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Alternative zur Apotheke

In einer neuen Profillinie lernen Studierende der Pharmazie, wie Arzneimittel entwickelt und zugelassen werden

Freiburg, 02.07.2018

Alternative zur Apotheke

Foto: kenary820/Fotolia

Wer ein Pharmaziestudium absolviert, hat in der Regel eine Zukunft in der Apotheke im Visier. Andererseits bietet die Arzneimittelindustrie angehenden Pharmazeutinnen und Pharmazeuten ebenfalls attraktive Möglichkeiten, für die sich immer mehr Studierende interessieren. Um sie auch auf diese berufliche Sparte vorzubereiten, bietet das Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Freiburg im Rahmen des Masterstudiengangs zum Wintersemester 2018/19 erstmals die neue Profillinie „Regulatory Affairs and Drug Development“ an. Jürgen Reuß hat sich beim zuständigen Hochschullehrer Prof. Dr. Andreas Bechthold erkundigt, was es damit auf sich hat.


Foto: kenary820/Fotolia

Herr Bechthold, was hat Sie dazu bewogen, die neue Profillinie im Masterstudiengang anzubieten?

Andreas Bechthold: Das hat eine längere Vorgeschichte. Seit fünf Jahren geben wir Industriellen im Rahmen einer Vorlesungsreihe die Gelegenheit, ihre Firmen vorzustellen. Die Studierenden erhalten somit die Möglichkeit, sich über den Arbeitsalltag und notwendige Qualifikationen zu informieren. Daraus hat sich ein gemeinsames Interesse von Universität und Industrie entwickelt, enger zusammenzuarbeiten. Gerade im Bereich „Regulatory Affairs and Drug Development“, also dem Prozess von der Entwicklung eines Medikaments bis zu dessen Marktreife, ist die Universität auf Fachkenntnis von außen angewiesen, während die Industrie nach Menschen sucht, die in diesem Bereich ausgebildet sind. In Gesprächen hat sich herausgestellt, dass viele kleinere und mittlere Unternehmen, aber auch ein Großkonzern wie Hoffmann-La Roche tatsächlich bereit waren, einen Großteil der Lehre zu übernehmen.

Studierende können ihren Master also sehr praxisnah gestalten?

Ja, aber nicht nur auf das bezogen, was die Firmen anbieten. Wir werden auch Bereiche wie Öffentlichkeitsarbeit einbeziehen. Die Studierenden werden lernen, wie sie Informationsmaterial für die Presse aufbereiten und mit Journalistinnen und Journalisten umgehen. Die Juristische Fakultät wird die Seite der Gesetzgebung einbringen, und auch ethische Fragen werden erörtert, sodass der ganze Komplex, der mit der Zulassung eines neuen Medikaments zusammenhängt, abgedeckt wird. Das wichtigste aber ist der Einblick in den konkreten Arbeitsalltag: Für den, der bei einem großen Konzern wie Roche arbeitet, sieht das Aufgabenfeld beispielweise ganz anders aus als bei einer kleinen Firma.

Sie möchten den Master mehr an den Belangen der Unternehmen ausrichten?

Uns geht es vor allem darum, den Studierenden möglichst viele verschiedene Berufsfelder zu eröffnen und die Praxis, die sie dort erwartet, anschaulich zu vermitteln. Eine wissenschaftliche Ausbildung bleibt im Übrigen weiterhin die Grundlage. Aber wer dann nach dem Abschluss nicht in die Apotheke möchte, soll sich aufgrund einer universitären Ausbildung entscheiden können, ob sie oder er stattdessen vielleicht als Regulatory Affairs Manager arbeiten will.


Solide wissenschaftliche Ausbildung und Einblick in den Arbeitsalltag: Andreas Bechthold ist von der neuen Profillinie überzeugt. Foto: Ingeborg F. Lehmann

Was ist der Kern der neuen Profillinie?

Die Studierenden lernen, wie Arzneimittel entwickelt und zugelassen werden. In der Pharmaindustrie beginnt dieser Prozess heute schon lange vor der eigentlichen Arzneimittelforschung, weil etwa ethische, regulatorische und sonstige Verfahren schon sehr frühzeitig durchdacht werden müssen. Dieses komplexe Feld aufzuschlüsseln ist unser Anliegen.

Steht in der Industrie nicht immer der Profit im Vordergrund?

Finanzielle Interessen sind legitim und auch notwendig, wobei meine Erfahrung bisher zeigt, dass die Firmen nicht nur kurzfristigen Profit im Sinn haben, sondern durchaus nachhaltig denken. Aber auch da werden wir beispielsweise eine Expertin haben, die anhand eines konkreten Falls genau schildern kann, wie es zur Entscheidung kam, ein bestimmtes Medikament zu entwickeln, und wie es dann weiterging.

Wird es die universitäre, wissenschaftliche Ausbildung nicht kompromittieren, wenn sie sich stark an den Wünschen der Unternehmen ausrichtet?

Da sehe ich keine Gefahr, weil es bei uns um eine ganz basale Ausbildung im Hinblick auf die Entwicklung von Medikamenten geht. Die Industrie wiederum will schauen, ob sich unter den Studierenden jemand befindet, die oder der zum eigenen Unternehmen passen könnte. Für die Studierenden hat das den Vorteil, dass sie ihre Masterarbeit vielleicht schon in einem Betrieb machen können, der sie später möglicherweise übernimmt.

Wer kann die Profillinie besuchen?

Primär natürlich unsere Masterstudierenden, die bereits einen Bachelor in Pharmazie haben. Wer aus anderen Fachrichtungen wie Biologie, Biotechnologie oder Chemie kommt, kann sich ebenfalls in den Masterstudiengang einschreiben. Vielleicht müssen Fachfremde noch ein paar Scheine nachmachen, können aber prinzipiell an diesem Angebot teilnehmen. Auch fertige Pharmazeuten mit Staatsexamen können einstigen, wenn sie bereit sind, ein Masterstudium anzuhängen.

 

Institut für Pharmazeutische Wissenschaften