Intervention als Aufgabe
Freiburg, 07.12.2017
Heinrich Böll bei einer Pressekonferenz 1981. Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F062164-0004 / Hoffmann, Harald / CC-BY-SA 3.0
Den Nobelpreis für Literatur erhielt Heinrich Böll 1972. „Doch trotz dieser großen Auszeichnung wirkt Bölls Haltung als politischer Autor und öffentlicher Intellektueller stärker nach als sein eigentliches literarisches Werk“, sagt Dr. Christopher Meid, Literaturwissenschaftler von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dabei lasse sich gerade aufgrund der politischen Krisen der letzten Jahre – Terrorismus, Arabischer Frühling, Brexit – ein verstärktes Interesse an Böll beobachten: Sein Verständnis dafür, wie ein Schriftsteller zu agieren habe, sei aktueller denn je. „Namhafte Autorinnen und Autoren wie Eva Menasse, Maxim Biller oder Ilja Trojanow sehen wie Böll die Intervention als ihre Aufgabe an.“ Daraus spreche die Idee, dass sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller ähnlich wie Böll deutlich vernehmbar in aktuelle Debatten einmischen sollten.
Diese Betonung des politischen Böll solle aber nicht den Blick auf den Literaten verstellen. Nicht zuletzt gelte es einen großen Satiriker wiederzuentdecken, der geradezu seismographisch auf die politischen und sozialen Debatten jener Jahre reagiert habe. „Bölls Romane sind nicht zuletzt ein Sittenbild der Bundesrepublik.“ Dabei passte Böll seinen Stil zunehmend seinen Absichten an. „Waren Bölls frühe Werke kunstvoll komponiert und von einer starken Symbolik geprägt, wurden die späteren Texte explizierter, politischer und schnörkelloser.“ Zu seinem 100. Geburtstag gelte es sowohl einen streitbaren Geist als auch einen Autor von Rang neu zu entdecken.
Dr. Christopher Meid ist Literaturwissenschaftler am Deutschen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem politische Literatur der Aufklärung und des 20. Jahrhunderts.
Dr. Christopher Meid
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