Pflanzen- und Tierwelt bewahren
Freiburg, 28.11.2016
Eingeschleppte Ratten können durch direkten Fraß von Eiern und Jungvögeln verheerende Schäden unter Vogelpopulationen anrichten. Foto: © kichigin19 / Fotolia
Habitatverlust, Klimawandel, Ausbreitung eingewanderter Tier- und Pflanzenarten: Diese und weitere Einflüsse bedrohen die globale Biodiversität. „Allen Anzeichen nach reichen aktuelle Bemühungen wie beispielsweise die Errichtung von Naturschutzgebieten nicht aus, um den Verlust der Tier- und Pflanzenwelt aufzuhalten“, sagt Prof. Dr. Gernot Segelbacher von der Professur für Wildtierökologie und Wildtiermanagement der Universität Freiburg. Er ruft deshalb gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen dazu auf, die Kooperation von Naturschützern und Synthetischen Biologen zu intensivieren. „Der Einsatz von genetischen Methoden, wie sie die Synthetische Biologie bereitstellt, birgt großes Potenzial für den Erhalt der Artenvielfalt“, sagt der Naturschutzbiologe.
Die Synthetische Biologie nutzt Werkzeuge zur Modifikation des Erbguts, um biologische Systeme mit neuen Eigenschaften zu entwickeln. Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den genetischen Code bedrohter Arten verändern, können diese etwa resistenter gegenüber Schädlingen oder Krankheiten werden sowie ihre Reproduktionsfähigkeit stabilisieren – und damit ihre Überlebenschance erhöhen. Auch eingewanderte Spezies, die einheimische Arten verdrängen, könnten auf diese Weise zahlenmäßig reduziert oder in ihrer schädlichen Wirkung abgeschwächt werden. So kann die genetische Veränderung zur Unfruchtbarkeit von eingeschleppten Ratten oder Mäusen dazu führen, dass sie auf Inseln aussterben, wo sie durch direkten Fraß von Eiern und Jungvögeln verheerende Schäden unter der heimischen Vogelpopulation anrichten.
Bislang überwiegen bei vielen Umweltschützerinnen und Umweltschützern die Vorbehalte gegenüber der Veränderung des genetischen Codes von Organismen als mögliche Lösung im Kampf um den Erhalt der weltweiten Biodiversität. Dies beruhe jedoch größtenteils auf einem mangelnden Verständnis von Technologien der Synthetischen Biologie, so Segelbacher. „Wir nehmen die ethischen Bedenken ernst und plädieren dafür, den Einsatz genetischer Werkzeuge fundiert zu erforschen. Für die Zukunft unserer Umwelt ist es unabdingbar, dass alle beteiligten Akteurinnen und Akteure gemeinsam einen Rahmen schaffen, der die Anwendung dieser Technologien im Naturschutz zulässt.“
Der Aufruf zu einer Kooperation zwischen Umweltschützern und Synthetischen Biologen ist das Ergebnis einer Konferenz führender Wissenschaftler, die 2015 auf Initiative der „International Union for Conservation of Nature and Natural Resources“ in Bellagio/Italien stattfand. Segelbacher und seine Kollegen veröffentlichten die Stellungnahme im Fachmagazin „Trends in Ecology and Evolution“.