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Aufbruch im virtuellen Klassenzimmer

Die Universität Freiburg startet in ein Sommersemester, das von digitaler Lehre geprägt sein wird

Freiburg, 11.05.2020

Aufbruch im virtuellen Klassenzimmer

Foto: Klaus Polkowski

Innerhalb weniger Wochen hat die Universität Freiburg ihr Lehrangebot nahezu flächendeckend umgestellt: Galt E-Learning zuvor als eine ergänzende und bereichernde Alternative, sind digitale Formate im Sommersemester 2020 der neue Standard – über alle Disziplinen und Studiengänge hinweg. Eine Ausnahme wird es laut der Corona-Verordnung nur für einige Laborkurse geben. Von den Erfahrungen aus diesem besonderen Semester kann die Universität langfristig profitieren.

Der Hörsaal bleibt leer, die Vorlesung findet statt: Die Lehrenden der Universität Freiburg nutzen digitale Formate, damit die Studierenden ihre Veranstaltungen vollständig im Fernstudium absolvieren können. Foto: Klaus Polkowski

Seit einigen Monaten erarbeiteten Studierende und Lehrende der Universität Freiburg in einem Co-Creation-Prozess gemeinsam eine Strategie für die Digitalisierung in der Lehre – ein Vorhaben, das in seiner Aktualität und Bedeutung nochmals immens gestiegen ist. Aufgrund der Coronapandemie wird die Lehre an der Universität Freiburg im Sommersemester 2020 nahezu ausschließlich in digitalen Formaten stattfinden. Vorgesehen ist zwar, das Lehrende ab dem 15. Juni 2020 in einen ergänzenden Präsenzmodus wechseln können. Sie müssen aber sicherstellen, dass Studierende die Lehrveranstaltung vollständig im Fernstudium absolvieren können, betont Prof. Dr. Juliane Besters-Dilger, Prorektorin für Studium und Lehre: „Wir müssen auch in den kommenden Monaten noch mit vielen Abwesenheiten rechnen, beispielsweise durch Krankheiten, Quarantänemaßnahmen oder Einreiseschwierigkeiten – bei Lehrenden ebenso wie bei Studierenden. Daher ist es zwingend notwendig, die Lehre über das gesamte Sommersemester hinweg digital fortzuführen.“

Videochat, Diskussionsforen, Lerngruppen

Technische und didaktische Werkzeuge für E-Learning sind an der Universität Freiburg in hohem Maße verfügbar, sagt Prof. Dr. Gerhard Schneider, Prorektor für Digitale Transformation und Direktor des Rechenzentrums: „Die Lernplattform ILIAS ermöglicht es, aufgezeichnete Vorlesungen, Literatur und Lernaufgaben online bereitzustellen – aber auch, Diskussionsforen einzurichten, sich über ein Virtual-Classroom-System online synchron zu treffen und per Videochat zu kommunizieren.“ Ein flexibler Bereich ist dafür vorgesehen, dass Studierende eigene Lerngruppen bilden und alle verfügbaren Werkzeuge selbstständig nutzen können. Trotz alledem werde es zwar nicht möglich sein, für jedes Format der Präsenzlehre einen gleichwertigen Ersatz anzubieten, doch die Lehrenden seien enorm engagiert und bestrebt, das Beste aus der Situation zu machen, betont Besters-Dilger: „Es entstehen unter anderem kreative Ansätze, um beispielsweise sogar virtuelle Alternativen zu Laborpraktika und Exkursionen anzubieten.“

Mehr Spielräume bei Prüfungen

Wesentliche Rahmenbedingungen für den Ablauf von Studium und Lehre im Sommersemester hat die Universität Freiburg in ihrer Corona-Satzung geregelt. Die Lehrenden dürfen laut der Satzung in diesem Semester von der festgelegten Art der Studien- und Prüfungsleistungen abweichen: Für jede Art von mündlicher Prüfung können sie auf digitale Lösungen zurückgreifen Klausuren sind ebenfalls möglich, wobei jedoch Abstands- und Hygienevorschriften gelten: Alle Anwesenden müssen mindestens eineinhalb Meter Abstand voneinander halten und eine Mund-Nase-Bedeckung tragen, wenn sie den Hörsaal betreten.

Die Umstellung auf digitale Lehre für etwa 25.000 Studierende ist indes eine völlig neue Situation, für die es keine Erfahrungswerte gibt. Bisher haben sich zu Semesterbeginn stets etwa 4.000 Studierende gleichzeitig auf ILIAS aufgehalten, berichtet Gerhard Schneider: „Wir sind zwar hinsichtlich der Kompetenz unseres Teams sehr gut aufgestellt, aber nicht für die Last, die wir nun erwarten.“ Das Rechenzentrum baue die technische Infrastruktur aktuell weiter aus, aber das Sommersemester werde hinsichtlich Netzauslastung und Serverkapazitäten dennoch eine Herausforderung darstellen.

Schub für die Digitalisierung

Die Universität Freiburg wird in diesem besonderen Semester viele neue Erkenntnisse gewinnen. Welche E-Learning-Formate erweisen sich in welchen Fächern als sinnvoll? Wo braucht es weitere technische oder hochschuldidaktische Unterstützung? Was ist an zusätzlichen Ressourcen erforderlich? „Vieles wird gelingen, manches aber auch scheitern, und dafür bitten wir unsere Studierenden schon heute um Nachsicht und Verständnis. Bei allen Einschränkungen, mit denen wir umgehen müssen, sehen wir aber zugleich eine große Chance, als Universität gemeinsam zu lernen“, sagt Besters-Dilger. Das Semester wird vielfach zeigen, welches Potenzial in der Digitalisierung der Lehre steckt – und was sich auch noch in Zukunft bewähren wird, wenn die Hörsäle, Seminarräume und Labore hoffentlich wieder uneingeschränkt nutzbar sind.

Nicolas Scherger