„Blutspenden ist eine soziale Verpflichtung"
Freiburg, 13.06.2017
2004 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Weltblutspendetag ausgerufen. Zu Ehren von Karl Landsteiner, dem Entdecker des Blutgruppen-Systems „AB0", erinnern an diesem Datum weltweit Aktionen daran, wie lebenswichtig das Spenden von Blut ist. Das Universitätsklinikum Freiburg veranstaltet vom 12.06. bis 17.06.2017 eine Aktionswoche rund um das Thema. Sonja Seidel hat mit Dr. Markus Umhau, Ärztlicher Leiter der Blutspendezentrale am Universitätsklinikum, über Verwendungszwecke und den Bedarf an Spenden in Freiburg gesprochen.
Foto: Caro Winker
Herr Umhau, warum ist es wichtig, Blut zu spenden?
Markus Umhau: Die heutige Medizin mit all ihren Behandlungsmöglichkeiten kann nur existieren, wenn es genug Menschen gibt, die Blut spenden. Jeder von uns profitiert früher oder später von den medizinischen Errungenschaften und ist auch mal auf eine Bluttransfusion angewiesen, beispielsweise bei einer Operation. Man kann die Blutversorgung im Grunde mit der Rente vergleichen. In Deutschland kommen arbeitende Menschen für diejenigen im Ruhestand auf. Genauso sollten kranke Menschen von denjenigen versorgt werden, die gesund sind. Blutspenden ist genau genommen eine soziale Verpflichtung. Und man sollte nicht vergessen: Mit keiner Maßnahme lässt sich so einfach Leben retten wie mit dem Blutspenden.
„Mit keiner Maßnahme lässt sich so einfach Leben retten wie mit dem Blutspenden", sagt Dr. Markus Umhau vom Universitätsklinikum Freiburg. Foto: Patrick Seeger
Wie viel Spenderinnen und Spender gibt es denn in Freiburg und der Region?
Derzeit haben wir etwa 15.000 Spender und kommen auf 32.000 Entnahmen pro Jahr. Das heißt, jeder Spender kommt im Durchschnitt zweimal im Jahr zu uns. Natürlich gibt es auch Menschen, die öfter zu uns kommen – Männer dürfen schließlich alle zwei Monate, Frauen alle drei Monate spenden. Bei seltenen Blutgruppen wie 0 Rhesus Negativ kommt es aber schon einmal zu Engpässen, sodass wir andere Spendendienste um Hilfe bitten müssen.
Wofür wird das Blut verwendet?
Ein großer Teil wird in der Krebsbehandlung verwendet. Wenn Patientinnen und Patienten eine Chemotherapie bekommen, werden nicht nur die Zellen des Tumors zerstört, sondern auch das Knochenmark. Und das bedeutet, dass die Blutbildung überhaupt nicht mehr funktioniert. Bis sich das Knochenmark wieder erholt hat, müssen die Patienten mit Fremdblut versorgt werden – das kann über Monate der Fall sein. Außerdem kommt das Blut bei großen Operationen, bei Transplantationen und Unfallverletzten zum Einsatz.
Was passiert direkt nach der Spende mit dem Blut?
Das Blut wird zunächst untersucht, um sicherzustellen, dass der Spender auch vollkommen gesund ist und wir ein sicheres Produkt haben. Dann wird es weiter verarbeitet: Man spaltet das Blut in seine Komponenten und stellt aus ihnen einzelne Konzentrate her. Die Erythrozyten, also die roten Blutkörperchen, und die Thrombozyten, die Blutplättchen, kommen direkt bei Patienten zum Einsatz. Die sogenannten Leukozyten müssen herausgefiltert werden, da sie unter anderem die Lagerfähigkeit der Blutzellen beeinträchtigen. Blutplasma muss zunächst für mindestens vier Monate gelagert werden. Erst wenn durch eine erneute Spende und einen Test festgestellt wurde, dass das Plasma infektionsfrei ist, kann es den Patienten verabreicht werden. Ein Teil des Blutplasmas geht außerdem an die Industrie, die weitere medizinische Produkte daraus herstellt. Dafür braucht es aber immer eine Blutspende als Ausgangsstoff.
Menschliches Blut ist also bisher in der medizinischen Versorgung alternativlos?
Definitiv. Es ist zwar gelungen, im Labor in ganz kleinen Mengen Blutbestandteile aus Stammzellen zu züchten. Aber diese Versuche sind weit weg davon, dass man Blut im großen Maßstab künstlich herstellen kann. Es ist ein so komplexer Stoff, hat viele Bestandteile – das kann man nicht so einfach nachmachen.
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Grafik: Universitätsklinikum Freiburg