Leistungstest für neuronale Schnittstellen
Freiburg, 28.10.2020
Untersuchung der Eigenschaft der durch ein Rasterelektronenmikroskop aufgenommenen Mikroelektrode (links) zur Aufnahme von elektrischen Nervenzellsignalen bei Körpertemperatur. Illustration: Maria Asplund
Wie sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Leistungsfähigkeit neuronaler Elektroden messen und definieren, wenn es keinen einheitlichen Standard gibt? Die Freiburger Mikrosystemtechnikerin Dr. Maria Asplund hat zusammen mit Dr. Christian Böhler und Prof. Dr. Thomas Stieglitz sowie Prof. Dr. Luciano Fadiga und Dr. Stefano Carli vom Italian Institute of Technology an der Universität Ferrara/Italien eine Richtlinie für standardisierte Leistungstests von Elektroden für neuronale Schnittstellen und Bioelektrische Systeme erarbeitet. Ihr Tutorial haben die Forschenden in Nature Protocols veröffentlicht.
Implantierbare neuronale Schnittstellen erweitern die Möglichkeiten für Neurowissenschaftler, das Nervensystem einschließlich des Gehirns zu untersuchen und Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten wie Epilepsie und Multiple Sklerose sowie für neurologische Störungen wie Lähmungen und Sprachverlust nach Schlaganfällen zu entwickeln. Die Elektroden spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie die physikalische Schnittstelle zwischen dem technischen System und den biologischen Zellen herstellen. Trotzdem fehlt derzeit eine allgemeine Übereinkunft darüber, wie Elektroden im Labor am besten bewertet und verglichen werden sollten und ihre Leistungsfähigkeit zur Aufnahme von elektrischen Signalen und zur Stimulation nach der Implantation am besten abgeschätzt und vorhergesagt werden kann.
In ihrem Tutorial zeigen die Forschenden die wichtigsten Leistungstests zur Charakterisierung neuronaler Schnittstellenelektroden auf, diskutieren diese kritisch und erläutern, wie sie diese interpretieren, in wissenschaftliche Vorgänge implementieren, und welche Einschränkungen bestehen.
„Ohne allgemein akzeptierte Leistungstests ist es schwierig, die vielen in der Literatur verfügbaren Vorschläge für Elektrodenmaterialien einzustufen und zu ermitteln, wo Anstrengungen konzentriert werden sollten“, erklärt Asplund. „Wir schlagen einen einheitlichen Standard vor, um eine transparente Berichterstattung über die Elektrodenleistung zu ermöglichen und einen effizienten wissenschaftlichen Prozess zu fördern. Dadurch wollen wir letztendlich die Umsetzung in die klinische Praxis beschleunigen.“
Originalpublikation
Boehler, C., Carli, S., Fadiga, L., Stieglitz, T., Asplund, M. (2020): Tutorial: guidelines for standardized performance tests for electrodes intended for neural interfaces and bioelectronics. In: Nature Protocols. DOI: 10.1038/ s41596-020-0389-2
Kontakt:
Dr. Maria Asplund
Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK)
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-67375
maria.asplund@imtek.uni-freiburg.de
Illustration zum Download
Illustration: Maria Asplund