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Erfahrung mit Akzenten hilft Kindern beim Wörter lernen

Studie der Universität Freiburg zum Wortschatzerwerb verwendet neuartiges, spielbasiertes Design

Freiburg, 29.09.2022

Sind Kinder im Grundschulalter viele regionale und fremde Akzente gewöhnt, weil sie diese häufig in ihrem sprachlichen Umfeld hören, dann fällt es ihnen leichter, neue Wörter von anderen Kindern zu lernen, die mit unbekannten Akzenten sprechen. Das zeigen die Forschungsergebnisse von JProf. Dr. Adriana Hanulíková und Helena Levy vom Deutschen Seminar der Universität Freiburg. „Anders als in vielen Studien angenommen, schneiden beim Wortschatzerwerb nicht bilinguale Kinder besser ab, sondern Kinder, die diversen Akzenten am häufigsten ausgesetzt sind“, erklärt Hanulíková, Juniorprofessorin für Sprache und Kognition. Für ihre Studie entwickelten die beiden Linguistinnen ein neuartiges, virtuelles und spielbasiertes Design. Ihre Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Language Learning erschienen.

Kartenspiel „Spot It!“ als Vorlage

„Bisher fehlten Studien zum Einfluss regionaler und fremder Akzente auf das Lernen von neuen Wörtern bei Kindern“, sagt Hanulíková. Um diese Lücke zu schließen, ließen die Forscherinnen 88 Freiburger Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren ein Computerspiel spielen, das auf dem beliebten Kartenspiel „Spot It!“ – in Deutschland bekannt als „Dobble“ – basiert. Dabei müssen auf verschiedenen Spielkarten möglichst schnell zwei identische Objekte entdeckt und benannt werden. Für die Studie spielten die Kinder das Spiel am Computer mit virtuellen Partner*innen. Diese sprachen entweder Standarddeutsch oder Deutsch mit Schweizer oder hebräischem Akzent. In dem Spiel kamen sechs Begriffe vor, die Kindern im Grundschulalter in der Regel unbekannt sind.

Regionale Akzente helfen

Alle 88 Kinder, die an der Studie teilnahmen, waren deutschsprachig, manche von ihnen zwei- oder mehrsprachig. Die Wissenschaftlerinnen erfragten außerdem, wie häufig pro Woche jedes Kind regionale und fremde Akzente hört. Die Auswertung des Versuchs ergab, dass die Kinder von Langzeiterfahrung mit verschiedenen Akzenten profitierten: Kindern mit dieser Erfahrung fiel es leichter, im Spiel die ihnen unbekannten Wörter von anderen Kindern in dieser virtuellen Gesprächssituation zu lernen, die unvertraute Akzente sprachen.

Diesen Effekt trat vor allem dann auf, wenn die Kinder regionale und fremde Akzente oder nur regionale Akzente gewöhnt waren. Kinder, die ausschließlich Erfahrung mit fremden Akzenten hatten, zeigten zumindest in der Tendenz ähnliche Effekte. Keinen entsprechenden Effekt hatte Zweisprachigkeit.

Versuch ähnelt natürlichem Lernen

Weitere Studien seien daher erforderlich, um noch differenzierter zu untersuchen, welche Erfahrungen beim Wortschatzerwerb von Kindern zu welchen Effekten führten – und wie sich diese eventuell vom Lernen neuer Wörter bei Erwachsenen unterscheiden, sagt Hanulíková. Das neu entwickelte, spielbasierte Design der Studie sei dafür ein besonders geeignetes Werkzeug: „Die Kinder lernen im Spiel von anderen Kindern, nicht von Erwachsenen, wie bisher in fast allen Studien. Und sie müssen Wörter auch selbst sagen, nicht nur passiv erkennen. Damit ähnelt der Versuch dem natürlichen Lernen im Alltag.“

Faktenübersicht:

  • Originalpublikation: Levy, H., Hanulíková, A (2022): Spot It and Learn It! Word Learning in Virtual Peer-Group Interactions Using a Novel Paradigm for School-Aged Children, in: Language Learning. DOI: doi.org/10.1111/lang.12520
  • Die Studie wurde gefördert durch das DFG-Graduiertenkolleg 1624 „Frequenzeffekte in der Sprache“ an der Universität Freiburg sowie durch die Wissenschaftliche Gesellschaft Freiburg (Gerda-Henkel-Stiftung).
  • Adriana Hanulíková ist Juniorprofessorin für Sprache und Kognition am Deutschen Seminar der Universität Freiburg. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Sprachverarbeitung über die gesamte Lebenspanne, Mehrsprachigkeit, regionale und fremdsprachliche Akzente. Helena Levy promoviert am Deutschen Seminar der Universität Freiburg.

 

Kontakt:
JProf.Dr. Adriana Hanulíková
Deutsches Seminar – Germanistische Linguistik
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-9341
E-Mail:

Annette Kollefrath-Persch
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761 / 203-8909
E-Mail: