Eine Mönchsgrasmücke, Bingo!
Freiburg, 05.05.2020
An der Albert-Ludwigs-Universität wird derzeit unter Hochdruck an Online-Exkursionen gearbeitet. Auch der Freiburger Student Dennis Günther hilft mit. Seine Aufgabe ist es, im Bachelorstudiengang Umweltnaturwissenschaften an Alexandra-Maria Kleins Professur für Naturschutz und Landschaftsökologie ein digitales Modul im Bereich „ornithologische Grundlagen“ zu erarbeiten. Teil dieses Moduls sind auch Exkursionen. Diese seien zweigeteilt und bestehen aus einer virtuellen und einer realen Tour, berichtet Günther.
Welche Vögel sind zu sehen? Bernhard Eitzinger (links) und Dennis Günther sammeln Material für die Exkursion, die die Studierenden später alleine oder zu zweit unternehmen werden. Foto: Sandra Meyndt
Bei der virtuellen Exkursion gehen Lehrende ins Gelände, zum Beispiel in den Kaiserstuhl oder auf den Feldberg. Dort halten sie mit einer Foto- und Filmkamera ihre Beobachtungen fest, führen aber auch vor Ort ins Thema ein, erzählen zum Beispiel, welche naturräumlichen Besonderheiten auf dem Feldberg herrschen und welche Vögel dort bevorzugt brüten. All dieses Material stellen sie den Studierenden später zur Verfügung. Auch die Beobachtungsorte sollen – so der Plan – mit GPS-Daten verbunden werden, damit Studierende die Tour der Lehrenden später eigenständig nachgehen können.
Vogelstimmen per App bestimmen
Bei der Live-Exkursion ziehen die Studierenden dann alleine oder zu zweit los, ausgestattet mit Fernglas, Bestimmungsbuch – und der ein oder anderen App auf dem Smartphone, zum Beispiel zum Bestimmen von Vögeln und Vogelstimmen. Anleitungen zu den Apps hat Günther in kurzen Online-Tutorials zusammengefasst. Den Experten im Feld könne all das freilich nicht ersetzen. Die Studierenden sollen aber trotzdem ihre eigenen Beobachtungserfolge machen können. Und dabei wolle man diese bestmöglich unterstützen – mit Wissen, aber auch mit Tools. Weiter ist ein Online-Forum angedacht, auf dem Studierende das von ihnen mitgebrachte Material einstellen können. Man wolle einen Austausch schaffen, sowohl zwischen den Studierenden als auch mit den Lehrenden. Außerdem lasse sich auch anhand des Forums nachvollziehen, wie diese Art von Exkursionen angenommen werden und welche Lerneffekte sich damit erzielen lassen.
An ihrem Zwitschern sollt ihr sie erkennen: Mit einer App lassen sich Vogelarten bestimmen. Foto: Sandra Meyndt
Pflanzen entdecken und abhaken
Die Vogelkunde ist nur ein Modul im Nebenfach „Naturschutz und Landschaftspflege“, das wegen Corona digital konzipiert wird. Sechs Module seien es alleine in ihrer Professur, sagt Alexandra-Maria Klein. Und in allen Modulen kommen mindestens zwei Exkursionen vor. Im Bachelorstudiengang betreut Klein jedes Semester mehr als 250 Anfängerinnen und Anfänger, die man auch dieses Sommersemester wieder auf Exkursion schicken wolle. Nur eben anders als bisher. In Zweiergruppen und ohne Lehrende, die sie vor Ort unterstützen können.
Natürlich gebe man den Studierenden genau vor, von wo aus sie ihre Touren starten sollen. Und was es im Kaiserstuhl oder auf dem Schönberg alles zu entdecken gibt. Eigens dafür haben Klein und ihr Team Material entwickelt, unter anderem eine Liste, in der alles, was es zu entdecken gilt, nebeneinander und untereinander angeordnet ist. Das funktioniere wie ein Bingo-Spiel, erklärt Klein. „Jedes Tier, jede Pflanze, die entdeckt wird, darf abgehakt werden.“ Das Ziel sei, mindestens eine Reihe komplett zu haben.
Die Fotos und Videoaufnahmen von Mönchsgrasmücke, Haussperling und Rotkehlchen werden Dennis Günther (links) und Bernhard Eitzinger den Studierenden auf einer digitalen Plattform zur Verfügung stellen. Foto: Sandra Meyndt
Material sammeln, schneiden und vertonen
Klein und ihr Team lotsen auch ihre Masterstudierenden, zum Beispiel im Modul „Freilandökologie“, raus ins Freie. Das Setting ist entsprechend anspruchsvoller. Alle Studierenden haben in diesem sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache angebotenen Modul bereits ein eigenes kleines Forschungsprojekt zu bearbeiten, zum Beispiel die Bienenarten auf Wiesen unterschiedlicher Höhestufen zu zählen und zu bewerten. Das dazu nötige Werkzeug wird online vermittelt. Verschiedene Methoden aus der Vegetationsökologie, Zoologie und Bodenkunde seien es, die man den Studierenden in diesem Modul zur Verfügung stelle. Die Studierenden wählen aus – brauche ich, brauche ich nicht. Rückfragen seien natürlich erlaubt, sagt Klein. Um diese zu besprechen, werde es begleitende virtuelle Meetings geben. Die meisten Exkursionen im Fach Naturschutz und Landschaftsökologie sind noch in Arbeit. Videos müssten noch aufgezeichnet und Material vertont und geschnitten werden. Aber es komme langsam immer mehr und immer besseres Material zusammen.
„Uns war es wichtig, die Exkursionen nicht ausfallen zu lassen“, betont Alexandra-Maria Klein. Nur trockene Theorie sei eben nicht sehr aufregend. Günther sieht das ähnlich: Das Exkursionsangebot in Corona-Zeiten habe den Nachteil, dass man auf die Expertinnen und Experten im Feld verzichten müsse und Lernerfolge nicht mit einer größeren Gruppe teilen könne. „Das Lernen bleibt dabei aber trotzdem erlebbar“, glaubt er. Und einen klaren Vorteil gebe es: Das E-Learning-Material macht das Lernen für jede und jeden sehr viel flexibler.
Stephanie Streif