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„jung und freudlos“ auf die Ohren

Ein neuer Podcast will Studierende kurzweilig über psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depression oder Alkoholsucht informieren

Freiburg, 22.10.2018

„jung und freudlos“ auf die Ohren

Foto: Siddharth Bhogra/Unsplash

Der Titel spielt mit einem ironischen Unterton auf die psychiatrisch-psychotherapeutischen Urgesteine Carl Gustav Jung und Sigmund Freud an: Der Podcast „jung und freudlos“ ist seit Oktober 2018 zu hören. Mit den Sendungen will das Team von der Freiburger Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie unterhaltsam psychiatrische Themen vermitteln und so junge Erwachsene und vor allem Studienanfängerinnen und -anfänger erreichen. Das Angebot ist aus einem Lehrprojekt entstanden, das mit dem Instructional Development Award (IDA) der Universität Freiburg ausgezeichnet wurde. Im Aufnahmestudio hat Annette Hoffmann mit Dr. Ismene Hermann, Assistenzärztin an der Klinik für Psychiatrie, ihrem Kollegen Sebastian Kromer und dem Medizinstudenten Moritz Prox-Ambil über den Podcast gesprochen.


Der Studienanfang kann eine kritische Phase sein, in der junge Menschen zu psychischen Erkrankungen neigen können – der Podcast gibt Tipps und nennt Anlaufstellen für Betroffene. Foto: Siddharth Bhogra/Unsplash

Herr Kromer, wie kommen Sie zu Ihren Themen?

Sebastian Kromer: Wir haben uns unter Studierenden umgehört und eine Sammlung mit 40 bis 50 Themen erstellt. Dazu haben wir bislang acht Beiträge produziert. Der Podcast soll nun alle zwei Wochen veröffentlicht werden.

Im zweiten Beitrag befassen Sie sich mit Autismus, und Sie haben angekündigt, die Sendung durch ein Interview zu ergänzen.

Ismene Hermann: Unser leitender Oberarzt, Prof. Dr. Ludger Tebartz van Elst, ist ein international sehr bekannter Autismusforscher. Damit hatten wir ein Thema, bei dem es sehr viel Input gab. Für später haben wir uns vorgenommen, gezielt auf Wünsche der Zuhörerinnen und Zuhörer einzugehen.

Was sind weitere Themen von „jung und freudlos“?

Sebastian Kromer: Zum Thema Borderline-Persönlichkeitsstörung haben wir zwei Sendungen aufgenommen, es wird eine Folge zu Depression, zu Schizophrenie und zu Essstörungen geben. Zuletzt haben wir eine Folge über Alkoholabhängigkeit produziert.

Feiern gehört für die meisten jungen Menschen zur Freizeitkultur. Wo liegt die Grenze, ab der der Alkoholkonsum riskant werden kann?

Sebastian Kromer: Wir haben uns dem Thema Alkohol einerseits aus medizinischer Sicht genähert, und da gibt es klare Handreichungen. Man sollte nicht an mehr als fünf Tagen die Woche trinken. Männer sollten nicht mehr als 200 Gramm und Frauen nicht mehr als 100 Gramm Alkohol pro Woche zu sich nehmen. Die Weltgesundheitsorganisation sagt sogar, dass es ab 24 Gramm bei Männern und zwölf Gramm bei Frauen pro Tag gesundheitsschädlich werden könnte. Zwanzig Gramm Alkohol entsprechen etwa einem halben Liter Bier. Die andere Sicht aufs Thema ist die gesellschaftliche. Klar trinken viele Leute mehr und befinden sich damit im Bereich des riskanten Konsums. Wenn die Medizin Politik machen würde, würde Alkohol restriktiver gehandhabt werden.


Aufnahme läuft: Ismene Hermann, Moritz Prox-Ambil und Sebastian Kromer (von links) möchten in dem Podcast Informationen vermitteln, die sich am Alltag ihrer jungen Zuhörerschaft orientieren. Foto: Patrick Seeger

Hätten Sie selbst ein derartiges Informationsangebot in Ihrem Studium genutzt?

Ismene Hermann: Als Sebastian und ich studierten, gab es nur wenige Podcasts zu medizinischen Themen. Als ich für das Examen gelernt habe, gab es zu bestimmten Themen erste Podcasts. Die habe ich mir dann auch angehört, zum Beispiel beim Joggen. Wir machen mit „jung und freudlos“ keinen typischen Lernpodcast. Er richtet sich an alle und dient nicht der Vorbereitung auf eine Prüfung, sondern der Information und Aufklärung. Außerdem transportiert er auch unsere Begeisterung für das Fach und gibt hilfreiche Orientierung.

Wie ist der Podcast strukturiert?

Moritz Prox-Ambil: Der Aufbau ist mit Lehrbüchern vergleichbar. Wir nennen Eckdaten wie Häufigkeit und Symptome einer Erkrankung und arbeiten uns zur Diagnostik und der Therapie vor. Im letzten Abschnitt überlegen wir, was für unsere Zielgruppe wichtig ist und geben Informationen, die sich am Alltag und dem Erleben junger Erwachsener orientieren.

Warum sind psychische Erkrankungen für eine jüngere Hörerschaft von Belang?

Ismene Hermann: Der Studienanfang kann eine kritische Phase sein, weil in dieser Zeit viele von Zuhause ausziehen und sich das ganze Umfeld verändert. Dann können psychische Probleme neu auftauchen. Oft sind sie aber anfangs nur schwer zu fassen. Viele wissen in dieser Situation nicht, wo sie Hilfe bekommen können. Wir möchten Betroffene sensibilisieren, aber auch das persönliche Umfeld, die Studienkollegen und Freunde. Und Hinweise geben, wohin man sich wenden kann.

Senkt ein solcher Podcast Berührungsängste gegenüber der Psychiatrie?

Moritz Prox-Ambil: Podcasts sind ein zeitgemäßes Medium, um Leute anzusprechen. Es gibt viele Gelegenheiten, sie anzuhören. Die Art, wie wir über diese Themen sprechen, ist nah an den Hörerinnen und Hörern, sozusagen auf Augenhöhe. Es wird deutlich, dass psychische Erkrankungen häufig sind, jeden treffen und gut behandelt werden können. Wir hoffen, damit auch einen Beitrag zur Entstigmatisierung leisten zu können.

Wo findet man den Podcast jung und freudlos?

Sebastian Kromer: Man kann den Podcast über Spotify und iTunes oder über unsere Website hören.

Moritz Prox-Ambil: Außerdem sind wir bei Facebook und Twitter zu finden. Auf der Podcastseite der Universität sind wir noch nicht vertreten, das ist aber vorgesehen.

 

„jung und freudlos“ anhören

Artikel über das Entstehen der Podcasts in der Zeitung uni’leben