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Auf Umwegen zum Ziel

In Workshops lernen Studierende, mit Zweifeln umzugehen und gute Entscheidungen zu treffen

Freiburg, 04.12.2018

Auf Umwegen zum Ziel

Foto: WoGi/Fotolia

Zweifel gehören zur Wissenschaft. Für viele Studierende gehören sie aber auch zu ihrem Studium – und können zu grundsätzlichen, auch krisenhaften Fragen führen: Ist die Universität das Richtige für mich? Soll ich mein Fach wechseln? Was ist mir in meinem Studium und später im Beruf wichtig? Wie Antworten darauf aussehen könnten, ist Thema des Workshops „Weiter geht‘s!? Vom Studienzweifel zu einer guten Entscheidung“, den die Zentrale Studienberatung der Universität Freiburg an vier Abenden im Dezember 2018 und Januar 2019 veranstaltet.

Lerneffekt mit Schlenkern: Ein Ziel lässt sich auch auf Umwegen erreichen.
Foto: WoGi/Fotolia

„Es geht darum, Zweifel am eigenen Studium nicht als Scheitern zu betrachten, sondern als eine wichtige, vielleicht sogar interessante Situation, die man gestalten muss“, sagt Dr. Friedrich Arndt. Der Politikwissenschaftler leitet die Zentrale Studienberatung der Universität Freiburg. Natürlich könne es krisenhaft sein, wenn man sich etwas vorgenommen hat und dann das Gefühl bekommt, es nicht zu schaffen – egal aufgrund welcher inneren oder äußeren Umstände. „Aber dann stellt sich die Frage: Was mache ich jetzt damit?“ In dem Angebot der Studienberatung sollen Studierende Strategien hierfür lernen. Ein Studium vermittele nicht nur Inhalte, sondern solle auch der Persönlichkeitsentwicklung dienen, sagt Arndt – dafür könne es produktiv sein, sich mit Zweifeln, Unsicherheiten und Veränderungen zu befassen: „Vermutlich wird es nicht das letzte Mal in ihrem Leben sein, dass die Studierenden sich fragen: Was passiert jetzt mit mir, wie soll ich mich entscheiden?“

Hier setzt der Workshop an: Er ist keine Vorlesung, sondern soll den Studierenden dabei helfen, sich selbst mit ihren Studienzweifeln zu beschäftigen und gute Entscheidungen zu treffen. Die vier jeweils dreistündigen Abende seien „recht intensiv“, sagt Arndt; jeder Abend hat ein eigenes Thema: Zum Auftakt geht es um eine Standortbestimmung, also wesentlich um die Frage, worin die aktuelle Unzufriedenheit besteht. Der zweite Abend ist einem Rückblick gewidmet – auch den guten Erfahrungen und Lernerlebnissen, die das Studium bisher trotz der aktuellen Zweifel geboten hat.

Eine Matrix sorgt für Überblick

„Wer bin ich, und was kann ich gut?“, ist die darauf aufbauende Leitfrage des dritten Abends, bevor es in der Abschlusssitzung darum geht, konkrete Strategien zur Entscheidungsfindung einzuüben. „Dabei kommen Tools zum Einsatz, die auch im Coaching eingesetzt werden, wie etwa eine komplexe Entscheidungsmatrix“, sagt Arndt. In diese tragen die Studierenden ihre Ziele, Stärken und Interessen ein. Solche Instrumente könnten helfen, die eignen Kriterien zu überprüfen und zu gewichten: „Es macht Spaß, damit zu spielen“, sagt Arndt – und helfe bei der Entscheidungsfindung. Wichtig für den gesamten Workshop sei die Arbeit in der Gruppe: „Der Austausch zeigt, dass Studienzweifel normal sind – und es ist hilfreich, sich im Spiegel der anderen zu sehen.“

Der Workshop findet ab Dezember 2018 zum fünften Mal statt, „er ist erprobt und die Rückmeldungen sind sehr positiv“, sagt Arndt. Finanziert wird er mit Landesmitteln für das Projekt „Fokus erstes Studienjahr“, teilnehmen können aber Studierende aller Semester und Fächer.

Zweifel können eine Krise hervorrufen – bei den Workshops lernen die Studierenden Techniken, damit umzugehen. Foto: Niklas Hamann/Unsplash

Abbrecher antworten

„Die Zahlen belegen, dass es wirklich einen Bedarf für ein solches Angebot gibt“, sagt Natalie Boros. Die Psychologin hat zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Qualitätsmanagement Studium und Lehre der Universität Freiburg untersucht, warum Studierende ihren Studiengang ohne Abschluss verlassen – sei es, um die Hochschule oder das Fach zu wechseln oder um das Studium ganz abzubrechen. Die so genannte Abbruchquote liegt an deutschen Universitäten und auch in Freiburg im Bachelorstudium bei immerhin rund 30 Prozent.

Besonders häufig werfen Studierende in den ersten beiden Semestern ihr Studium hin. „Die Gründe waren laut unserer Befragung hauptsächlich die nicht erfüllten Erwartungen ans Studium und zu wenig Orientierung“, sagt Boros. Hierfür sei der Studienbeginn oft die entscheidende Phase. Ebenfalls häufig sei als Grund genannt worden, dass der Bezug zu Praxis und Beruf fehle.

Boros betont, dass die Gründe, das Studium aufzugeben, vielfältig sind. Auch familiäre Probleme oder persönliche Gründe wie eine Krankheit können eine Rolle spielen. „Und an die spannendste Gruppe von Abbrecherinnen und Abbrechern kommen wir möglicherweise gar nicht heran, weil Frustration und Ärger bei einigen unter Umständen so stark sind, dass sie auch nicht an unseren Befragungen teilnehmen möchten.“ Grundsätzlich seien die Ergebnisse ihrer Studie aber ein Ansporn für die Universität, Studierende noch besser und transparenter über ihr Studium zu beraten – vor und nach dessen Beginn.

Selbstkompetenz entwickeln

Dazu gebe es inzwischen eine Vielzahl von Angeboten, sagt Arndt: von Veranstaltungen für Schulklassen über Informationen zu „alternativen Karrierewegen“, die die Universität zum Beispiel gemeinsam mit Unternehmen, der Agentur für Arbeit, der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer vermittelt, bis hin zu Seminaren zu Prüfungsstress oder Studienorganisation sowie Einzelberatungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops zu Studienzweifeln wählen schließlich ganz unterschiedliche Wege, hat Arndt beobachtet: „Viele entscheiden sich für einen Fachwechsel, manche beenden ihr Studium ohne Abschluss – und manche bringen es zu Ende, aber weil sie sich ihre Zweifel klar gemacht haben, studieren sie danach anders.“

Der Workshop gebe keine Richtung vor, sagt Arndt, es gehe darum, zu einer Entscheidung zu gelangen, die zu einem persönlich passe. „Wenn zum Beispiel ein Student mit seinem Mathestudium nicht so gut klarkommt, wie er dachte, aber bei der Fachschaftsarbeit gemerkt hat, dass er gut und gerne organisiert, kann vielleicht ein Wechsel zu einem BWL-Studium für ihn genau das Richtige sein.“ Das herauszufinden, nennt Arndt „Selbstkompetenz“. Eines gelte für alle: „Es entspricht dem Ideal einer die persönliche Entwicklung fördernden Universität, auch Umwege zu gehen.“

Thomas Goebel

 

Der Workshop „Weiter geht's!? – Vom Studienzweifel zu einer guten Entscheidung“ findet ab dem 11. Dezember 2018 immer dienstags von 18 bis 21 Uhr im Service Center Studium, Sedanstraße 6 statt. Die einzelnen Abende bauen aufeinander auf und können nur als Gesamtpaket besucht werden. Das Angebot richtet sich an alle Studierende.

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