Prähistorische Baupläne beschreiben mysteriöse Megastrukturen in der Wüste
Freiburg, 19.05.2023
Die Dimensionen der Wüstendrachen werden erst aus der Luft erkennbar: Am Jebel az-Zilliyat in Saudi-Arabien bildet die maßstabsgetreue Gravur nahegelegene Wüstendrachen ab. Quelle: Oliver Barge, CNRS
Menschliche Konstruktionen haben seit Jahrtausenden den natürlichen Raum verändert. Dennoch existieren nur wenige überlieferte Pläne oder Karten aus der Zeit der schriftkundigen Zivilisationen in Mesopotamien und im alten Ägypten. Forscher*innen der französischen Forschungsorganisation „Centre national de la recherche scientifique“ (CNRS) konnten gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Preusser der Universität Freiburg, nun Gravuren in Jordanien und Saudi-Arabien als die ältesten bekannten maßstabsgetreuen Baupläne der Menschheitsgeschichte identifizieren. Diese 8.000 bis 9.000 Jahre alten Gravuren bilden sogenannte Wüstendrachen ab – kilometerlange prähistorische Megastrukturen, die dem Fangen von Tieren dienten. „Aus den Erkenntnissen lassen sich Rückschlüsse auf die damaligen Menschen ziehen. Die Fähigkeit, einen großen Raum auf eine kleine, zweidimensionale Fläche zu übertragen, stellt einen Meilenstein im intelligenten Verhalten dar“, erklärt Preusser. Die Ergebnisse, die Mitte Mai im Fachjournal PLOS ONE erschienen sind, sollen helfen zu verstehen, wie Wüstendrachen erdacht und erbaut werden konnten.
Maßstabsgetreue Pläne von Wüstendrachen in Jordanien und Saudi-Arabien entdeckt
Bei beiden Funden handelt es sich um mit Steinwerkzeugen eingravierte Darstellung nahegelegener Wüstendrachen. Erstmals in den 1920er Jahren von Flugzeugen aus gesichtet, bestehen die bis zu fünf kilometerlangen Wüstendrachen aus Steinmauern, die in einer von Gruben begrenzten Anlage zusammenlaufen. Sie dienten, wie Archäolog*innen in den letzten Jahren bestimmen konnten, dem großangelegten Fangen von Wildtieren. In Jordanien gibt es in der Gegend von Jibal al-Khasabiyeh acht Wüstendrachen. Dort fanden die Forscher*innen eine in Stein gravierte Darstellungen, die 80 mal 32 cm umfasst. Ihr Alter wird auf etwa 9.000 Jahre datiert. Am Jebel az-Zilliyat in Saudi-Arabien finden sich zwei sichtbare Drachenpaare im Abstand von dreieinhalb Kilometern. Auch hier wurde eine etwa 8.000 Jahre alte maßstabsgetreue Gravur mit einer Gesamtlänge von 382 cm und einer Breite von 235 cm entdeckt.
Pläne großer Bauwerke sind bisher nur durch grobe Darstellungen bezeugt, ganz im Gegensatz zur Präzision der Gravuren von al-Khashabiyeh und az-Zilliyat. Die Frage, welchen genauen Nutzen sie hatten und wie sie umgesetzt wurden, insbesondere aufgrund der Schwierigkeit, die gesamte Anlage vom Boden aus zu erfassen, bleibt vorerst das Geheimnis der Personen, von denen sie erschaffen wurden.
Faktenübersicht:
- Originalpublikation: Crassard R., Abu-Azizeh W., Barge O., Brochier J.É., Preusser F., Seba H., Kiouche A.E., Régagnon E., Sánchez Priego J.A., Almalki T., Tarawneh M., 2023. The oldest plans to scale of humanmade mega-structures. PLOS ONE 18(5): e0277927. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0277927
- Frank Preusser ist Professor für Sedimentologie am Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. Zu seinem Forschungsschwerpunkt gehört die Reaktion terrestrischer Sedimentsysteme auf Klimaveränderungen und menschliche Einflüsse während des Quartärs. Dabei untersucht er die Erosions- und Ablagerungsgeschichte der Alpen und Umweltentwicklungen auf der Arabischen Halbinsel. Ein besonderes Interesse gilt der Geochronologie, insbesondere der Lumineszenzdatierung.
- Das South-Eastern Badia Archaeological Project (SEBAP; Forschung in Jibal al-Khashabiyeh) wird durch Zuschüsse des französischen Außenministeriums, der Al-Hussein Bin Talal Universität und des CNRS National Institute for Humanities and Social Sciences finanziert. Das GLOBALKITES-Projekt (Forschungen in Jebel az-Zilliyat) wurde durch einen Zuschuss der französischen Nationalen Forschungsagentur finanziert. Das archäologische Projekt Dumat al-Jandal (Forschungen in Jebel az-Zilliyat) wurde durch Zuschüsse der saudischen Kommission für das Kulturerbe, des französischen und des italienischen Außenministeriums, des CNRS UMR-8167 Orient & Méditerranée und der Universität L'Orientale in Neapel finanziert.
Pressebilder zum Download
Kontakt:
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-4302
E-Mail: kommunikation@zv.uni-freiburg.de