Schöner wohnen
Freiburg, 30.03.2017
20.000 Legosteine und 300 Stunden Arbeitszeit: Die Freiburger Geschichtsstudenten Oliver Isensee und Kevin Walter haben die Villa urbana in Heitersheim nachgebaut. Interessierte können das architektonische Werk im Minimaßstab ab dem 1. April 2017 im Museum bewundern.
Architekten mit Sinn für Feinmotorik: Oliver Isensee (links) und Kevin Walter haben sieben Monate lang die Römervilla aus Legosteinen nachgebaut. Fotos: Jürgen Gocke
Die antike Villa mit der luxuriösen Ausstattung und dem weitläufigen Park dient ihnen oft als Ausflugsziel, wenn Besuch in den Süden kommt: Die zwei Freiburger Geschichtsstudenten Oliver Isensee und Kevin Walter haben das Römermuseum in Heitersheim mit der Villa urbana schon einige Male besichtigt. Vergangenen August hatten die beiden einen Einfall: Wäre es nicht toll, wenn man Geschichte interaktiv und zum Miterleben gestalten könnte? Und die vertraute Villa das Modell wäre? Walter, ein erfahrener Modellbauer, lieferte die Idee für die Bausubstanz: Lego.
Zuerst ging es ans Abfotografieren eines Kunststoffmodells aus dem Museum, woraus die beiden Studenten eine virtuelle Vorlage erstellt haben, die ihnen als Anleitung diente. Isensee und Walter bauten die Villa an zwei Wochenenden zusammen; Freundinnen und Freunde und ein paar Nachbarn packten mit an. Mit den knapp 20.000 Steinen haben sie es geschafft, das Zierwasserbecken, die Säulen, Mauern, Gänge und die verschiedenen Zimmer darzustellen.
Gebaut mit Spenden
Nur den Keller unter dem Pavillon, der sich hinter der Villa befindet, haben sie nicht nachgebildet. „Sonst hätten wir das Modell höher bauen müssen, und das wäre ein deutlicher Mehraufwand gewesen. Außerdem hätte es die Kosten in die Höhe getrieben", erklärt Walter. Apropos Finanzen: 1.900 Euro hat das Projekt „Public BRICKstory" bis jetzt gekostet; schätzungsweise 1.000 Euro kommen für die geplante Ausgestaltung der Innenräume hinzu –römische Liegen, Wandvertäfelungen und Mosaikfußböden. Finanziert wurde es aus Spenden von einem Stammtisch von Unternehmern aus der Region, dem Chlausdig-Stammtisch, dem Heitersheimer Bürgermeister Martin Löffler, der Historischen Gesellschaft und Zuschüssen aus dem privaten Umfeld.
Spielerisch lernen
Nun müssen die beiden Bauer die Legovilla aber erst noch einmal auseinandernehmen, um sie aus Isensees Wohnung in Pfaffenweiler ins Museum „Villa Urbana" zu transportieren. Dort werden unter anderem Schulklassen die Räume des Modells gestalten und dabei historisches Wissen über das Innenleben einer Römervilla oder die römische Religion erwerben. Damit geht Isensees und Walters Wunsch in Erfüllung: Sie ermöglichen es allen Interessierten, Geschichte anders zu erleben und aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. „Natürlich sollen die Besucherinnen und Besucher – mit einer gewissen Vorsicht – auch mit dem Modell spielen können. Lego ist nun mal ein Spielzeug, und wir wollen ihm diesen Charakter nicht aberkennen", sagt Isensee.
Mini-Meisterwerk im Museum
Angeschaut und angefasst werden kann das Legomodell vom 1. April 2017 bis zum 31. Oktober 2018 im Keller des Römermuseums in der Villa urbana. „Es ist schön, dass wir unser erstes Projekt, das uns mehr oder weniger als Experimentierfeld diente, so gut umsetzen konnten", resümiert Walter. „Wie sich das Ganze weiterentwickelt, hängt aber auch davon ab, wie die Besucher auf das Modell reagieren." Nach der Ausstellung werden die Studenten die Villa wieder auseinanderbauen und die Teile womöglich schon wieder für ein neues Bauvorhaben verwenden.
Mariella Hutt
Villa urbana
Die Villa urbana ist Teil des heutigen Römer-Parks, der zwischen 30 nach Christus bis circa 275 nach Christus Wohnsitz eines Gutsherren war. Die Anlage umfasste neben einem luxuriösen Wohnbereich und einem Areal für Landwirtschaft und Handwerk auch einen parkähnlichen Garten. Dort, wo das Haupthaus stand, wurde das heutige Römermuseum erbaut, in dem Besucherinnen und Besucher rekonstruierte Teile des Wohnhauses, ein Zierwasserbecken mit Brunnenfigur, Teile eines Mosaikbodens oder alltägliche Gegenstände aus der Römerzeit bestaunen können.
Virtueller Rundgang durch die Römervilla
Vorne am Gebäude befinden sich der Säulengang, genannt Porticus, der Balkon und das Hauptgeschoss der Villa, das dem Gutsherren früher als Wohnbereich diente. Der Balkon und die Porticus sind auf den Zufahrtsweg zum Anwesen hin ausgerichtet. Vom Balkon aus ließ sich das gesamte davor liegende Areal überblicken. Im Vordergrund (rechts) befindet sich der Sportplatz, genannt Palaestra, der von einer Umfassungs- und Schuttmauer umgeben ist.
Der von Säulen gesäumte und überdachte Umgang umfasst das Zierbecken zu drei Seiten. Es befindet sich auf der Rückseite der Villa, zwischen Nord- und Südflügel, und hat eine Verbindungstür zur Haupthalle, die für Empfänge genutzt wurde.
Links sieht man das Badehaus, das das Sanitär- und Hygienegebäude der Anlage war. Geradeaus ist der Südflügel, in dem sich im zweiten Obergeschoss die Gästequartiere, die einen gemeinsamen Balkon in Richtung Palaestra haben, befinden.
Bei schönem Wetter wurde der außenliegende Speisebereich des Pavillons genutzt.
Im Inneren des Südflügels kann man das erste und zweite Geschoss sehen – die Zwischendecke fehlt allerdings noch. In Workshops sollen Schulklassen die Innenräume mit Möbeln versehen und das Modell noch lebensechter machen.