Älter werden, fit bleiben
Freiburg, 02.05.2018
Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein kleines, modern eingerichtetes Fitnessstudio. Wären da nicht die Bildschirme und Messgeräte, die darauf hinweisen, worum es sich tatsächlich handelt: Der Arbeitsbereich Ernährung am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Freiburg hat ein neues Labor eröffnet – das „Nutrition + Training Lab“ (NuTraLab). „Schneller, höher, weiter“ ist jedoch nicht das alleinige Ziel, betont der Internist und Ernährungsmediziner Prof. Dr. Daniel König, der das Labor leitet: „Uns geht es um den Nutzen für die Gesundheit.“ Gemeinsam mit seinem Team untersucht er den Einfluss der Ernährung in ihrer Kombination mit verschiedenen Trainingsformen.
Muskelkraft erhalten: Die meisten Probanden im neuen Labor des Instituts für Sport und Sportwissenschaft sind älter als 50 Jahre. Foto: Thomas Kunz
Zusammenspiel individuell steuern
Hintergrund des Ansatzes ist der demographische Wandel, erklärt König. „Die Menschen werden immer älter, aber nicht in Gesundheit. Viele leben jahrelang in einem Zustand der Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit.“ Die Erkenntnis, dass ein gesunder Lebensstil das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Schlaganfall oder Krebs senken und zum Erhalt der Muskelfunktion im Alter beitragen kann, ist nicht neu. Doch wie lässt sich das Zusammenspiel von Ernährung und Sport individuell so steuern, dass der oder die Einzelne das optimale Ergebnis erzielt – mit dem Ziel, Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit möglichst lange zu bewahren?
Tipps beim Training: Daniel König (rechts) untersucht, wie Sport und Ernährung optimal zusammenwirken. Foto: Thomas Kunz
Wissen, worauf es ankommt
Studien im NuTraLab sollen helfen, diese Frage zu beantworten. Die meisten Probandinnen und Probanden sind älter als 50 Jahre, viele haben Übergewicht und damit ein erhöhtes Risiko für Gefäßerkrankungen bei gleichzeitig reduzierter Muskelmasse. Am Anfang einer Studie steht eine Untersuchung der Teilnehmenden. Anschließend erhalten sie einen Trainings- und Ernährungsplan, den sie in der Regel für drei Monate befolgen. Dabei werden sie in Gruppen eingeteilt: Beispielsweise ernähren sich manche fett-, andere kohlenhydratreich, oder einige führen ein Kraft- und andere ein Ausdauertraining durch. Eine Abschlussuntersuchung zeigt, ob und wie sich der Gesundheitszustand verändert hat. „Alle Probanden bekommen ihr individuelles Ergebnis und die Gesamtauswertung“, sagt König. „Sie fühlen sich im Alltag fitter und wissen danach, worauf es ankommt. Unsere Aufgabe ist es dann, die Ergebnisse der Studien in konkrete Empfehlungen für die Bevölkerung umzusetzen.“
Sportwissenschaftler überprüfen anhand von Messungen, wie sich Trainingsprogramm und Ernährungsplan auf den Gesundheitszustand der Probanden auswirken. Foto: Thomas Kunz
Training mit Manschette
Außerdem testen die Medizinerinnen, Mediziner, Sport- und Ernährungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Trainingsmethoden, die sich vor allem im Alter eignen. Aktuell läuft etwa eine Studie, bei der die Teilnehmenden eine aufgepumpte Manschette um den Muskel, der trainiert werden soll, tragen – ähnlich wie bei der Blutdruckmessung. „Das verringert den Blutfluss und verändert den Stoffwechsel, sodass jemand, der nur mit 30 Prozent seiner Maximalkraft trainiert, den gleichen Effekt erzielt wie mit den sonst üblichen 70 bis 80 Prozent“, berichtet König. „Für ältere Menschen ist das genial, weil sie mithilfe der Manschette auch mit niedriger Intensität viel erreichen können.“ Ebenso stehen einzelne Nährstoffe im Fokus: Ein Thema, mit dem sich das Team derzeit befasst, ist der Einfluss der Ernährung auf so genannte Freie Radikale – reaktionsfreudige Verbindungen, die im menschlichen Körper großen Schaden anrichten können. „Unsere Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Vitamine und so genannte sekundäre Pflanzenstoffe den Stress, den Freie Radikale erzeugen, deutlich reduzieren. Darüber hinaus kann auch der Stoffwechsel bei Übergewicht und metabolischem Syndrom positiv beeinflusst werden.“ Das metabolische Syndrom ist eine Kombination verschiedener Risikofaktoren – dazu zählen unter anderem zu viel Bauchfett, Bluthochdruck, erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte.
Passt alles? Mitglieder aus Daniel Königs Team beaufsichtigen die Probanden beim Training. Foto: Thomas Kunz
Schere öffnet sich
Studierende profitieren ebenfalls vom NuTraLab. „Wir haben viele Geräte zur Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, die sie in unserem Labor kennenlernen und ausprobieren können“, sagt König. Mit seinen Angeboten richtet er sich besonders an diejenigen, die später im Gesundheitssektor arbeiten möchten. Wichtig ist ihm, dafür zu sensibilisieren, wie viel die Menschen für die eigene Gesundheit tun können: „Der Einfluss von Ernährung und Sport ist riesig – aber leider beobachten wir, dass sich die Schere zwischen denen, die ihren Lebensstil danach ausrichten, und denen, die weniger auf sich achten, ab dem 50. Lebensjahr immer weiter öffnet.“
Nicolas Scherger