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„Bayern geht für die CSU immer vor“

Politikwissenschaftler Sebastian Jäckle über die aktuelle Lage der CSU und ihre Protagonisten Seehofer, Söder und Dobrindt

Freiburg, 04.07.2018

„Bayern geht für die CSU immer vor“

Quelle: bht2000/Fotolia

Die Luft für Horst Seehofer wird in Berlin und in Bayern immer dünner. „Auch wenn Seehofer nun nach der in letzter Minute erzielten Einigung zwischen CDU und CSU erst einmal im Amt bleibt, geht er aus dem Konflikt mit Kanzlerin Angela Merkel doch sichtlich geschwächt heraus“, sagt  Politikwissenschaftler Dr. Sebastian Jäckle von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Die nun präsentierte Kompromisslösung zeige sich bei genauerem Hinsehen als ein bereits im Jahr 2015 diskutiertes und letztlich damals von der SPD abgelehntes Konzept der Transitzonen. Ob die Sozialdemokraten heute – in Zeiten, in denen deutlich weniger Flüchtlinge ankommen als 2015 – diesem Konzept zustimmen, sei fraglich. „Auch die nötigen Absprachen mit den Nachbarländern, allen voran Österreich, sind alles andere als in trockenen Tüchern“, betont Jäckle.

Horst Seehofer stehe weiterhin mit dem Rücken zur Wand. Auch wenn er in einer 180-Grad-Kehrtwende von seinem bereits angekündigten Rücktritt wieder zurückgetreten sei, bleibe ihm mittelfristig wohl keine andere Wahl, als sich aus der Politik zurückzuziehen. „Allerdings ist es gut möglich, dass Seehofer und die CSU zunächst vor der im Oktober 2018 anstehenden Landtagswahl in Bayern versuchen werden, Ruhe in die Politik zu bringen.“ Letztlich bleibe ihm jedoch nur der Rücktritt, denn er werde nicht mehr genug Autorität aufbauen, um sich im Amt halten zu können.

Die Zuspitzung des Konflikts sei in Teilen auf das offensichtlich schon seit längerem zerrüttete persönliche Verhältnis zwischen Merkel und Seehofer zurückzuführen. Zudem spiele auch die komplizierte Situation in Bayern, vor allem die mit Seehofers Dauerrivalen Markus Söder, eine große Rolle. Ministerpräsident Söder habe den Bundesinnenminister mit in diese missliche Lage gedrängt. „Seehofer wäre sicher nicht so hart aufgetreten, wenn Söder ihm eine andere Wahl gelassen hätte.“ Nun müsse die CSU versuchen, eine halbwegs gesichtswahrende Lösung zu finden. Denn selbst wenn die CSU-Bundestagsfraktion und in Teilen auch Abgeordnete der CDU noch hinter Seehofer stehen, dürfte das mediale Hin und Her mit der jetzigen Lösung eines aufgewärmten alten Beschlusses nicht dazu beitragen, Seehofers Position nachhaltig zu stützen.

„In Bayern hat Seehofer den Machtkampf gegen Söder bereits verloren, als er diesen im März 2018 nicht als Ministerpräsidenten verhindern konnte.“ Eine Exit-Option für ihn könne nach Ansicht Jäckles folgendermaßen aussehen: Seehofer bleibt noch einige Monate Innenminister und CSU-Vorsitzender, leitet aber schon jetzt einen geordneten Übergang zu einem ihm genehmen Nachfolger ein. Der Konflikt mit Söder stehe hier sicherlich im Vordergrund. „Markus Söder als CSU-Vorsitzenden zu verhindern steht bei Seehofer weit oben auf der Agenda.“

Mögliche Kandidaten für das Amt des Innenministers könnten Alexander Dobrindt oder Manfred Weber sein. Söder werde hingegen auf jeden Fall in Bayern bleiben und versuchen, den CSU-Vorsitz zu bekommen. „Hier unterscheiden sich Seehofer und Söder in keiner Weise von ehemaligen CSU-Größen wie Franz Josef Strauß oder Edmund Stoiber. Für sie alle galt, dass es keine wichtigere Position als die des bayerischen Ministerpräsidenten gibt und diese möglichst in Personalunion mit dem CSU-Vorsitz stehen sollte, denn Bayern geht für die CSU immer vor.“

Dr. Sebastian Jäckle ist Politikwissenschaftler und Akademischer Rat an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Zu seinen Forschungsinteressen gehören unter anderem die Methoden der Politikwissenschaft, politische Eliten, Effekte des Aussehens bei Wahlen und rechtsmotivierte Gewalttaten.



Dr. Sebastian Jäckle


Seminar für Wissenschaftliche Politik
Werthmannstr. 12, 79085 Freiburg

Tel.: +49 (0) 761/203-9368
E-Mail: sebastian.jaeckle@politik.uni-freiburg.de

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