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„Ne“ heißt „ja“

Der Dolmetscher und Sprachlehrer Michael Nezis will Menschen Griechisch als Mittel zur Völkerverständigung nahebringen

Freiburg, 28.05.2018

„Ne“ heißt „ja“

Foto: Klaus Polkowski

Neugriechisch ist eine der 24 Amtssprachen der Europäischen Union. Zusammen mit den ausgewanderten Griechen und Zyprioten sprechen weltweit mehr als 13 Millionen Menschen Griechisch als Muttersprache. In einer Serie über selten gelernte Sprachen hat sich Christine Hohlbaum mit dem Dozenten Michael Nezis über die Vorteile und mögliche Missverständnisse der Sprache unterhalten.


Michael Nezis ist in Freiburg zweisprachig aufgewachsen. Er arbeitet als Dolmetscher und Sprachlehrer in der Region. Seit 2017 unterrichtet er Neugriechisch am Sprachlehrinstitut der Universität Freiburg. Foto: Klaus Polkowski

Herr Nezis, warum zählt Neugriechisch zu den selten gelernten Sprachen?

Michael Nezis: Das Interesse an einer Sprache steigt mit der Aussicht, sie im Beruf anzuwenden. Griechenland ist keine Wirtschaftsmacht – aber es freut mich jedes Jahr, wenn ich sehe, dass sich trotzdem einige Leute für die Sprache begeistern.

Welche Gründe gibt es, Griechisch zu lernen?

Natürlich kann man sich in Griechenland auch auf Englisch oder Deutsch verständigen. Lernt man aber die Landessprache, kann man einen ganz anderen, bereichernden Zugang zur griechischen Kultur und den Menschen vor Ort erlangen. Eine Sprache kann zur Völkerverständigung beitragen.

Welchen Ausdruck sollte jede und jeder auf Griechisch kennen?

Die üblichen Begrüßungswörter und Höflichkeitsformen wären schon schön. „Jiássas“ bedeutet sowohl „Hallo“ als auch „Auf Wiedersehen“, etwa wie „Ciao“ im Italienischen. Natürlich gehören auch „parakaló“ (bitte) und „efcharistó“ (Dankeschön) zum Repertoire dazu. Geschickt wäre auch, die Wörter „fajitó“ (Essen) und „tualéta“ (Toilette) zu kennen.

Was ist Ihr Lieblingswort?

Das hängt von meiner Stimmung ab. Schöne Wörter sind „agápi“ (Liebe) und „thálassa“ (Meer).

Vor welchem „false friend“ müssen sich die Leute im Griechischen hüten?

Wenn man zum Beispiel „mia bira“ (ein Bier), in einer Taverna bestellt und der Kellner „ne“ sagt, muss man keine Angst kriegen, dass man kein Getränk bekommt. „Ne“ bedeutet auf Griechisch „ja“. „Apothíki“ ist nicht der Ort, um Medikamente zu kaufen, sondern ein Schuppen, wo sich Spaten und Schaufel befinden können. „Trápeza“ ist kein Gerät im Zirkus, sondern ein Geldinstitut. „Chína“ ist nicht das bevölkerungsreichste Land der Welt, sondern eine Gans. Nicht zuletzt sollte man „serviéta“ (Damenbinde) nicht mit einer Serviette verwechseln.

Welchen Ausdruck, den es in Ihrer Sprache gibt, vermissen Sie im Deutschen?

Für den Begriff „filótimos“ gibt es keine zufriedenstellende Äquivalenz. Es geht in die Richtung von „Gentleman“ im Kontext von Freundlichkeit, Ehre und Hilfsbereitschaft. Im Gegensatz dazu gibt es auch Worte im Deutschen, deren griechische Bedeutung ich nicht finde, zum Beispiel „fauchen“. Meine griechischen Freunde sagen „chhhhh“ dazu. Bislang habe ich keinen zufriedenstellenden griechischen Begriff dafür gefunden.

Mit welchem griechischen Wort lässt sich am besten die Universität Freiburg umschreiben, und was bedeutet es?

Ich verbinde die Universität mit dem Wort „agorá“, wo früher, abgesehen vom Austausch von Gütern, auch Ideen und Ansichten ausgetauscht wurden und politische Meinungen aufeinander prallten.

Sprachlehrinstitut

Das Sprachlehrinstitut (SLI) der Universität Freiburg bietet mehr als 20 Sprachen an. Die Kurse stehen allen Studierenden, Bediensteten und Gästen der Universität sowie der interessierten Öffentlichkeit offen.

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