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Die letzte Lücke schließen

Ein Wettbewerb zeichnete Ideen zur Reduzierung von Abfall an der Universität und in den Wohnheimen aus

Freiburg, 02.03.2021

Eine Wurmkiste, die aus dem anfallenden Biomüll wertvolle Erde gewinnt, und ein Plan zur Umstellung aller an der Universität eingesetzten Zellstoffartikel auf 100-prozentiges Recyclingmaterial: Diese zwei Projekte gehören zu den Gewinnern in einem Wettbewerb. Ende 2020 haben die Universität Freiburg und das Studierendenwerk Freiburg-Schwarzwald Studierende aufgefordert, ihre Ideen zur Reduzierung und Vermeidung von Abfall einzureichen. 


Die Universität Freiburg verwendet etwa 90 Prozent Recyclingpapier – dabei hilft auch die Papierpresse. Foto: Patrick Seeger

Bei manchen Dingen würde man denken: Gibt es längst. Das gilt zum Beispiel für die Annahme, dass sich alle Abteilungen der Universität Freiburg verpflichten, ausschließlich Zellstoffprodukte aus Recyclingmaterial zu verwenden. Gibt es? Bislang leider nicht. Das wunderte auch Manuel Hoffmann, ausgebildeter Kinderkrankenpfleger und derzeit Medizinstudent an der Albert-Ludwigs-Universität. Hoffmann interessiert sich seit Langem für Holzwirtschaft und ihre ökologischen Folgen. Als er im vergangenen November von einem Wettbewerb im Rahmen der Europäischen Woche der Abfallvermeidung erfuhr, reichte er ein Abstract zur „konsequenten Umstellung aller Zellstoffartikel auf 100 % Recyclingmaterial“ ein. „Nur der vollständige Wechsel schont die Umwelt wirklich und trägt dazu bei, dass in Südamerika weniger Eukalyptusplantagen anstelle von Regenwald entstehen und Europas letzte Urwälder bestehen bleiben“, sagt Hoffmann. Natürlich weiß er, dass Recycling Geld kostet. „Aber diese Umstellung ist bitter nötig und kann positiv kommuniziert werden.“ Der 30-Jährige wurde für seinen Vorschlag nun mit dem ersten Preis in der Kategorie „Universität“ ausgezeichnet. Das bringt Bewegung in die Sache.

Der Blaue Engel steht hoch im Kurs

Das wiederum freut Lora Gyuzeleva, Nachhaltigkeitsmanagerin der Universität, die den Ideenwettbewerb mit organisierte: „So gelingt es uns hoffentlich, hier in absehbarer Zeit die letzte Lücke zu schließen.“ Die Umstellung auf Recyclingpapier hat an der Universität Freiburg eine lange Geschichte. Sie begann 2006 und wurde schnell ein Erfolg. Nach einem Jahr lag die Recyclingquote bereits bei 50 Prozent, 2008 bei 74 Prozent – und der absolute Papierverbrauch sank Jahr für Jahr. Seither hat das Projekt jedoch an Fahrt verloren. Heute, schätzt Gyuzeleva, liege der Anteil des mit dem Blauen Engel zertifizierten Recyclingpapiers an der Universität bei 90 Prozent. Das bedeutet, dass nach wie vor Bäume für die Produktion von jährlich etwa acht Tonnen Papier und Zellstoff abgeholzt werden. Verschmerzbar? Nicht, wenn man sich vorstellt, dass dieser Rohstoff für Wegwerfservietten oder Klopapier statt aus Brasilien aus dem Schwarzwald stammen würde. „Da wäre der Aufschrei sicher groß“, sagt Hoffmann.

Lora Gyuzeleva und Manuel Hoffmann werden nun gemeinsam mit dem Arbeitskreis Nachhaltige Universität diskutieren, wie sich seine Idee umsetzen lässt. Die Initiative für den Wettbewerb zur Müllvermeidung an der Universität und in den Wohnheimen kam von Studierenden des Masterprogramms Environmental Governance. Partnerorganisationen waren neben der Stabsstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit der Zero-Waste-Laden Glaskiste und das Studierendenwerk Freiburg-Schwarzwald (SWFR). Dass die Mehrzahl der eingereichten Ideen den vom SWFR verwalteten Bereich der Wohnheime betraf, wundert Gyuzeleva nicht: „Das Potenzial der Müllvermeidung ist im privaten Umfeld groß und die Umsetzung oft unkompliziert machbar.“

Schmatzende Würmer

In dieser Kategorie ging der erste Preis an Lena Wallstein und Emma Gasafi, die beide erst seit Herbst 2020 in Freiburg studieren, aber schon beim Einzug in ihre Wohnheim-WG erstaunt feststellten, dass es aufgrund wiederholter Probleme mit Ratten und Ungeziefer keine Möglichkeit gab, Biomüll anders als in der Restmülltonne zu entsorgen. Das wollten Wallstein und Gasafi ändern.

Nach intensiver Recherche stießen sie auf die Wurmkiste „als saubere Möglichkeit, das Restmüllaufkommen zu verringern und aus dem anfallenden Biomüll wertvolle Erde zu gewinnen“. Erzeugt wird diese von schmatzenden Kompostwürmern, die sich durch rohe Gemüseabfälle fressen und dabei Humus produzieren, der sich zum Beispiel für Zimmerpflanzen nutzen lässt. Beim Selbstbau solcher Wurmkisten ist der Fantasie keine Grenze gesetzt: Manche verwenden ausrangierte Paletten, andere alte Autoreifen. Wallstein und Gasafi sind derzeit mit dem Studierendenwerk im Gespräch, um herauszufinden, wie sich ihre Idee möglichst effektiv umsetzen ließe. Eine Einladung zur Mitwirkung an einem Workshop zum Thema Kompostierung haben sie bereits erhalten. Mit insgesamt 20 Einreichungen sei der Ideenwettbewerb ein voller Erfolg gewesen, findet Lora Gyuzeleva. Für die Nachhaltigkeitsmanagerin ist das Grund genug, eine mögliche nächste Runde ins Auge zu fassen.

Dietrich Roeschmann

 

Nachhaltige Universität Freiburg

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