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Nachhaltigkeit in der Pharmazie dringend erforderlich

Prof. Dr. Müller von der Universität Freiburg warnt, dass der heutige Einsatz von Medikamenten die Bekämpfung von Krankheiten in der Zukunft gefährdet

Freiburg, 10.11.2022

Nachhaltigkeit in der Pharmazie dringend erforderlich

Foto: bukhta79/stock.adobe.com

„Wir müssen unsere Pharmazie schnell und entschieden nachhaltig machen – sonst gefährden wir die künftige Behandelbarkeit von wichtigen Krankheiten“, warnt Prof. Dr. Michael Müller, Professor für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der Universität Freiburg. Ein Beispiel hierfür sei der Umgang mit Antibiotika: „Wenn wir diese weiter so einsetzen wie bisher, machen wir das Resistenzproblem immer größer.“ Antibiotika seien dann gegen viele der künftig zunehmenden Infektionskrankheiten nicht mehr wirksam nutzbar.

Wirklich Nachhaltige Pharmazie sei „ein Zusammenspiel von pharmazeutischen, ökologischen, ökonomischen, sozialen, ethischen und kulturellen Aspekten, die sich gegenseitig bedingen“, sagt Müller So sei es zum Beispiel langfristig nicht sinnvoll möglich, die verbreitete Typ-2-Diabetes rein medikamentös zu behandeln. Hier müsse ein anderer gesellschaftlicher Umgang mit Gesundheitsbildung, Ernährung und Bewegung dazu kommen, damit die Krankheit auch für künftige Generationen und damit nachhaltig behandelbar bleibe.

Mehr als „grüne Medikamente“ nötig

Wie Schritte in diese Richtung gelingen könnten, zeige der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast: Dieser sei in den vergangenen zehn Jahren um 65 Prozent zurückgegangen. Erreicht wurde dieser Erfolg durch ein wachsendes Bewusstsein in der Bevölkerung, die verpflichtende Erfassung der verwendeten Antibiotika und den Willen der Politik, das Problem notfalls gesetzlich zu lösen, so Müller.

Nachhaltige Pharmazie dürfe sich dabei nicht auf „grüne“, also umweltfreundliche Medikamente beschränken – obwohl auch pharmazeutische Rückstände in der Umwelt ein stark unterschätztes Problem seien. Eine „grüne Pharmazie“ alleine könnte sogar falsche Anreize setzen und damit schädlich wirken: „Wir sollten Medikamente da einsetzen, wo wir sie wirklich brauchen. Erst dann können wir überlegen, wie wir sie umweltfreundlich produzieren.“

Ausbreitung von Infektionskrankheiten

Das gelte umso mehr, weil der Klimawandel künftig dafür sorgen werde, dass sich bisher regional stark beschränkte Krankheiten weiter ausbreiteten. Die Verdrängung von Wildtieren aus ihren Lebensräumen führe außerdem vermutlich dazu, dass Zoonosen, also von Tieren auf den Menschen übertragene Infektionskrankheiten wie Covid-19 zunehmen werden.

„Wenn wir Medikamente sinnvoll und nachhaltig einsetzen, retten wir Menschenleben, ohne künftige Generationen zu gefährden“, sagt Müller. „Aber dafür müssen wir jetzt schnell umsteuern, damit die Pharmazie auch zukünftig die Behandlung von Krankheiten sicherstellt.“

 



Prof. Dr. Michael Müller

Institut für Pharmazeutische Wissenschaften
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Tel.: 0761/203-6320
E-Mail: michael.mueller@pharmazie.uni-freiburg.de

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