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Göttin, Tänzerin und Tochter aus gutem Hause

Vier Terrakottafiguren zeigen Frauengestalten aus vergangenen Jahrtausenden – ein Stifter hat sie der Archäologischen Sammlung überlassen

Freiburg, 24.05.2018

Göttin, Tänzerin und Tochter aus gutem Hause

Foto: Patrick Seeger

Immer mal wieder finden Objekte aus vergangenen Zeiten in Form eines Geschenks den Weg in die Archäologische Sammlung der Universität Freiburg. Nicht selten handelt es sich um wertvolle Stücke. Eine Serie stellt die schönsten und ungewöhnlichsten Neuzugänge vor. Diesmal: vier Frauenfiguren aus Ton.


Die antiken Frauengestalten werden künftig einen Platz in den Vitrinen der Archäologischen Sammlung finden, wo die Besucher sie bewundern können. Foto: Patrick Seeger

Sie stammen aus unterschiedlichen Regionen und haben verschiedenen Zwecken gedient. Was sie verbindet, ist das Material: Alle vier sind Terrakotten, also aus Ton geformte und gebrannte Figuren. Sie kamen 2014 als Schenkung in die Archäologische Sammlung. „Wir haben nur wenige Figuren aus Ton. Deshalb habe ich keine Sekunde lang gezögert, das Geschenk anzunehmen, für das ich dem Stifter überaus dankbar bin“, sagt Dr. Jens-Arne Dickmann, Kurator der Archäologischen Sammlung. Der Stifter, ein Arzt im Ruhestand, hat die kleinen Figuren nicht selbst gesammelt – sie stammen aus seinem Familienbesitz.

Gabe an eine Göttin

Die vermutlich älteste Statuette zeigt eine Frau, die auf einem thronähnlichen Stuhl sitzt. „Sie ist im 6. Jahrhundert vor Christus entstanden. Ob sie ionischen Ursprungs ist, wie ich vermute, also von den Küstengebieten Westkleinasiens stammt, muss ich erst noch überprüfen“, erklärt Dickmann. „Vielleicht stellt die Figur eine Gottheit dar, es könnte sich also um eine Votivgabe an die abgebildete Göttin handeln.“ Aus einer ähnlichen Zeit ist die Büste einer Frau in zeremonieller Tracht. „Das Stück dürfte aus Unteritalien stammen. Möglicherweise ist ebenfalls eine Gottheit dargestellt. Kulturell ist die Figur durch die griechische Kolonisation geprägt.“. Sie weist Spuren starker Beschädigung und mehrere Brüche auf. Fehlende Teile wurden nur notdürftig ersetzt. Aus späthellenistischer Zeit, also aus dem 2. oder 1. Jahrhundert vor Christus, wiederum stammt wohl die Statuette einer Tänzerin in einem Röckchen und mit hochgebundenem Haar. Die linke Hand fehlt, der rechte Arm weist einen Bruch auf. Dickmann nimmt an, dass das Stück myrinäischen Ursprungs ist. In hellenistischer Zeit wurden in der Stadt Myrina an der Nordwestküste Kleinasiens charakteristische Terrakottastatuetten hergestellt, wie sie Archäologinnen und Archäologen später in der Nekropole, der Begräbnisstätte der Stadt fanden.

Aus gutem Hause

Starke Beschädigungen weist auch die wohl jüngste Statuette auf. Die Figur einer sitzenden jungen Frau datiert Dickmann in das 2. oder 1. Jahrhundert vor Christus. Er vermutet, dass sie im ostmediterranen Raum hergestellt wurde. „Ein sehr schönes Stück von hoher Qualität. Die Frau hat ein fein geschnittenes Gesicht und eine sorgfältig modellierte Frisur. Auch das Gewand ist handwerklich sehr ordentlich gearbeitet.“. Es handele sich wahrscheinlich um die Darstellung einer Städterin und Angehörigen einer besser gestellten Familie, wie der Mantel und das Untergewand – ein so genannter Chiton – vermuten ließen. „Für eine Göttin wäre das eine sehr untypische Gewandung.“ Anders als Gefäße seien diese Objekte für Zeichenübungen nicht geeignet, dazu brächten Archäologen heute kaum noch das entsprechende Geschick und die nötige Erfahrung mit. „Aber als Objekte zur Datierungs- und Herkunftsbestimmung lassen sie sich bestens verwenden“, erklärt Dickmann. „Da in unserer Sammlung nur sehr wenige Terrakotten vorhanden sind, werden sie nach der derzeit laufenden Neuordnung der Vitrinen in der Sammlung ausgestellt. Zumindest jene Stücke, die nicht erst restauriert werden müssen.“

Hans-Dieter Fronz

 

Archäologische Sammlung der Universität Freiburg