Artikelaktionen

Sie sind hier: Startseite Online-Magazin vernetzen & gestalten Gefühle wecken, die Umwelt …

Gefühle wecken, die Umwelt schützen

Wie die „Heritage Interpretation" dem Natur- und Kulturerbe Leben einhaucht

Freiburg, 21.09.2017

Gefühle wecken, die Umwelt schützen

Foto: Thomas Kunz

Die Heritage Interpretation vermittelt Besucherinnen und Besuchern Orte des Natur- und Kulturerbes. Entwickelt wurde die Methode in amerikanischen Nationalparks – neuerdings interessieren sich für sie verstärkt auch Naturschutz- und Touristikverbände in Deutschland. Am 26. September 2017 veranstaltet die Arbeitsgruppe Heritage Interpretation zusammen mit der Freiburg Academy of Science and Technology (FAST) ein Dialogforum, das Expertinnen und Experten mit dem Ansatz vertraut macht.

Schautafeln zeigen Besuchern des Kandels, was es mit dem Berg und seinen umliegenden Tälern auf sich hat.
Foto: Thomas Kunz

Nur wer eine emotionale Beziehung zu einem Ort aufbaut, bemüht sich auch, ihn zu bewahren. Das ist der Grundgedanke der Heritage Interpretation, einer Vermittlungsmethode, die für die Arbeit von Park Rangern in amerikanischen Nationalparks entwickelt wurde und deren Ziel es ist, die Natur zu schützen. Persönliche Geschichten stellen solch eine Beziehung her, und solche erzählt auch Kandela, die kleine Hexe. Sie ist Teil eines thematischen Erlebnisangebots, das Monika Nethe und Dr. Anna Chatel an der Professur für Physische Geographie bereits 2006 nach den Prinzipien der Methode am Berg Kandel im Schwarzwald erarbeitet haben. Um die Heritage Interpretation in Deutschland bekannter zu machen und einen Austausch anzuregen, veranstalten Nethe und ihre Arbeitsgruppe am 26. September 2017 mit der Freiburg Academy of Science and Technology ein Dialogforum.

Geschichte passend zur Lebenswelt

„Wenn Menschen in ihrer Freizeit unterwegs sind, möchten sie keine trockenen Daten lesen", erklärt Nethe die Herausforderung, die die Entwicklung touristischer Angebote wie Erlebnispfade oder Ausstellungen mit sich bringt. Daher versucht die Heritage Interpretation, emotional anzusprechen: „Die Besucher merken sich besonders Dinge, die sie überraschen, erfreuen oder schockieren und kriegen dadurch einen neuen Zugang zu den Orten". Ursprünglich gedacht für den Naturraum, wurde die Methode weiterentwickelt für den Kulturraum: Sie lässt sich beispielsweise auch anwenden, um historische Informationen in Museen oder aktuelle Besonderheiten von Orten zu vermitteln.

Nethe sammelt Geschichten zu diesen Orten – von Forschenden, die sich mit einer Region befasst haben, von Mitgliedern des Heimatvereins oder Landwirten, die besondere Erinnerungen mit ihr verbinden. Sie schreibt die Erzählungen möglichst anschaulich nieder, mit vielen Vergleichen und Beispielen, um einem heterogenen Publikum und seinem Vorwissen gerecht zu werden. „Unsichtbares sichtbar machen" nennt Nethe ihre Vorgehensweise, mit der sie Landschaften und Relikte für die Besucher veranschaulicht. Die gesammelten Geschichten bereitet die Arbeitsgruppe auf: Im Projekt am Kandel errichtete sie beispielsweise Schautafeln mit Textelementen, Fotografien und Illustrationen der Hexe Kandela. Die Forschenden entwarfen die Figur, um besonders Kinder anzusprechen. „Kandela kam mit ihren witzigen Anekdoten und Erzählungen aber auch gut bei den Eltern an", berichtet Nethe.

Die kleine Hexe Kandela. Foto: Thomas Kunz

Ein Forum, das auf Bedürfnisse eingeht

In einem anderen Projekt haben Nethe und ihre Kollegin Dr. Anna Chatel mit Studierenden die Smartphone-App „Freiblick" entwickelt, die an ungewöhnliche Orte in Freiburg führt – wie zu einer Foodsharing-Station oder einem Radiosender, der aus der Anti-Atomkraft-Bewegung entstand. Letztlich entscheidet die Zielgruppe darüber, welche Medien die Forschenden auswählen. „Jugendliche werde ich nicht mit einer Schautafel anlocken. Da versuchen wir, zum Beispiel Rollenspiele mit historischen Persönlichkeiten oder ein digitales Angebot zu entwickeln."


Monika Nethe und ihre Kollegin Dr. Anna Chatel haben die App „Freiblick" entwickelt, die an ungewöhnliche Orte in Freiburg führt, beispielsweise einer Foodsharing-Station. Foto: Thomas Kunz

Um die passenden Formen der Vermittlung wird es auch beim Dialogforum der Arbeitsgruppe und der FAST gehen. „Wir wollen bei dem Forum darauf eingehen, was eigentlich die Bedürfnisse derjenigen sind, die die Methode in Zukunft anwenden", sagt Jochen Ehrenreich, der die Veranstaltung an der FAST organisiert. „Idealerweise gibt das Forum zur Heritage Interpretation einen Impuls für die Forschung und ist gleichzeitig ein Anfang für weitere Projekte – immerhin haben sich schon mehr als 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu der Veranstaltung angemeldet."

Die FAST wurde 2012 an der Universität Freiburg als Anlaufstelle für Anfragen und Impulse aus der Wirtschaft, von Institutionen und Verbänden eingerichtet und hat experimentell neue Wege der Kooperation erprobt. Sie hat dazu beigetragen, die Universität für die regionale Wirtschaft und die Zivilgesellschaft zu öffnen – bisher wurden knapp 50 Kooperationen und Projekte angebahnt und begleitet. Die Kontakt- und Vermittlungsfunktion sowie die Dialogformate der FAST werden zukünftig von Dr. Heinrich Stülpnagel von den Freiburg Research Services und Dr. Thomas Maier vom Gründerbüro der Universität Freiburg koordiniert.


Das Dialogforum „Heritage Interpretation" findet am 26. September 2017 von 13 bis 17:30 Uhr im Veranstaltungssaal der Universitätsbibliothek Freiburg, Platz der Universität 2, 79098 Freiburg, statt. Eine Anmeldung ist erforderlich.


Sonja Seidel

Beitrag in uniˈleben zur App „Freiblick" (2016)

Pressemitteilung zur App

Beitrag in uniˈleben zum Naturlehrpfad am Kandel (2011)