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Rückenwind mit Running Mates

Ein neues Programm unterstützt Studierende aus nicht akademischen Haushalten

Freiburg, 03.07.2019

Wie beantrage ich BAföG, wo kann ich mich zum Studium beraten lassen, wie bewerbe ich mich um ein Zimmer im Wohnheim und wie für ein Auslandsstudium? Das sind Fragen, die viele Studieninteressierte beschäftigen. Besonders schwer fällt der Start an der Hochschule, wenn die Eltern selbst nicht studiert haben und ihren Kindern nicht unterstützend zur Seite stehen können. Das neue Projekt „Running Mates“ der Universität Freiburg möchte Erstsemestern den Studienbeginn erleichtern.

Tipps und Tricks für den Studienalltag: Im Programm Running Mates teilen Studierende höherer Semester ihr Wissen mit ihren Kommilitonen. Foto: András Wekler

Dass sich Erstakademikerinnen und Erstakademiker – also Studierende, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben – oft von den Hürden des Studiums abschrecken lassen, zeigt eine Studie des Hochschul-Bildungs-Reports des Stifterverbands: Demnach machen von 100 Nichtakademikerkindern 15 einen Bachelorabschluss, unter Akademikerkindern sind es 63. Auch Kassandra Friedrichs kennt als Erstakademikerin diese Situation. Ihre Mutter ist medizinisch-technische Assistentin in der Radiologie, ihr Vater Lackierermeister, und sie studiert Liberal Arts and Sciences im sechsten Semester am University College Freiburg der Albert-Ludwigs-Universität. Dass sie studieren wollte, war für Friedrichs schon als Kind klar. „Meine Mutter hat meinen Wunsch zu studieren schon immer unterstützt. Als es dann an die konkreten Sachen wie Studienwahl, Bewerbung, BAföG-Antrag oder die Suche nach einem Wohnheimplatz ging, konnte sie mir allerdings nicht helfen.“

Wie Kassandra Friedrichs geht es vielen Studierenden aus nicht akademischen Haushalten. Mit dem Projekt Running Mates will die Universität Freiburg ihnen den Studienstart erleichtern. Die Idee: Erstakademiker im höheren Semester, im Programm Multiplikatorinnen und Multiplikatoren genannt, geben ihr persönliches und fachliches Wissen an ihre jüngeren Kommilitoninnen und Kommilitonen weiter. Die Multiplikatoren erhalten eine Schulung vor Programmbeginn, geben den Studienanfängern ihre Kenntnisse rund um die Universität weiter und sind die Informationsquelle, die das Elternhaus nicht bieten kann. Darüber hinaus gibt es im Programm die Möglichkeit, an verschiedenen Workshops und Vernetzungsveranstaltungen teilzunehmen – all das kostenlos.

Keine Angst vor Rückschlägen

Simone Judith Fesenmeier, ebenfalls Erstakademikerin, arbeitet in der Abteilung Lehrentwicklung der Universität und ist für die Projektkoordination verantwortlich. „Mit unserem Programm wollen wir Nichtakademikerkinder, die ihren Weg bereits in die Universität gefunden haben, bei ihrem weiteren Karriereweg unterstützen“, sagt Fesenmeier. „Wir möchten ihnen helfen, das eventuell auftretende Gefühl des Fremdseins an der Universität abzubauen.“ Friedrichs kann dies bestätigen: „Am Anfang hatte ich oft das Gefühl, nicht reinzupassen und wusste nicht, woran das lag.“ Dann stieß sie auf ArbeiterKind.de, eine Initiative, die sich für Studierende aus nicht akademischen Haushalten einsetzt. „Da habe ich gemerkt, dass es nicht an mir liegt, sondern an meinem Hintergrund.“

Die Studentin will anderen helfen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Ab Oktober 2019 wird sie sich als Multiplikatorin bei Running Mates engagieren. Ihrer Partnerin oder ihrem Partner möchte sie vor allem dazu raten, sich im Studienalltag oder bei der Bewerbung um Stipendien nicht entmutigen zu lassen. „Es hat mir gefehlt, dass jemand einfach mal sagt: ‚Lass dich nicht unterkriegen‘“, erzählt sie. Auch wie man mit dem Arbeitspensum an der Universität zu Recht kommen kann, ist für Friedrichs ein wichtiges Thema. „Da war ich am Anfang überfordert, und ich kann für mein Studienfach gute Tipps geben.“

Multiplikatoren gesucht

Aktuell sucht Fesenmeier Studierende, die ab Oktober Erstsemester begleiten wollen. „Wir möchten, dass Tipps und Hilfe von Studierenden zu Studierenden weitergegeben und vermittelt werden.“ Die Teams stellt Fesenmeier nach bestimmten Kriterien zusammen. Wichtig sei, dass sich die Erfahrungen der Multiplikatoren mit den Erwartungen der Erstsemester überschneiden. Auch ein gemeinsames Studienfach erleichtere den Teams den Austausch. Einen ersten Erfolg kann Fesenmeier schon vermelden: Das Programm hat den „Innovationspreis Lehre 2019“ der Freiburger Studierendenvertretung gewonnen.

Lara Wehler

 

Mitmachen

Das Programm „Running Mates“ steht Studierenden aller Fachrichtungen offen. Wer sich als Multiplikatorin oder Multiplikator engagieren möchte, kann sich online anmelden.

Die Schulung für Multiplikatoren findet am 9. Oktober 2019 von 14 bis 18 Uhr statt. Die Auftaktveranstaltung ist am 23. Oktober von 18 bis 19.30 Uhr. Am 11. Dezember 2019 findet die Abschlussveranstaltung des Projekts statt, ebenfalls von 18 bis 19.30 Uhr. Zwischen diesen Terminen treffen sich Multiplikatoren und Erstsemester individuell, und sie können an verschiedenen Vernetzungsveranstaltungen und Workshops teilnehmen. Alle Studierenden erhalten nach Abschluss des Projekts ein Zertifikat für ihre aktive Teilnahme.

Running Mates