Vier Projekte mit neuen Ideen für die Hochschullehre werden durch das „Freiraum“-Programm gefördert
Freiburg, 10.06.2022
Vier Projekte der Universität Freiburg, die neue Formate in der Hochschullehre entwickeln, erhalten eine Förderung des Programms „Freiraum 2022“. Ausgeschrieben wurde es dieses Jahr zum ersten Mal - getragen wird es von der „Stiftung Innovation in der Hochschullehre“, die öffentliche Mittel des Bundes und der Länder vergibt. „Freiraum“ richtet sich an einzelne Lehrende, die neue vielversprechende Ideen erproben möchten. Die Freiburger Projekte entwickeln digitale Lernplattformen und interaktive Videos, machen Feldforschung, lassen Studierende eine Ausstellung und Lernvideos für Schüler*innen konzipieren.
Projekte sollen Spuren hinterlassen
„Die neue Stiftung Innovation in der Hochschullehre wird künftig so etwas wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Lehre sein“, sagt Dr. Günter Schmidt-Gess, Leiter der Abteilung Innovation und Qualität in der Lehre, die die erfolgreichen Projekte beraten hat. „Freiraum“ ist nur eines von mehreren Förderformaten, die künftig regelmäßigt ausgeschrieben werden. Es richtet sich an einzelne Mitglieder einer Hochschule mit eigenständiger Lehrverantwortung. Projekte können neun, zwölf oder 25 Monate gefördert werden, die maximale Fördersumme pro Projekt liegt zwischen 225.000 und 625.000 Euro.
Die geförderten Projekte sollen Spuren an der Universität Freiburg hinterlassen, sagt Schmidt-Gess – indem sie etwa ins Curriculum eingebaut oder ihre Ideen in anderen Bereich übernommen werden. Außerdem bedeute die Förderung eine weitere Stärkung der universitären Lehre: „Wenn man sagen kann, ich habe Drittmittel für dieses Lehrentwicklungsprojekt eingeworben, dann ist das auch eine Währung, die für die akademische Karriere zählt.“
Projekt „KulturWissen vermitteln“
Bachelor-Studierende der Kulturanthropologie produzieren YouTube-Videos für Schüler*innen, in denen sie Themen wie etwa die Konstruktion von Geschlechterrollen oder Soziale Bewegungen darstellen und diskutieren: Das ist die Grundidee des Projekts KulturWissen vermitteln. Studierende erklären Schüler*innen gesellschaftsrelevante Themen. Erdacht hat es der Freiburger Kulturanthropologe Prof. Dr. Markus Tauschek gemeinsam mit seiner Kollegin Prof. Dr. Michaela Fenske von der Universität Würzburg. Das Projekt verfolge drei Ziele, sagt Tauschek: Studierende lernen, komplexe Themen verständlich zu vermitteln, Schülerinnen und Schüler werden aufmerksam auf das Fach – und Studierende machen die Erfahrung, wie sich eine kulturwissenschaftliche Disziplin in die Gesellschaft einbringt.
„Das kann sie in ihrem fachlichen Selbstbewusstsein stärken“, sagt Tauschek, „und sie erwerben einen ganzen Strauß von Kompetenzen“. Die Darstellungsformen in den etwa fünfminütigen Videos können von Cartoons bis Interviews reichen; Workshops vermitteln Fähigkeiten wie das Schreiben eines Skripts, Tonbearbeitung und Bildschnitt. Und auch die inhaltliche Auseinandersetzung werde angeregt: „Um ein komplexes Thema in fünf Minuten gut zu erklären, muss man selbst richtig fit darin sein.“ Der Förderzeitraum des Projekts beträgt ein Jahr.
Projekt „Bioökonomie ins Bild rücken“
Ebenfalls an Bachelor-Studierende der Kulturanthropologie richtet sich das Projekt Bioökonomie ins Bild rücken: ‚Photovoice‘ als innovative Methode des Forschenden Lernens in der Kulturanthropologie. Bioökonomie heißt der Trend, fossile Rohstoffe durch biobasierte Materialien zu ersetzen – zum Beispiel Verpackungen aus Pflanzen statt aus Kunststoff herzustellen. „Uns interessiert in dem Projekt, was das für die Menschen bedeutet – und hier besonders für Landwirtinnen und Landwirte“, sagt Dr. Sarah May, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie. „Wir gehen mit den Studierenden ganz wörtlich zu ihnen ins Feld.“ Die Landwirt*innen bekommen kleine Kameras, mit denen sie ihren Alltag dokumentieren. Anschließend gibt es Gespräche mit Studierenden, in denen anhand der Bilder eine gemeinsame Analyse ihres Alltags stattfindet. Photovoice heißt diese Methode.
Aus Bildern und Texten entsteht anschließend eine Ausstellung – die im Frühjahr 2023 mindestens in Freiburg und Stuttgart auf großen Stellwänden und im Internet zu sehen sein soll. „Wir wollen das Thema in den städtischen Alltag tragen – mit Fragen wie ‚Was hat Landwirtschaft mit Ihnen zu tun?‘“, sagt May. Es sei für Studierende „eine große Motivation“, mit den Akteur*innen zusammenzutreffen, selbst an der Analyse mitzuarbeiten und schließlich die Ausstellung als sichtbares Endprodukt zur erarbeiten: „Sie beobachten ein aktuelles gesellschaftspolitisches Thema nicht nur, sondern sie gestalten es mit.“ Der Förderzeitraum beträgt ein Jahr.
Projekt „Wissen – Üben – Können“
Das Projekt Wissen – Üben – Können: Digitales Selbstlernen im Psychotherapiestudium entwickelt Module, mit denen Bachelor- und Masterstudierende im eigenen Lerntempo Videos von therapeutischen Situationen anschauen und bearbeiten können. „Die etwa 50-minütigen Videos entsprechen realen Einstiegssitzungen einer Therapie, sie werden von Therapeutinnen und Therapeuten sowie Schauspiel-Patientinnen und Patienten dargestellt“, sagt Dr. Lena Krämer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie. Die Videos sollen interaktiv sein, sie werden zum Beispiel begleitet von einem kommentierenden Podcast eines Therapeuten und unterbrochen von kleinen Tests oder Arbeitsaufträgen, wie etwa, eine erste Diagnose zu erstellen.
Die Selbstlernmodule, in deren Zentrum die Videos stehen, sind eingebunden in Seminare und Vorlesungen, sagt Krämer: „Das Wissen aus den Veranstaltungen können die Studierenden dann in den digitalen Modulen vertiefen und anwenden. Solche ‚Trockenübungen‘ mit praktischem Material schon während des Studiums haben sich die Studierenden auch häufig selbst gewünscht.“ Eine wissenschaftliche Begleitevaluation ist ebenfalls Teil des Projekts, sagt Krämer. „Und als ein weiteres Ziel möchten wir generelle Handlungsempfehlungen für gute digitale Selbstlernmodule entwickeln.“ Der maximale Förderzeitraum beträgt auch hier ein Jahr.
Projekt „Wissenschaftliches Schreiben für Germanistikstudierende“
Eine neue Lehrveranstaltung für Bachelor-Studierende der Germanistik entwickelt das Projekt Wissenschaftliches Schreiben für Germanistikstudierende: Schreiben lehren und lernen mit Schreibtrainings im digitalen Raum. „Wissenschaftliches Schreiben ist für uns eine Basiskompetenz“, sagt Dr. Elisabeth Zima, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Seminar. „Schreiben lernt man aber nicht dadurch, dass einem jemand erzählt, wie man das am besten macht. Man muss auch selbst aktiv werden, selbst schreiben.“ In einer Lehrveranstaltung, die sich an über 200 Studierende richtet, ist das allerdings eine didaktische Herausforderung, vor allem Rückmeldungen zu den geschriebenen Texten betreffend. Darauf reagiert das Projekt mit dem Aufbau einer digitalen Lernplattform.
Diese soll zum einen Selbstlernelemente wie etwa Übungseinheiten zum korrekten Zitieren wissenschaftlicher Literatur enthalten. „Zum anderen können Arbeitsgruppen von Studierenden dort ihre Texte gemeinsam lesen, kommentieren und sich gegenseitig Feedback geben“, erklärt Zima. Die digitale Plattform schafft die technischen und didaktischen Voraussetzungen hierfür, die Mitarbeit ist durch Dozierende überprüfbar. Der Aufbau der Plattform wird während des Projekts evaluiert. „Unser Ziel ist ein dauerhaftes, innovatives und nachhaltiges Lehr-/Lernkonzept für wissenschaftliches Schreiben in der Germanistik“, sagt Zima. Der Förderzeitraum beträgt 25 Monate.
Weitere Informationen zum Förderprogramm „Freiraum 2022“
Kontakt:
Dr. Günter Schmidt-Gess
Abteilung Innovation und Qualität in der Lehre
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-9089
E-Mail: Guenter.Schmidt-Gess@zv.uni-freiburg.de
Annette Kollefrath-Persch
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761 / 203-8909
E-Mail: annette.persch@zv.uni-freiburg.de