Ein Tag für alle
Freiburg, 28.05.2019
Am 28. Mai 2019 findet der bundesweite Diversity-Tag statt. Dr. Aniela Knoblich von der Stabsstelle Gender and Diversity der Universität Freiburg hat mit Patrick Siegert über den Aktionstag, Vielfalt und deren Bedeutung für die Albert-Ludwigs-Universität gesprochen.
Quelle: Jakub Krechowicz/stock.adobe.com
Frau Knoblich, was hat es mit dem Diversity-Tag auf sich?
Aniela Knoblich: Der deutsche Diversity-Tag wird seit 2013 von der Charta der Vielfalt ausgerufen. Diese Initiative befasst sich mit Vielfalt in Wirtschaftsunternehmen und Organisationen. Die Universität Freiburg hat diese Charta 2010 unterschrieben und sich zu dem Thema Gleichstellung und Vielfalt bekannt. Der Diversity-Tag soll Vielfalt bundesweit in den Blickpunkt rücken. An der Universität Freiburg feiern wir bereits den achten „Tag der Vielfalt“, welcher allerdings am 8. November 2019 stattfindet. Bei der Veranstaltung steht jeweils eins von sechs Vielfaltsthemen im Vordergrund: Alter, Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung sowie Behinderung. In diesem Jahr geht es um das Thema Geschlecht.
Warum ist in diesem Jahr das Thema Geschlecht besonders wichtig?
Das neue Personenstandsgesetz macht die uralte Geschlechterfrage neu auf, indem es feststellt: Es gibt nicht nur zwei Geschlechter, sondern mindestens noch ein drittes. Diese Tatsache muss sich in allen Strukturen und Prozessen der Universität abbilden. Was das genau bedeutet, gilt es nun Schritt für Schritt zu erarbeiten. Wir werden das Thema beim Tag der Vielfalt behandeln und die Frage aufbringen: Wie gehen wir mit Geschlechtervielfalt um und damit, dass unsere Vorstellung von zwei Geschlechtern hinterfragt werden muss?
Welche Rolle spielt Gender and Diversity an der Universität Freiburg?
Die Universität Freiburg ist mit ihren insgesamt 40.000 Studierenden und Mitarbeitenden so groß wie eine Kleinstadt. Diese Menschen sind sehr verschieden, doch durch den Bezug zur Universität miteinander verbunden. Ihre Vielfalt ist nicht immer sichtbar, trotzdem ergeben sich dadurch Themen, die konflikthaft, aber auch bereichernd sind. Gibt es keinen Platz für einen Diskurs, dann kommen diese Themen nicht oder an unerwarteten Stellen zum Vorschein. Man muss den nötigen Raum schaffen, um zu merken, mit welchen Themen und Bedürfnissen es umzugehen gilt. Das nennt man Diversity Management.
Aniela Knoblich leitet die Stabsstelle Gender and Diversity der Universität Freiburg. Foto: Brian Barnhart
Welche Projekte hat Ihre Stabsstelle 2019 geplant?
Zunächst laden wir alle Mitglieder der Universität herzlich dazu ein, sich am Tag der Vielfalt zu beteiligen und mit uns über Aktionen nachzudenken. Als Stabsstelle arbeiten wir langfristig an der Frage, wie wir Gender and Diversity nachhaltig an der Universität thematisieren können. Dazu gehört ein Projekt mit dem Titel „Diversity in der Lehre“: Ein online verfügbarer Werkzeugkasten bietet Lehrenden Ideen, Übungen und kleine Einheiten an, die sie für diversitäts-sensible Lehre einsetzen können. Seit diesem Jahr arbeiten wir zusammen mit den Gender Studies an dem Projekt „Forum Transferwissen Gender and Diversity“. Mithilfe dieses Werkzeugkastens sollen Inhalte der Diversity-Forschung in die Praxis von Forschung, Lehre und Diversity Management übertragen werden.
Welche Chancen ergeben sich in Gleichstellungs- und Vielfaltsfragen an der Universität Freiburg?
Die Universität Freiburg hat ihren Antrag in der Förderlinie „Exzellenzuniversitäten“ unter dem Motto „Connecting Creative Minds“ eingereicht. Das Motto entspricht genau dem Grundgedanken von Diversity: Verschiedenste Menschen verbinden sich und ihre Ideen miteinander, um Produktives, Konstruktives und Innovatives zu schaffen. Die Chance von Gleichstellung und Vielfalt liegt darin, die Universität noch besser zu machen. Hier können sich Menschen weiterentwickeln, ihre Potenziale nutzen, gemeinsam lernen und forschen. Das funktioniert nur in einer wertschätzenden und offenen Atmosphäre. Gleichstellung und Vielfalt zählen daher zu den grundlegenden Elementen einer guten Studien- und Arbeitskultur an der Universität.
Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Noch immer haben Menschen mit verschiedenen Behinderungen Schwierigkeiten, an bestimmten Angeboten teilzunehmen. Das beginnt damit, dass viele Räume nicht barrierefrei erreichbar sind. Außerdem gibt es auch an der Universität Freiburg Fälle von Diskriminierung. Diesen müssen wir entschieden begegnen, gerade in einer Zeit, in der Pluralität, Offenheit und Internationalisierung gesamtgesellschaftlich infrage gestellt werden – doch für uns als Institution sind sie unabdingbar. Die größte Herausforderung der Stabsstelle besteht darin, Gender und Diversity als Themen an der Universität bekannter zu machen, sie in alle Bereiche zu tragen und ihre Effekte aufzuzeigen. Die Verantwortung für Diversity Management liegt nicht bei einzelnen Personen, es ist vielmehr eine Aufgabe für alle Bereiche der Universität.