Meteoritenkrater im Labor
Freiburg, 18.07.2013
Die mathematische Simulation eines Meteoriteneinschlags mit der Schädigung des Krateruntergrundes. Foto: Kai Wünnemann, MfN Berlin
Sie hat vor drei Jahren ihre Arbeit aufgenommen, zählt inzwischen zu den weltweit führenden Einrichtungen auf dem Gebiet der Kraterforschung und hat nun Fördermittel für drei weitere Jahre eingeworben: Die Gruppe des MEMIN-Projekts erhält von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 1,6 Millionen Euro, verteilt auf die federführende Universität Freiburg, die Universitäten in Jena, München und Münster, das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik in Freiburg, das Museum für Naturkunde Berlin und das DESY Hamburg sowie Kooperationspartner in Beauvais/Frankreich und Stony Brook/USA. MEMIN steht für „Multidisciplinary Experimental and Modeling Impact crater research Network“ und verfolgt das Ziel, die Prozesse bei der Entstehung von Meteoritenkratern im Detail zu verstehen. Sprecher ist der Geologe Prof. Dr. Thomas Kenkmann von der Universität Freiburg.
Seit Jahrmilliarden prägen Meteoriteneinschläge die Oberflächen aller bekannten Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen im Sonnensystem. So wird etwa die Entstehung des Erdmondes auf eine gewaltige Kollision mit der frühen Erde erklärt. Das Aussterben der Dinosaurier lässt sich ebenfalls auf einen Meteoriteneinschlag zurückführen. Kosmische Einschläge sind auch heute für die Erde gefährlich. Eindrucksvoll wurde dies am 15. Februar 2013 in Erinnerung gerufen, als über der sibirischen Stadt Tscheljabinsk ein etwa 15 Meter großer Meteor beim Eindringen in die Atmosphäre explodierte und am gleichen Tag der 55 Meter große Asteroid „2012 DA14“ in nur 27.000 Kilometern Höhe an der Erde vorbeischrammte.
Die MEMIN-Gruppe erzeugt im Labor experimentelle Meteoriteneinschläge. Ein Leichtgasbeschleuniger bringt bis zu 1,2 Zentimeter große Stahlkugeln oder echte Meteoriten auf eine Geschwindigkeit von mehr als 25.000 Stundenkilometer. In weniger als einer Millisekunde entstehen durch die Energie, die beim Einschlag freigesetzt wird, Krater mit bis zu 40 Zentimeter Durchmesser. Moderne Hochgeschwindigkeitskameras und Drucksensoren zeichnen eine Vielzahl von Prozessen in Echtzeit auf. Speziell entwickelte Partikelkollektoren fangen das ausgeworfene Material auf, so dass die Forscherinnen und Forscher es mit geologischen und mineralogischen Methoden untersuchen können. Die Daten dienen als Grundlage für Modelle, die die Kraterbildung simulieren und neue Einblicke in die Prozesse erlauben. Aufgrund der Dimension der experimentellen Krater ist es möglich, die Ergebnisse auf planetare Maßstäbe hochzurechnen.
Mit den neuen Fördermitteln wollen die Forscher zum Beispiel herausfinden, wie die Materialeigenschaften von typischen Gesteinen der Erdoberfläche die Kraterbildung beeinflussen. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten sollen nun Kalksteine stehen, nachdem in der ersten Phase poröse Gesteine wie Sandstein, wassergesättigte Gesteine sowie solche mit nur sehr geringem Porenvolumen experimentell untersucht wurden. In den Mittelpunkt des Interesses rücken nun auch jene Prozesse, die sich in den ersten Nano- bis Mikrosekunden unmittelbar beim Aufschlag ereignen. Beim Kontakt des Projektils mit dem Gesteinskörper entstehen kurzfristig extreme Drücke und Temperaturen, die zur Aufschmelzung und Verdampfung der getroffenen Gesteine bis hin zur Plasmabildung führen können. Als Ergebnis wollen die Forscher ein deutlich vertieftes Verständnis der hochdynamischen und komplexen Verhältnisse beim Meteoriteneinschlag entwickeln – als wichtige Grundlage für erfolgreiche Abwehrstrategien.
Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Kenkmann
Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-6495, -6494
E-Mail: thomas.kenkmann@geologie.uni-freiburg.de
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