Ausgezeichnete Europafreunde
Freiburg, 14.12.2017
Brexit-Votum, Trump-Wahl, AfD-Aufstieg. Irgendwann war das Maß bei Benedikt Kau, Hans-Christoph Schlüter und Mirko Moser-Abt voll. Ein paar Tage wälzten die drei Männer ihre Ideen hin und her. Schließlich setzten sie sich in der Universitätsbibliothek Freiburg zusammen und gründeten die Gruppe „WhyEurope“. Mehr aus einer Laune, einem Impuls heraus, wie sich Kau erinnert: „Der Brexit war der konkrete Auslöser. Wir dachten uns: Jetzt ist der Augenblick, aktiv zu werden und proeuropäische Dinge zu verbreiten.“ Das Engagement hat sich gelohnt: 2017 gab es den European Public Communication Award der Europäischen Kommission.
2017 ist „WhyEurope“ im Europäischen Parlament in Brüssel/Belgien mit einem Preis geehrt worden. Foto: Grecaud Paul/Fotolia
Im Sommer 2016 richteten der Student Benedikt Kau und seine beiden Kollegen – inzwischen Alumni der Universität Freiburg – eine Facebook-Seite ein und luden „ein paar lustige Bilder“ hoch, die sie kurz zuvor vorbereitet hatten. „Das war zum Zeitpunkt der Pokémon-Go-Phase. Da posteten wir: ‚Pokémons stoppen nicht an Grenzen.‘“ Damit wurde die theoretische Geburtsstunde der Initiative auch in der Praxis zur Realität. Kamen anfangs einige wenige Likes zusammen, sind es inzwischen knapp 2,5 Millionen Userinnen und User monatlich, die die Seite mit „Daumen hoch“ bewerten. Schnell fanden Kau, Schlüter und Moser-Abt mehr Mitstreiterinnen und Mitstreiter.
„Die Art und Weise, wie Populistinnen und Populisten kommunizieren, ist oft sehr erfolgreich. Wir wollen einen ‚positiven Populismus‘ betreiben – genauso simpel, konkret und emotional“, erläutert Kau, der Liberal Arts and Sciences am University College Freiburg studiert. Mittlerweile bespielt ein 23-köpfiges Team aus mehreren Ländern die drei Kanäle Facebook, Twitter und Instagram in vier Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch und Ungarisch. Dezidiert proeuropäisch.
Vorteile vor Augen führen
Aus Freiburg sind zudem Amelie Kircher, Studentin der Angewandten Politikwissenschaft, und Vera Königsmann, Studentin der Europäischen Ethnologie, mit dabei. Als weitere Alumna ist Clémence Haacke mit an Bord. Alle zusammen setzen sich für die Idee eines geeinten Europas ein und wollen ihrer Generation, die weder den Kalten Krieg noch die Berliner Mauer miterlebt hat, die Vorteile von Europa vor Augen führen. Vorteile, die für viele bereits zur Selbstverständlichkeit geworden sind – ob Frieden, Reisefreiheit oder Binnenmarkt.
Amelie Kircher, Benedikt Kau und Vera Königsmann (von links) wollen positiven Populismus für Europa betreiben – und zwar nicht nur vor dem „Haus zum Walfisch“, in dem Erasmus von Rotterdam während seines Aufenthalts in Freiburg lebte. Foto: Klaus Polkowski
Solche Errungenschaften rückt die Gruppe mit locker-launigen Posts ins Rampenlicht. Ein Beispiel? Im Bild: vier Backpackerinnen am Bahnhof. Darunter die Message: „Life is too short to only see one country“. Egal ob es um den berühmt-berüchtigten Krümmungsgrad der Gurke, das Verbot von Tierversuchen für Kosmetikprodukte oder die Entschädigung von Flugreisenden geht: Die Macherinnen und Macher von „WhyEurope“ veranschaulichen das scheinbar Abstrakte oder schwer Zugängliche mit vielen Bildern und wenig Text. So eindrücklich und so weitreichend, dass sogar Brüssel auf die Initiative aufmerksam geworden ist: Im November 2017 ist die Mannschaft im Europaparlament für ihre Arbeit mit dem European Public Communication Award der Europäischen Kommission ausgezeichnet worden.
Nähe und Distanz
„Das war eine große Anerkennung für das Team“, freut sich Amelie Kircher. Dennoch distanziert sie sich ein wenig von der „EU in ihrer jetzigen Form“. Und auch Benedikt Kau wiegelt ab: „Wir sind nicht die Marketingagentur der Europäischen Union. Wir sind nur ein paar Studierende, die Bilder hochladen.“ „Und das wollen wir auch ernsthaft und langfristig weiter so handhaben“, ergänzt Vera Königsmann. Nachdem die Europafans in diesem Jahr die Kampagnen „Blijf bij ons“ und „Restez avec nous“ für die Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich entworfen haben, wollen sie sich mit den Anfang 2019 anstehenden Europawahlen auseinandersetzen. Dezidiert proeuropäisch, versteht sich.
Alexander Ochs