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Warme Welt

Verschiedene Kulturen gehen unterschiedlich mit Hitze um – ein Ausflug in heiße Gegenden der Erde

Freiburg, 15.08.2017

Warme Welt

Foto: Detailblick-Foto/Fotolia

In Indonesien fährt man Motorrad, statt sich auf dem Fahrrad abzustrampeln, im Iran verlässt man sich bei hohen Temperaturen auf kühlende Windtürme, in der Zentralsahara setzt man auf Gebäude aus Lehm, und in Amazonien greift man zu Maniokbier, um den Durst zu löschen: Verschiedene Länder gehen auf unterschiedliche Art und Weise mit Hitze um. Eine kleine Reise in wärmere Gefilde – und drei Institute der Universität Freiburg.

Foto: Detailblick-Foto/Fotolia

 

Südostasien: Fahrtwind auf dem Motorrad

In Indonesien kaufen alle, die es sich leisten können, ein Motorrad oder einen Roller, um schnell und bequem von einem Ort zum anderen zu kommen. Da kühlt der Fahrtwind, und man hetzt sich nicht wie beim Fahrradfahren ab, sagt Prof. Dr. Judith Schlehe vom Institut für Ethnologie. „Generell sind die Menschen in Indonesien auch seltener in Eile, sie pflegen eher eine gemütliche Gangart." Obwohl in Südostasien viel höhere Temperaturen als in Deutschland vorherrschen, klagen Schlehes indonesische Doktorandinnen und Doktoranden über die Freiburger Hitze in Häusern und in Gebäuden der Universität. „Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass in indonesischen Städten die öffentlichen Gebäude größtenteils mit Klimaanlagen ausgestattet sind", erklärt die Ethnologin. Übrigens fanden Schlehes indonesische Studierende in einem Lehrforschungsprojekt zum Thema „Kleidung und Wetter" zu ihrem Erstaunen heraus, dass Deutsche sich je nach Jahreszeit in unterschiedlichen Farben kleiden. So könne man hier ab August in den Läden sehen, wie die farbenfrohe Sommerkollektion der dunkleren Herbst- und Wintermode weiche. In Ländern wie Indonesien, in denen es zwar Trocken- und Regenzeit, aber keine jahreszeitbedingten Temperaturunterschiede gibt, käme niemand auf solche Ideen.

Mit dem Roller unterwegs: schnell von A nach B kommen, ohne sich anzustrengen.
Foto: Dihetbo/Fotolia

 

Zentralasien: Natürliche Klimaanlagen

Auch in Isfahan, Freiburgs Partnerstadt im Iran, ist es in den Sommermonaten deutlich heißer als in Süddeutschland. In Zentralasien existieren keine Jahreszeiten: Aufgrund des kontinentalen Klimas ist es entweder trocken heiß oder trocken kalt. „In den Sommermonaten ist es für die Bewohnerinnen und Bewohner daher besonders wichtig, ihren Körper vor der hohen Sonneneinstrahlung durch lange, luftige Kleidung zu schützen", erklärt Prof. Dr. Tim Epkenhans vom Orientalischen Seminar. Auch architektonisch weiß man mit der Hitze umzugehen. „Die Windtürme, die auf den Gebäuden thronen, wirken wie eine natürliche Klimaanlage", sagt Epkenhans. Die Türme stammen aus der traditionellen persischen Architektur. Sie fangen Windbrisen ein, die die Raumtemperatur an heißen Tagen senken und in der kühlen Nacht erhöhen. Die Lehmmauern tragen zusätzlich dazu bei, die Temperatur auszugleichen.


Windtürme halten die Gebäude tagsüber kühl und spenden nachts Wärme.
Foto: Thomas Leonhardy/Fotolia

 

Zentralsahara: Den Kopf umhüllt

Auf Lehm als Baustoff wird auch in afrikanischen Ländern gesetzt – Häuser und auch Moscheen werden aus dem Material errichtet. „Sie haben nur wenige Fensteröffnungen und zeigen meistens in die Innenhöfe", beschreibt Prof. Dr. Rüdiger Glaser vom Institut für Physische Geographie die Bauten. Als er auf einer Expedition in den 1980er Jahren gemeinsam mit seinen Studierenden die Zentralsahara durchquerte, fiel ihm vor allem auf, was für ein kostbares Gut Wasser ist. „Wir mussten täglich fünf Liter trinken und wurden von entgegenkommenden Reisenden oft um eine Wasserspende gebeten." Neben dem vielen Trinken war auch der Sonnenschutz durch eine Ganzkörperbedeckung wichtig. „Die kurzen Hosen haben wir schnell gegen bedeckende Kleidung getauscht. Einige von uns umhüllten schließlich auch den ganzen Kopf, wie wir das auch bei den einheimischen Tuareg gesehen hatten." Trotz Hitzeschutz meiden auch die Einheimischen die pralle Mittagssonne und nutzen stattdessen die Nacht sowie die frühmorgendlichen Stunden. In der Sahara sinken die Temperaturen nachts auf 20 bis 25 Grad Celsius. „Wir empfanden es regelrecht als kühl, sodass wir Pullover trugen", erinnert sich Glaser. „Sogar die Kinder hatten morgens Rollkragenpullover an."

Die in der Zentralsahara einheimischen Tuareg umhüllen den Kopf, um sich vor Sonne, Sand und Wind zu schützen.
Foto: Quickshooting/Fotolia

Amazonien: Maniokbier löscht den Durst

Die Nacht zum Tag machen: So handhaben es auch die Menschen in Amazonien. „Da beginnt der Tag schon um vier Uhr morgens. Solange es noch dunkel ist, frühstückt man und bespricht organisatorische Dinge. Bei Sonnenaufgang beginnt dann der Arbeitstag", sagt Juniorprofessorin Dr. Anna Meiser vom Institut für Ethnologie. Nachmittags wird eine Ruhezeit eingelegt, und nach der Arbeit trifft man sich mit Familie und Freunden zur Abkühlung am Fluss. „Der Tagesablauf wird dem Wetter angepasst", resümiert Meiser. Amazonien hat aufgrund des tropischen Klimas eine ausgeglichene warme Durchschnittstemperatur ohne starke Hitzewellen. Klimagerechte Architektur findet sich beispielsweise in den traditionellen Dörfern im Regenwald. Die bis zu acht Meter hohen Hütten sind mit einem Palisadenzaun und Laubdach ausgestattet. „Die Luftzirkulation und die Wärmeregulierung funktionieren in diesen Bauten sehr gut", sagt die Ethnologin. Und im Gegensatz zu Deutschland trinken Menschen aus dem Amazonasgebiet nur selten reines Wasser, um ihren Durst zu löschen. Stattdessen greifen sie gerne zu Tee und Bananensud. Aber auch das proteinhaltige und somit sättigende Maniokbier ist ein beliebtes Getränk.

Die traditionellen Bauten im amazonischen Regenwald haben eine gute Luftzirkulation und Wärmeregulierung.
Foto: Guentermanaus/Fotolia


Emilie Häberle