Es werde Licht
Freiburg, 01.04.2016
Frank Stienkemeier erhält einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats, der zu den renommiertesten Auszeichnungen Europas gehört. Foto: Sandra Meyndt
Fast das gesamte Leben auf der Erde wird durch die Umwandlung des Lichts angetrieben. Die Fotosynthese bildet jedoch nicht nur in der Biologie die Grundlage zur Energieversorgung. Sie ist auch für technische Prozesse bei der Umwandlung von Sonnenenergie in der Fotovoltaik unerlässlich. Doch was geschieht mit dem Licht, wenn es in fotoaktive Materialien, also auf Licht reagierende Stoffe, gelangt? Für die Untersuchung grundlegender Prozesse nach Lichtanregung durch neue Lasertechniken und spezielle ultraschnelle Methoden erhält Frank Stienkemeier, Professor für Molekül- und Nanophysik am Physikalischen Institut der Universität Freiburg, einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Auszeichnung gehört zu den renommiertesten Preisen in Europa und ehrt etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Disziplin um wegweisende Beiträge bereichert haben. Der ERC fördert Stienkemeiers Projekt COCONIS (Coherent Multidimensional Spectroscopy of Controlled Isolated Systems) in den nächsten fünf Jahren mit 2,3 Millionen Euro. Die Erkenntnisse des Forschers könnten dazu beitragen, Systeme zu verbessern, die auf organischer Fotovoltaik basieren.
„Unser Ziel ist es, ein fundamentales Verständnis von der Umwandlung von Licht in fotoaktiven Materialien zu erlangen“, sagt der Physiker. Nachdem Licht von einem Material, zum Beispiel von einem Farbstoffmolekül aus einer organischen Solarzelle, absorbiert wird, setzt eine Kette von Prozessen ein, bei denen die eingestrahlte Energie verschiedene Zustände durchläuft, bis sie schließlich – zum Beispiel im Fall einer Solarzelle – als elektrische Energie mit getrennten Ladungen abgegriffen werden kann. Bei der Fotosynthese laufen die elementaren Prozesse auf molekularer Ebene ab und lassen sich nur mithilfe der Quantenmechanik verstehen. Dieser physikalischen Theorie zufolge besitzen Elektronen als Bausteine molekularer Strukturen nicht nur Teilchen-, sondern auch Wellencharakter.
Für das Projekt wollen Stienkemeier und seine Gruppe die so genannte kohärente Spektroskopie nutzen. Das Team hat in den vergangenen Jahren eine Methode entwickelt, die es erlaubt, kontrollierte und isolierte Atome und Moleküle bei tiefen Temperaturen zu untersuchen und die einzelnen elementaren Schritte voneinander zu trennen. Dazu werden molekulare Strukturen in supraflüssigem Helium isoliert. Bei Temperaturen nahe des absoluten Nullpunktes, der bei -273,15 Grad Celsius liegt, geht im Helium jegliche Reibung verloren – die eingelagerten Moleküle können sich frei bewegen und geben keine Energie an ihre Umgebung ab. Mithilfe von Femtosekunden-Laserpulsen (eine Femtosekunde entspricht einem Billiardstel einer Sekunde) lassen sich die zeitlichen Abläufe der Prozesse genau aufzeichnen, und das Team kann etwa analysieren, ob und wie sich der energetisch angeregte Zustand oder die Struktur der Moleküle verändert. „Durch spezielle Vielfachdotierung von Heliumtröpfchen, in denen bis zu Hunderte von Molekülen eingelagert werden, können wir zudem den Einfluss der unterschiedlichen molekularen Umgebung gezielt untersuchen“, berichtet Stienkemeier. Neben diesen Experimenten zum Verständnis von lichtangeregten Prozessen will die Gruppe neue Methoden für die Spektroskopie entwickeln; dazu gehören parallelisierte Messmethoden und spezielle Algorithmen zur Datenaufnahme.
Frank Stienkemeiers Gruppe „Molekül- und Nanophysik“:
www.nanophysics.uni-freiburg.de
Kontakt:
Prof. Dr. Frank Stienkemeier
Physikalisches Institut
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-7609
E-Mail: stienkemeier@uni-freiburg.de
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