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Impulse für die Lehre

Die Universität Freiburg hat das Verfahren der Systemakkreditierung erfolgreich abgeschlossen

Freiburg, 20.05.2020

Impulse für die Lehre

Foto: Thomas Kunz

Mehr Autonomie, mehr Qualität in der Lehre: Die Universität Freiburg hat das Verfahren der Systemakkreditierung erfolgreich und auflagenfrei durchlaufen. Sie darf nun das Qualitätssiegel des Akkreditierungsrats für ihre mehr als 200 Studiengänge eigenständig vergeben. Von dem neuen Verfahren verspricht sie sich Impulse für ihr gesamtes Lehr- und Studienangebot.

Die Universität Freiburg ist berechtigt, ihre mehr als 200 Studiengänge von nun an selbst einer Qualitätsprüfung zu unterziehen – davon sollen vor allem die Studierenden profitieren. Foto: Thomas Kunz

Als Prorektorin für Studium und Lehre hat Prof. Dr. Juliane Besters-Dilger von 2016 an den Umstieg der Universität Freiburg von der Programm- auf die Systemakkreditierung vorangetrieben. Diese erlaubt es, das Qualitätssiegel des Akkreditierungsrats eigenständig zu vergeben – was zugleich als Nachweis für die Lehrqualität der gesamten Universität gilt. Das Verfahren ist nun erfolgreich und auflagenfrei abgeschlossen, der Umstieg vollzogen. „Wir sind nicht mehr von externen Agenturen abhängig, können die Ziele und Besonderheiten der Fächer besser berücksichtigen und stärken unsere gemeinsame Verantwortung für die Lehre und die Konzeption unserer Studiengänge“, fasst Besters-Dilger zusammen.

Zentrales Gremium bei dem neuen Verfahren ist der Interne Akkreditierungsausschuss (IAA), in den jede Fakultät acht Personen entsendet: je zwei Hochschullehrende, zwei Vertreterinnen und Vertreter aus dem Mittelbau, zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Administration, Service und Technik sowie zwei Studierende. Die einzelnen Akkreditierungen werden jeweils von fünf IAA-Mitgliedern sowie mindestens drei externen Gutachterinnen und Gutachtern betreut. Diese Gruppe bewertet gemeinsam einen Studiengang und gibt eine Empfehlung an das IAA-Direktorium, das diese nochmals prüft und zur Entscheidung ans Rektorat weiterreicht.

Rollenwechsel sollen Akzeptanz schaffen

Die hohe interne Beteiligung ist eine Freiburger Besonderheit, berichtet Sebastian Neufeld. Der Student im Masterstudiengang Neuroscience ist seit etwa einem Jahr IAA-Direktoriumsmitglied und engagiert sich seit 2017 bundesweit als externer studentischer Gutachter. „Wir beziehen viele Mitglieder der Universität ein, aber dadurch wird das System vergleichsweise aufwendig“, sagt er. „Ich bin gespannt, wie es sich weiter entwickeln wird.“ Die Idee dahinter ist, einen Rollenwechsel zu ermöglichen, der die Akzeptanz innerhalb der Universität erhöht, erklärt Stefanie Haas aus der Abteilung „Qualitätsmanagement Studium und Lehre“, kurz QM-Abteilung, welche das Verfahren organisiert und begleitet: „Mitglieder aus den Fakultäten nehmen in dem Prozess unterschiedliche Rollen ein – als Vertreterinnen und Vertreter eines Fachs, das begutachtet wird, als Gutachterinnen und Gutachter, die andere Studiengänge überprüfen, und als Mitglieder im IAA-Direktorium, die das Verfahren aus der Metaperspektive betrachten.“

Dirk Niethammer ist eines der Universitätsmitglieder, die einen solchen Rollenwechsel schon vollzogen haben: Als Fakultätsassistent hat er interne Akkreditierungsverfahren an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen aus der Perspektive der Begutachteten erlebt, als IAA-Gutachter hat er später selbst Studiengänge der Sportwissenschaft bewertet. „Ich hatte als Gutachter zunächst Bedenken, wie kritisch ich gegenüber Kolleginnen und Kollegen anderer Studiengänge überhaupt  sein dürfe“, berichtet er. „Meine Erfahrung war dann aber, dass konstruktive Kritik wertgeschätzt wurde und es sich lohnt, offen miteinander umzugehen.“ In einem anderen fachlichen Hintergrund sieht Sebastian Neufeld ebenfalls kein Hindernis: „Ein schlüssiges Gesamtbild ergibt sich auch ohne tiefere Kenntnis der jeweiligen Disziplin, zumal die Gutachtergruppe dank ihrer externen Mitglieder auch über Fachexpertise verfügt.“  Es sei ihm immer gut möglich gewesen, seine studentische Perspektive einzubringen. Von dem Austausch profitieren letztlich alle Beteiligten, bestätigt Prof. Dr. Evelyn Ferstl, Vorsitzende des IAA-Direktoriums: „Es ist eine Freude, in diesem interdisziplinären Gremium zu arbeiten und Impulse aus anderen Fächern zu bekommen.“

Den Fokus auf die Inhalte legen

Nachdem die Systemakkreditierung nun eingerichtet und etabliert ist, wird sich zudem der administrative Aufwand für die Fächer reduzieren. „Das Verfahren ist ein extrem komplexer Prozess, den die QM-Abteilung aber wunderbar organisiert“, sagt Ferstl. „Es ist ein Schatz für die gesamte Universität, diese Kompetenzen in einem Team gebündelt zu haben.“ Die Fächer schreiben keine aufwendigen Selbstberichte mehr, da die QM-Abteilung ausführliches Material zu den Studiengängen zusammenstellt, indem es Daten wie Studiendauer, Erfolgsquote sowie Ergebnisse aus Befragungen von Studierenden, Absolventinnen und Absolventen in Datenberichten aufbereitet. Die Fächer ergänzen diese Unterlagen um Stellungnahmen zu den Berichten sowie um die aktuellen Studien- und Prüfungsordnungen und die Modulhandbücher, die über Inhalte und Lernziele der Module informieren. „Die QM-Abteilung gibt Input im gesamten Verfahren, ist jederzeit ansprechbar und rät den Beteiligten, worauf sie sich konzentrieren sollten“, fasst Niethammer zusammen. „Gutachter und Begutachtete können sich dadurch viel stärker auf die Inhalte fokussieren.“

Die gemeinsame Verantwortung für die Lehre stärken: Juliane Besters-Dilger hat als Prorektorin für Studium und Lehre den Umstieg der Universität Freiburg auf die Systemakkreditierung vorangetrieben. Foto: Sandra Meyndt

Die Studierenden wiederum stehen aus Neufelds Sicht dennoch vor einer besonderen Herausforderung: „Es braucht eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema, um effektiv Studiengänge zu begutachten. Bis aber jemand an dem Punkt ist, sich stark einbringen zu können, ist man meistens schon am Ende des Studiums angekommen.“ Er begrüßt daher, dass die QM-Abteilung ein Schulungsangebot für Studierende, aber auch für die weiteren Statusgruppen organisiert. Außerdem hofft er, dass die Fachschaften die Möglichkeit nutzen, sich bei der Kommentierung der Unterlagen durch die Fächer einzubringen: „Wir Studierenden sind schließlich die Profiteurinnen und Profiteure der Qualität von Studium und Lehre – oder eben die Leidtragenden.“

Ombudsverfahren für den Konfliktfall

Neben den IAA-Mitgliedern sind auch externe Gutachterinnen und Gutachter beteiligt: mindestens zwei Hochschullehrende und mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter aus der Berufspraxis. Sie werden auf Vorschlag der jeweiligen Fakultät benannt. „Dabei wird eine mögliche Befangenheit überprüft“, sagt Besters-Dilger. „Aus eigenem Interesse schlagen die Fakultäten aber renommierte Persönlichkeiten vor, von denen sie sich wichtige Impulse erhoffen.“  Doch was bedeutet es für das universitäre Binnenklima, wenn das Rektorat am Ende über die Akkreditierung der Studiengänge an den Fakultäten entscheidet? „Anfangs gab es durchaus die Befürchtung, dass möglicherweise neue Konfliktfelder entstehen“, sagt Niethammer. Dies bestätigt auch Ferstl – die Erfahrung zeige jedoch: „Das Verfahren hat den Charakter einer gemeinsamen Diskussion des Rektorats mit den Fakultäten. Ich glaube nicht, dass es viele Konfliktfälle geben wird.“ Und falls es doch einmal hakt? „Dann gibt es ein Ombudsverfahren, das auch schon einmal angewandt wurde und sich bewährt hat.“ Bisher haben etwa 30 Studiengänge das Verfahren durchlaufen – alle haben das Qualitätssiegel erhalten.

Vorgesehen ist, dass jeder Bachelor- und Masterstudiengang der Universität Freiburg alle acht Jahre überprüft wird. „Wir begutachten aber auch andere Studiengänge, die keiner Akkreditierungspflicht unterliegen, weil sie sich ebenfalls eine Qualitätsverbesserung versprechen“, betont Birke Reichert von der QM-Abteilung. Die Universität ist zunächst für sechs Jahre systemakkreditiert – in regelmäßigen Abständen wird also extern überprüft, ob sie weiterhin zur Vergabe des Qualitätssiegels berechtigt bleibt. „Die Akzeptanz des Verfahrens ist hoch, und zugleich wollen wir es weiter verbessern, indem wir etwa das Verhältnis von Aufwand und Ertrag, unter anderem durch zunehmende  Digitalisierung, optimieren“, berichtet Dr. Sören Pape, Leiter der QM-Abteilung. Der finanzielle Gesamtaufwand für die Universität ist im Vergleich zur Programmakkreditierung zwar gestiegen – doch die Investition lohnt sich, betont Juliane Besters-Dilger: „Die gemeinsame Qualitätssicherung und das deutlich gestiegene Qualitätsbewusstsein sind ein Mehrwert für unsere gesamte Universität.“ Evelyn Ferstl kommt als Vorsitzende des IAA-Direktoriums zum gleichen Ergebnis: „Es war eine gute Entscheidung, die Autonomie der Universität zu stärken.“