Forschungstraditionen zusammenbringen
Freiburg, 03.11.2017
Die International Language and Law Association (ILLA) hat sich bei einer Konferenz in Freiburg neu gegründet. Etwa 150 Sprache- und Recht-Forscherinnen und Forscher aus über 32 verschiedenen Ländern nahmen an der Konferenz teil. Unter dem Motto „Language and Law in a World of Media, Globalisation and Social Conflicts” diskutierten sie in Vorträgen und Workshops über die sprachliche und mediale Verfasstheit des Rechts unter dem Einfluss von Mehrsprachigkeit, Digitalisierung und der weltweiten Zunahme sozialer Konflikte. Organisator war der Freiburger Juniorprofessor für Medienlinguistik Dr. Friedemann Vogel, der abschließend zum Gründungspräsidenten gewählt wurde. „Nach einer Phase der ersten Orientierung und Vorbereitung war es nun an der Zeit, ILLA neu zu starten, um die Vereinigung auf der Basis der bisherigen Erfahrungen neu auszurichten und ihre eine neue, nachhaltige Struktur zu geben“, heißt es auf der ILLA-Website zur Neugründung. Im Gespräch mit Jannis Behnke berichtet Friedemann Vogel über die Konferenz und erzählt von den Zielen, die er mit der ILLA erreichen will.
Friedemann Vogel will der weltweiten Sprache- und Recht-Forschung einen organisatorischen Rahmen für den wissenschaftlichen Austausch bieten.
Foto: Martin Jost
Herr Vogel, Sie waren der verantwortliche Organisator der ILLA-Neugründungskonferenz – wie ist Ihr Resümee?
Friedemann Vogel: Die Konferenz war aus meiner Sicht ein großer Erfolg. Es begegneten sich erstmals Forschungstraditionen, die sich teilweise seit Jahrzehnten unabhängig voneinander entwickelt, aber sich gegenseitig praktisch nicht zur Kenntnis genommen haben. Am Ende der Tagung haben wir die ILLA neu gegründet, was weltweit Aufmerksamkeit gefunden hat. Wir haben sogar ein internationales Netzwerk von Doktorandinnen und Doktoranden initiiert.
Wieder da: Die International Language and Law Association feiert in Freiburg ihre Neugründung.
Foto: Tony Franzky
Die International Language and Law Association gibt es schon seit zehn Jahren – wie sind Sie zur ILLA gekommen?
Ich bin seit rund zehn Jahren in der deutschsprachigen Rechtslinguistik aktiv und habe immer bedauert, dass sich die verschiedenen Forschungsstränge nicht näher kommen und sich gegenseitig nicht voranbringen. Als ich 2013 in Vancouver auf die ursprünglichen Initiatoren der bis dahin nicht weiter entfalteten ILLA stieß, entstand der Gedanke, die Internationalisierung der deutschsprachigen Rechtslinguistik neu anzustoßen. Nach dem Motto: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Was genau ist beziehungsweise macht die ILLA, welche Ziele verfolgt sie?
Die ILLA ist eine Fachgesellschaft, die die weltweite Sprache- und Recht-Forschung versammelt und ihr einen organisatorischen Rahmen für den wissenschaftlichen Austausch bietet. Wir haben es mit einer stark interdisziplinär ausgerichteten Community zu tun, die vor allem aus Linguistinnen und Linguisten sowie Juristinnen und Juristen besteht. Allerdings sind auch Forscherinnen und Forscher aus der Medienwissenschaft, Philosophie, Sozialwissenschaft, Justiz, Forensik und Übersetzung vertreten. Einer der Schwerpunkte ist die Grundlagenforschung, die Fragen beantwortet wie: Was kennzeichnet die juristische Fachkommunikation vor Gericht? Wie entstehen Gesetzestexte und wie werden sie interpretiert? Außerdem geht es um angewandte Beiträge, wie zum Beispiel: Wie lassen sich Gesetzgebungs- und Verwaltungstexte adressatenorientiert optimieren? Welchen Beitrag können computergestützte Verfahren zur juristischen Methodik liefern? Oder wie lässt sich in der Forensik die Spracherkennung von Erpresserinnen und Erpressern verbessern?
Was sind Ihre Aufgaben als neuer Gründungspräsident?
Die Präsidenten der Fachgesellschaft haben zum einen eine administrative Funktion nach innen, zum anderen eine repräsentative nach außen. Inhaltlich geht es in den nächsten beiden Jahren darum, die internationale Forschungsgemeinschaft der Sprache- und Recht-Forschung weiter zu bündeln und weltweit miteinander ins Gespräch zu bringen. Das ist leichter gesagt als getan, wir wussten vor der Freiburger Tagung zum Beispiel nichts über die spannenden Aktivitäten in Afrika oder Russland. Und wo es um Sprache und Recht geht, geht es immer auch um gesellschaftliche Macht und um Machtkontrolle. Die Frage ist also, was wir Rechtslinguisten zur Bearbeitung von Konflikten und zur Befriedung der Völker konkret beitragen können. Unsere Aufgabe wird sein, möglichst viele Anlässe zu finden oder Gelegenheiten zu schaffen, um solche Fragen weiter zu bearbeiten und rechtslinguistisch zu beantworten.
Was wird sich nach der Neugründung ändern?
Mit der Neugründung der ILLA wird der internationale Austausch unter verschiedenen Forschungstraditionen der Sprache- und Recht-Forschung erheblich erleichtert, an manchen Stellen sogar überhaupt erst möglich. Auf dieser Grundlage werden wir Gemeinschaftsprojekte effektiver initiieren und unterstützen können. Erste Ansätze wird es bereits wenige Wochen nach der Tagung geben.