Senat veröffentlicht Stellungnahme
Freiburg, 11.06.2019
Stellungnahme des Senats der Albert-Ludwigs-Universität zum Hochschulfinanzierungsvertrag Baden-Württemberg 2015–2020 „Perspektive 2020“
Universitäten sind die Motoren der Wissensgesellschaft. Als solchen kommt ihnen eine zentrale Bedeutung zu – nicht nur für das Wissenschaftssystem, sondern für die Gesellschaft als Ganze. Um diese Rolle adäquat ausfüllen zu können, benötigen Universitäten eine auskömmliche Finanzierung und finanzielle Planungssicherheit: Hochwertige Lehre und herausragende Forschungsleistungen brauchen Investitionen und langfristig sehr gute Rahmenbedingungen.
Vor diesem Hintergrund hat der Hochschulfinanzierungsvertrag Baden-Württemberg 2015–2020 „Perspektive 2020“ wichtige Verbesserungen gebracht, dies wird ausdrücklich anerkannt. Die seit langer Zeit bestehenden strukturellen Probleme sind jedoch nach wie vor ungelöst. Der Senat der Albert-Ludwigs-Universität fordert das Land auf, den verbalen Bekundungen zur Bedeutung des Wissenschaftsstandorts Baden-Württemberg endlich Taten folgen zu lassen und das anhaltende strukturelle Finanzierungsdefizit sukzessive abzubauen.
Der Senat der Albert-Ludwigs-Universität nimmt im Hinblick auf die bevorstehenden Verhandlungen einer Nachfolgevereinbarung zum laufenden Hochschulfinanzierungsvertrag folgendermaßen Stellung:
- Mit einer Erhöhung der Grundfinanzierung um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr hat der Hochschulfinanzierungsvertrag „Perspektive 2020“ die finanzielle Planungssicherheit für die Universitäten verbessert. Durch die Überführung von Sondermitteln in die Grundfinanzierung fließen tatsächlich allerdings keine zusätzlichen Mittel an die Universität Freiburg, da die Planungssicherheit im Wesentlichen durch die Umwandlung von Programmmitteln in Grundfinanzierung erreicht wurde. Eine Erhöhung der Grundfinanzierung ergibt sich für die Universität Freiburg nur beim Energiekostenausgleich im Umfang von 8.156.500 Euro (Betrag von 2015 mit jährlicher Dynamisierung von drei Prozent) zum Ausgleich des entstandenen Defizits. Diese Planungssicherheit verbessert die Situation insbesondere im Bereich Studium und Lehre, jedoch nur unwesentlich im Bereich Forschung.
- Lehre und Forschung entwickeln sich nicht nach dem Schema von Haushaltsjahren. Universitäten bewegen sich in einem hoch dynamischen und projektförmigen Umfeld. Um erfolgreich arbeiten zu können, sind sie auf Autonomie und Flexibilität in der Mittelbewirtschaftung (sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht) und die gebildeten Rücklagen angewiesen. Das Land muss die Rücklagen der Universitäten schützen, nachhaltige Wirtschaftsführung darf den Universitäten nicht zum Nachteil gereichen.
- Steigende Betriebskosten für Universitätsgebäude belasten den Haushalt der Albert-Ludwigs-Universität zunehmend. Im Gegensatz zu anderen Einrichtungen des Landes muss die Universität Anmietungen und Auslagerungen aus dem eigenen Budget finanzieren. Die dringend erforderliche Sanierung von Gebäuden verschärft die Situation. Diese Belastungen schmälern signifikant das Budget, das der Albert-Ludwigs-Universität für ihre Kernaufgaben (Lehre, Forschung, Innovation) zur Verfügung steht. Auch wenn im laufenden Hochschulfinanzierungsvertrag ein dringend notwendiger Ausgleich der Kostensteigerungen bei den Energiekosten erfolgt ist, bleiben alle weiteren Betriebskosten unberücksichtigt. Bis auf eine Anpassung für die Gründung der Technischen Fakultät im Jahr 2002 stellt das Land der Universität für die Gebäudebewirtschaftung den Haushaltsansatz von 1997 unverändert zur Verfügung. Da das erhebliche Flächenwachstum um 40 Prozent seit 2002, der Anstieg bei den Anmietungen, Aufwendungen für stetig komplexere Betriebstechnik, eine Verschärfung gesetzlicher Vorgaben und die Inflation bei den Zuweisungen durch das Land nicht berücksichtigt wurden, liegt eine signifikante Unterfinanzierung vor; die Universität ist dringend auf einen Ausgleich der Gebäudebewirtschaftungskosten angewiesen.
- Gleiches gilt für zahlreiche Anforderungen, die durch neue gesetzliche Regelungen entstanden sind: Datenschutz, Informationssicherheit und Personalvertretungsgesetz sind nur einige Beispiele, durch die den Universitäten erheblicher finanzieller Aufwand entsteht und die bürokratische Abläufe komplexer machen, so dass zusätzliche Personalkapazitäten erforderlich sind. Dieser Aufwand wird jedoch nicht durch zusätzliche Zuweisungen kompensiert. Die Albert-Ludwigs-Universität muss ihn zu Lasten ihrer Kernaufgaben finanzieren.
- Nach dem Hochschulfinanzierungsvertrag „Perspektive 2020“ halten die Universitäten die Studienanfängerplätze des Akademischen Jahres 2013/14 bis ins Jahr 2020 vor. Die Ressourcen im Bereich der Lehre sind damit dem tatsächlichen Bedarf nicht angepasst. Betreuungsrelation und Belastung der Lehrenden wirken sich hemmend auf die Qualitätsentwicklung aus.
Die skizzierte Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass die Grundfinanzierung nicht hinreichend ist. Mit den anstehenden Verhandlungen zu den Rahmenbedingungen der Hochschulfinanzierung im Land werden entscheidende Weichen für die Zukunftsfähigkeit des Hochschulstandorts Baden-Württemberg und damit auch für die Universität Freiburg gestellt. Insbesondere die seit Jahren überproportional steigenden Drittmittelerträge und Spitzenplatzierungen in Rankings belegen die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Forschung und Lehre an unserer Universität. Wesentliche Grundlage dafür ist eine auskömmliche Grundfinanzierung durch das Land. Für die Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs ist es von grundlegender Bedeutung, dass diese Rahmenbedingungen mit Augenmaß und Offenheit für Handlungsnotwendigkeiten sichergestellt werden. Die Universität Freiburg appelliert an die verantwortlichen Amts- und Mandatsträger, diese Notwendigkeiten in der kommenden Finanzregelung anzuerkennen und den unübersehbaren Finanzierungsnotwendigkeiten im Wissenschaftsbereich mit der anstehenden Nachfolgevereinbarung zum Hochschulfinanzierungsvertrag Rechnung zu tragen. Die Universität Freiburg wird an den bevorstehenden Verhandlungen vertrauensvoll und konstruktiv mitwirken.