Lea Sayer. Das sieht auch Angela Witt-Meral so: „Die Arbeit des Seminars bedeutet auch einen Mehrwert für das Uniseum.“

 

Alexander Ochs

 

Uniseum der Universität Freiburg