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Klonen und Gentechnik

20. Geburtstag von Schaf „Dolly“: Ethiker Joachim Boldt erläutert, welche Möglichkeiten die Gentechnik heute bietet und welche Fragen sich dadurch stellen

Freiburg, 30.06.2016

Klonen und Gentechnik

Neue Gentechnologien ermöglichen zum Beispiel, DNA-Sequenzen zielgerichtet in ein Genom einzufügen. Bild: © Gernot Krautberger / Fotolia

Am 5. Juli 1996 kam in Schottland das erste geklonte Säugetier zur Welt. Seit der Geburt des Schafs „Dolly“ haben sich Technologien zum Eingreifen in die DNA fortentwickelt: „Die heutigen Gentechnologien eröffnen neue Optionen, die weit über das hinausgehen, was das vergleichsweise simple Klonen ermöglicht“, sagt der Freiburger Ethiker Privatdozent Dr. Joachim Boldt. „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spekulieren bereits über die Möglichkeiten, nicht nur Krankheiten zu heilen, sondern zum Bespiel auch das menschliche Immunsystem so zu verbessern, dass Viren oder Bakterien es nicht mehr überwinden können.“ Die neuen Technologien würden immer mehr ethische Fragen aufwerfen, so Boldt: „Können wir es wollen, zum Gestalter unserer ganzen genetischen Identität zu werden? Gibt es einen Wert unserer Herkunft aus einer ‚natürlichen Lotterie‘?“


Das Lesen von DNA, das so genannte Sequenzieren, sei schneller und billiger geworden. Außerdem könnten Forschende inzwischen lange Genomsequenzen aus chemischen Grundbausteinen im Labor herstellen. „Neue Genome-Editing-Technologie wie CRISPR/Cas ermöglichen ein zielgerichtetes und einfaches Einfügen von DNA-Sequenzen in ein Genom“, erläutert Boldt. Dies schaffe neue Optionen: „Bakterien könnten mit synthetischen Genomen ausgestattet werden, die effizient nützliche Stoffe produzieren, zum Beispiel Energieträger wie Ethanol.“ Beim Menschen könnten somatische Gentherapien bei genetisch bedingten Krankheiten erfolgreich sein. Diese seien bislang oft an unerwünschten Nebenwirkungen gescheitert. „CRISPR/Cas verspricht da Besserung. Sollten sich die Hoffnungen bestätigen, wären technisch gesehen auch Eingriffe in die Keimbahn denkbar.“ Dann würde nicht nur das Genom des einzelnen kranken Menschen verändert, sondern auch das seiner Nachkommen.


Joachim Boldt forscht am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Albert-Ludwigs-Universität und ist Mitglied des Freiburger Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ethik der synthetischen Biologie und ethische Fragen zur technologischen Verbesserung menschlicher Fähigkeiten.
 

Interview mit Joachim Boldt zum Thema "Synthetische Biologie" im Magazin uni’leben:
www.pr2.uni-freiburg.de/publikationen/unileben/unileben-2013-6/page1.html#/2

Artikel über Joachim Boldt und Audio-Interview im Portal Surprising Science:
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/surprisingscience/wissenschaftundkunst/Synthetische%20Biologie/synthetischebiologie