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China muss sich neu definieren

Sinologe Daniel Leese über das Ende der chinesischen Reformpolitik und was eine Neuausrichtung Chinas für die Welt bedeutet

Freiburg, 10.12.2018

China muss sich neu definieren

Foto: anekoho/Fotolia

Im Dezember 1978 traf sich in Peking die Führungsspitze der Kommunistischen Partei um Deng Xiaoping und beschloss einen drastischen politischen und wirtschaftlichen Kurswechsel. „Willkürherrschaft und Massenkampagnen sollten der Vergangenheit angehören und stattdessen die wirtschaftliche Situation verbessert werden“, sagt Sinologe Prof. Dr. Daniel Leese von der Universität Freiburg. China habe daraufhin in den folgenden vier Jahrzehnten eine ökonomische Erfolgsgeschichte geschrieben, die trotz aller Rückschläge ihresgleichen suche.

„Diese Phase der Reformpolitik ist allerdings nun vorbei“, resümiert Leese. Der Parteivorsitzende Xi Jinping habe Ende 2017 eine neue Ära ausgerufen. Nachdem China unter Mao Zedong die nationale Autonomie wiedererlangt habe, sei das Land unter Deng Xiaoping reich geworden. Bis Mitte des Jahrhunderts solle China nun stark und mächtig werden. „Damit steht das Land vor einer Neudefinition seiner Rolle in der Welt.“ Die Machtprojektionen im Südchinesischen Meer und die Investitionsoffensive entlang der alten Seidenstraßen seien erste Kennzeichen dieser neuen Politik. Gleichzeit kehrten mit der Abschaffung konstitutioneller Amtsbeschränkungen charismatische Führungsprinzipien zurück.

Der Erfolg der 40-jährigen Reformpolitik beruhe auf einer Mischung unterschiedlicher Aspekte. „Harte Arbeit, ein stabiles politisches Umfeld, friedliche Machtwechsel und ein forcierter Wissenstransfer, der sich legaler wie illegaler Mittel bediente.“ Auch lokale, dezentral durchgeführte Experimente – die die Praxistauglichkeit politischer Maßnahmen testeten und bei Erfolg „vom Punkt in die Fläche ausgeweitet“ würden – hätten eine wichtige Rolle gespielt. Während all dieser Jahre habe sich China in die bestehenden Institutionen eingefügt und sei so zu einem maßgeblichen Garanten der weltwirtschaftlichen Ordnung geworden. Nun werde China aber zunehmend selbst zum Normensetzer in Politik und Wirtschaft. „China wird in der Politik des 21. Jahrhunderts eine zentrale Rolle spielen und es steht zu hoffen, dass wichtige Errungenschaften der Reformpolitik der vergangenen 40 Jahre nicht in Vergessenheit geraten.“

Professor Dr. Daniel Leese ist seit 2012 Professor für Sinologie an der Albert-Ludwigs-Universität. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte und Politik des modernen China.




Prof. Dr. Daniel Leese


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