„Das Gen der Woche“ erhält Sonderpreis
Freiburg, 28.02.2020
Ob von Krisenmanagern, Wächtern oder Lernhelfern: Theresa Schredelseker berichtet in ihrem Blog anschaulich über Gene und deren Funktionsweisen. Im Wettbewerb „Wissenschafts-Blogs des Jahres 2019“ erhielt die Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Biologie I der Universität Freiburg dafür den Sonderpreis der Redaktion. Mathias Heybrock hat sie gefragt, was sie zum Schreiben motiviert und wen sie mit ihren Beiträgen erreichen will.
„Eine Einheit, die vererbt wird und die eine bestimmte Eigenschaft hervorbringt“ – so lautet eine hundert Jahre alte Definition des Gens. Foto: Jezper – stock.adobe.com
Frau Schredelseker, was genau ist eigentlich ein Gen? Kann man das in zwei, drei Sätzen erklären?
Theresa Schredelseker: Im Prinzip kann man auf die hundert Jahre alte Definition des dänischen Biologen Wilhelm Johannsen zurückgreifen: Das Gen ist eine Einheit, die vererbt wird und die eine bestimmte Eigenschaft hervorbringt. Auch wenn – oder gerade weil – man damals noch keine Ahnung hatte, aus welchem Material die Gene sind, ist da noch immer viel dran. Heute gehen wir halt ein bisschen tiefer. Wir haben entdeckt, dass Gene Abschnitte auf der DNA sind, die als Vorlage für den Bau von Proteinen oder biologisch aktiven RNA-Molekülen dienen.
Verstehen Sie sich selbst als Genetikerin?
Ich habe Biologie studiert und meinen Master in molekularer Medizin gemacht. Aus diesem Bereich stammt jetzt auch meine Promotionsarbeit, die ich gerade in den Druck gebe. Ich arbeite hier aber an der Professur für Entwicklungsbiologie, genauer gesagt in der Embryologie – und dieser Fachbereich ist sehr eng mit der Genetik verknüpft. Ich würde mich also schon auch als Genetikerin bezeichnen.
Seit 2016 betreiben Sie Ihren Blog „Das Gen der Woche“. Warum?
Ich finde das Thema einfach super spannend. Und es hat mir schon immer Spaß gemacht, diese Faszination anderen zu vermitteln. Ich habe auch das Feedback bekommen, dass mir diese Vermittlung ganz gut gelingt. Da dachte ich, warum nicht auch in Form eines Blogs?
Wann haben Sie erfahren, dass Ihr Blog einen Preis für hervorragende Wissenschaftskommunikation bekommen hat?
Ich war gerade auf einer Konferenz und wurde kurz vor der nächsten Veranstaltung von einer Frau angesprochen, die mir zu dem Preis gratulierte. Ich wusste von gar nichts, hatte mich mit dem Blog auch nicht um den Preis beworben. Ich habe gesagt, „Hä, das musst du mir nach der Veranstaltung noch mal genauer erklären“ – und mich natürlich riesig gefreut.
Anschaulich und verständlich schreiben: Theresa Schredelseker will den Lesern ihres Blogs die Faszination der Gene vermitteln. Foto: Klaus Polkowski
Wieviel Zeit investieren Sie in den Blog?
Ursprünglich wollte ich wöchentlich ein neues Gen vorstellen. Aber auf die Dauer war das einfach zu zeitaufwändig. Ein neuer Eintrag kann mich den Sonntag durchaus kosten. Ich lese einige Sachen selbst nach, binde Grafiken oder Videos ein. Netto sind das bestimmt so sechs, sieben Arbeitsstunden.
Wissen Sie etwas über Ihre Leserschaft?
Meine Mutter ist es leider nicht (lacht). Die sagt: „Also, das versteht doch kein Mensch!“ Es ist wohl schon eher ein Fachpublikum. Mein Ziel ist es aber, anschaulich und verständlich zu sein.
Das klappt ja auch prima. Zum Beispiel bei einem Ihrer jüngsten Beiträge, über das Bärtierchen. Bei dem hat man ein Gen identifiziert, das es strahlungsresistent macht. Wäre diese Eigenschaft auf Menschen übertragbar? Oder ist das pure Science-Fiction?
Dieses Gen ist noch sehr wenig charakterisiert. Über den Mechanismus, wie es für Strahlungsresistenz sorgt, wissen wir noch gar nichts. Technisch wäre es aber möglich, denke ich. Die Frage ist, ob es auch gewollt ist.
Und?
Vor einiger Zeit wurde dieses mächtige Werkzeug zur Erzeugung genetisch veränderter Organismen entwickelt, CRISPR. Alle, die in unserem wissenschaftlichen Feld arbeiten, wussten sofort, was damit möglich wird. Initiiert von den USA, gab es dann ein Moratorium: die gemeinsame Übereinkunft, dieses Werkzeug zunächst mal nicht an der menschlichen Keimbahn anzuwenden. Jedenfalls nicht zum Zwecke des Enhancements, das heißt der Erweiterung und Verbesserung menschlicher Eigenschaften. Schon eher, wenn es um genetische Therapie geht, um gesundes Leben ohne Leiden. Aber auch das erst, wenn wir die Technologie noch gründlicher verstanden haben.
Wissen Sie schon, welches Gen Sie als nächstes vorstellen werden?
Ich habe eine Liste, die aber immer länger wird, weil ich mich meistens spontan entscheide, über ein Gen zu schreiben, über das gerade ein interessantes Paper veröffentlicht wurde. Oder über das hier im Labor heiß diskutiert wird. Aber jetzt liegt mir selbst auch noch eine Frage am Herzen: Haben Sie verstanden, was ein Gen ist?
Besser als jemals zuvor. Vielen Dank, Frau Schredelseker.