Messpipette und Bakterienkulturen
Freiburg, 06.05.2020
Ein Klick reicht, und schon steht man zusammen mit Kursassistentin Astrid Steindorf im Labor. Sie trägt einen weißen Kittel, auf dem Arbeitstisch vor ihr stehen zwei Laborkolben. Daneben schlängelt sich der rote Schlauch des Bunsenbrenners über den Tisch. Steindorf erklärt, was es beim sterilen Arbeiten im Labor zu beachten gilt. Fast ist es so, als stünde man ihr gegenüber. Dabei ist es ein E-Labor, aus dem die Kursassistentin zu einem spricht. Das Coronavirus macht es derzeit unmöglich, dass sich Lehrende und Lernende zum gemeinsamen Experimentieren im Labor treffen. Doch auch im digitalen Sommersemester 2020 müssen Freiburger Studierende der Biologie nicht auf die Laborpraxis verzichten.
Fit fürs virtuelle Labor: Astrid Steindorf erklärt, was es beim sterilen Arbeiten zu beachten gilt. Foto: Harald Neumann
Die Laborarbeit ist in den Naturwissenschaften ein Muss. Sonja-Verena Albers ist Professorin für Mikrobiologie an der Albert-Ludwigs-Universität und unter anderem für das Grundmodul 14 zuständig, das Bachelorstudierende des vierten und fünften Semesters belegen müssen. Etwa 200 Studierende seien das jedes Jahr, die genau nach Plan durch die Lerneinheit geführt werden. Dazu gehören nicht nur Vorlesungen in Mikrobiologie, Immunbiologie und Biochemie, sondern auch das Mikrobiologie-Grundpraktikum in den ersten sechs Semesterwochen. Dabei gehe es vor allem darum, den Studierenden alle nötigen Techniken für die Laborarbeit beizubringen, sagt Albers. Mit Corona wurde das Grundmodul komplett umgekrempelt. „Musste umgekrempelt werden“, so Albers. „Sonst hätten meine Studierenden ein volles Jahr warten müssen, um die Studienleistung nachzuholen.“ Und das habe man nicht gewollt.
Steriles Arbeiten lernen
In nur drei Wochen wurden Konzepte geschrieben, Materialien zusammengestellt, Vorlesungen eingesprochen – und um die 25 Experimente fotografiert und gefilmt. Wie die zum sterilen Arbeiten oder Versuche zum Wachsen von Bakterienkulturen. Stressig sei das Erarbeiten gewesen, sagt Albers im Rückblick. Gelohnt habe es sich trotzdem. Studierende wie Miriam Kaltwasser – sie studiert im vierten Semester Biologie – sind jedenfalls froh, das Modul in diesem Semester machen zu können. „Das Material ist gut“, sagt Kaltwasser. Man nehme schon einiges mit. Was natürlich fehle: dass man die Dinge nicht selber machen könne. Oder nur punktuell: In dem Video zum sterilen Arbeiten gibt Astrid Steindorf auch praktische Tipps. Zum Beispiel zeigt sie, wie eine in einem Laborköcher liegende Messpipette angefasst werden muss, um ihre Spitze steril zu halten. Nur dass die Messpipette ein Bleistift ist und der Köcher eine Küchenpapierrolle, in die ein kleinere Klopapierrolle geschoben wurde – das können die Studierenden zu Hause nachstellen. Das sei hilfreich, um Handgriffe zu verinnerlichen, aber eben kein Ersatz, findet Kaltwasser.
Alle Lernangebote des Grundmoduls 14 werden dem Stundenplan entsprechend auf der Lernplattform ILIAS freigeschaltet. Die Vorlesungen werden wochenweise online gestellt, die E-Praktika am jeweiligen Kurstag. Natürlich werden die Lerneinheiten im Labor auch abgeprüft. Der Test zum Kurstag kann bis Sonntagabend derselben Woche bearbeitet werden.
In Vor-Corona-Zeiten war das Praktikumskonzept ein anderes. Bevor es ins Labor ging, bekamen die Studierenden ein Skript zum Durcharbeiten. Die Idee dahinter: „Die Studierenden sollten vorbereitet zu uns ins Labor kommen“, sagt Albers. Den Live-Experimenten wurde darum immer ein Testat vorgeschaltet. Jetzt wird genau andersherum verfahren: Über ILIAS erhalten die Studierenden erste Informationen zu dem anstehenden Experiment. Wer will, kann sich dann direkt weiter ins virtuelle Labor klicken. Getestet wird danach und ebenfalls online. Und das Skript? Das gebe man im Nachgang aus, so Albers. Und die Klausur zum Modul finde, wie bisher auch, erst am Ende des Semesters statt.
Nachhaken ist jederzeit möglich
Das Online-Modul scheint zu funktionieren. Der erste Abschlusstest sei erfolgreich gewesen, berichtet Albers. Bis auf acht Studierende hätten alle daran teilgenommen, und nur fünf seien durchgefallen. Die Studierenden können auch jederzeit nachhaken. Eigens dafür wurde ein Online-Forum eingerichtet. 18 Meldungen sind im Laufe der ersten Vorlesungswoche bei Albers eingegangen. Eine davon war die eines Studenten, der darum bat, in einer Mikrobiologie-Übung doch bitte noch einmal eine Testaufgabe durchzurechnen. Er glaube seine Antwort, die im Test falsch gewertet wurde, sei richtig. Und tatsächlich – er hatte Recht. Albers und ihr Team haben umgehend nachgebessert. Am Ende seiner Mail bedankte sich der Student noch für das Online-Praktikum. Es klappe wirklich gut, schrieb er, und mache trotz Fernlehre Spaß.
Stephanie Streif